Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.
Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Kolumne "Lust, Laster und Liebe" So riecht und schmeckt eine Vulva
Leicht süßlich, leicht salzig, und eine gewisse nussige Note – so schmecken Vulven. Trotz dieser Vielfalt dürfen sich laut Umfragen viel weniger Vulven als Penisse über orale Stimulierung freuen. Denn viele von uns Frauen schämen sich für ihren Intimbereich. Warum? Ein Erklärungsversuch.
Ihr Geschmack ist bei jeder Frau einzigartig und hängt vom Zyklus und der Ernährung ab. Doch haben Sie schon einmal probiert, wie eine Vulva schmeckt? Indem Sie Ihren Finger nach dem Masturbieren abgeleckt haben? Oder konnten Sie Ihren Geschmack wahrnehmen, als Ihr Partner Sie nach dem Oralsex geküsst hat? "Das macht man doch nicht! Das ist widerlich!", höre ich oft, wenn ich diese Fragen laut stelle.
Einige von uns schämen sich für ihre Lust
Vielen Frauen und Mädchen ist alles peinlich, was "da unten" so rauskommt. Das gilt für Gerüche und Flüssigkeiten. Dabei gibt es keinen Grund, sich für den Geschmack und Geruch der eigenen Vulva zu schämen! Vulven schmecken und riechen – das ist nun mal so.
Schaue ich mir allerdings die zahlreichen Pflegeprodukte mit Duft und Geschmack an, die meine von Natur aus gesunde Scheidenflora angeblich noch gesünder machen sollen, bekomme ich einen anderen Eindruck: Mein Intimbereich soll nach Parfümerie riechen – und bloß nicht nach FRAU. Ein Großteil der Gesellschaft und Industrie will uns Frauen mit ihren Pflegetipps, Diskussionen in Internetforen und Produkten also ernsthaft einbläuen, wir müssten uns für unseren Intimbereich schämen.
Der Geruch und die Periode waren ein Riesenthema
Das Gefühl, sich für den eigenen Intimbereich schämen zu sollen, fing bei mir sogar schon in der Kindheit an: "Ih! Du riechst da unten nach Fisch!", riefen da die Jungs ab der dritten Klasse jedem Mädchen hinterher. "Gute Nase! Aber was du da riechst, ist nicht Fisch, sondern meine aufblühende Weiblichkeit. In zehn Jahren wirst du danach lechzen." Ach, wäre ich als Kind schon so schlagfertig gewesen. Stattdessen glaubten wir Mädchen den stupiden Phrasen der Mitschüler und hielten unseren Intimbereich fortan für eine verkommene Grotte anstatt einen heiligen Tempel.
In der Pubertät wurde es sogar noch schlimmer. In meinem damaligen Freundeskreis war dann nicht nur der Geruch ein Riesenthema. Denn alles, was "da unten" rauskam, war ekelig: "Du hast deine Tage? Ih! Dann will ich keinen Sex." Also duschten wir Mädels Ewigkeiten vor dem Sex, richteten den Duschstrahl sogar in unsere Scheide, nutzten duftende Waschlotionen und parfümierte Sprays. Um uns wohl und sicher zu fühlen, versuchten wir unseren eigenen Geruch und Geschmack zu verstecken – unser typischen weiblichen Geruch, unsere Duftstoffe, Pheromone und somit unsere sexuelle Lust. Unsere ersten sexuellen Erfahrungen waren von einer riesigen Vanilla-Kiss-Deo-Wolke umnebelt. Ich fürchte, viele Teenager haben heute noch diese bescheuerten Ängste und dadurch auch übertriebene Pflegerituale.
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Seifige Säfte schrecken "Leckfans" ab
Dann trafen einige von uns heranwachsenden Frauen auf Männer, die gerne die Vulva einer Frau schmeckten – sagten sie zumindest. Also nutzten wir vor dem ersten Sex mit ihnen zusätzlich duftende Scheidenzäpfchen, damit unsere Vagina nach Vanille, Kokosnuss oder Erdbeereis roch – verlockend und appetitlich. Die Reaktionen darauf schilderten alle Freundinnen ähnlich: Die Männer verzogen nach ein paar Minuten das Gesicht und ließen von diesem ganz besonderen Vergnügen ab.
Heute weiß ich: Zwar riechen Duftwässerchen gut, wenn jedoch die Zungenspitze das parfümierte Vaginalsekret berührt, erfüllt eine fürchterliche Bitterkeit den Mund. Wer würde da schon weiternaschen wollen? Kein Wunder, wenn unsere Vulven daraufhin weniger in den Genuss von Zungenspielen durch "Leckfans" kamen.
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Es lebe das Vaginalsekret
Zum Glück sind die Zeiten vorbei. Heute weiß ich: Eine Vulva riecht und schmeckt meistens einfach nur – nach Frau. Leicht süßlich, leicht salzig, und eine gewisse nussige Note – wie Naturjoghurt oder Sesamöl. Weiblich. Lustvoll. Geil. Auch zahlreiche Männer lieben das: den Geruch, den Geschmack und wie die Frau beim Cunnilingus abgeht. Für sie ist es ein echter Anturner. Es gibt keinen Grund für Mädchen und Frauen, sich zu schämen. Sondern zahlreiche, sie zu lieben.
Jennifer Buchholz, Redakteurin bei t-online.de, schreibt in ihrer Kolumne "Lust, Laster, Liebe" über Liebe, Partnerschaft und Sex.