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Weine aus Deutschland neu entdecken

Uwe Kauss

09.03.2017Lesedauer: 4 Min.
Es muss nicht immer Riesling sein: In Deutschland wachsen spannende Rebsorten, die das Entdecken und Probieren lohnen.Vergrößern des Bildes
Es muss nicht immer Riesling sein: In Deutschland wachsen spannende Rebsorten, die das Entdecken und Probieren lohnen. (Quelle: Deutsches Weininstitut)

Deutschland ist ein traditionelles Weinbauland, in dem auf über 100.000 Hektar Rebfläche mehr als 40 Rebsorten angebaut werden. Doch weltbekannt ist nur eine geworden: Der Riesling, aus dem seit Jahrhunderten grandiose und teure Weine entstehen. Doch daneben wachsen hier Sorten mit spannendem Charakter, die Sie unbedingt probieren müssen. WANTED.DE stellt die interessantesten vor.

Wer in einem guten Restaurant einen guten deutschen Wein bestellen will und die Weinkarte studiert, findet meist stets die gleichen Rebsorten: Weißweine von Riesling, Grauburgunder und Sauvignon Blanc, dazu den renommierten, roten Pinot Noir, der hier Spätburgunder heisst sowie einige Spezialitäten wie Merlot, Cabernet Sauvignon oder Cuvées. Dabei wachsen in den deutschen Weinbergen viele charaktervolle und aromatisch ungewöhnliche Rebsorten, aus denen Winzer mit Qualitätsanspruch oft großartige Weine produzieren. Doch man muss sie finden. In den Dörfern und Städten der Anbaugebiete ist das meist leichter als in den Großstädten abseits des Weins. Und in den Weinregionen machen Winzer und Gastronomen das Entdecken und Probieren einfach.

Verwirrende Bezeichnung auf Etiketten

Die wohl bekannteste Alternative zum Riesling und zugleich auch sein deutlichster Kontrast ist der Weißburgunder. Die Rebsorte steht hier laut Zahlen des Deutschen Weininstituts auf knapp 5000 Hektar (Stand 2015). Der Weißburgunder enthält deutlich weniger Säure als Riesling, schmeckt zart nach Lindenblüten, Mandeln, Melonen, Birnen und feinem Zitrus. Doch der Name stiftet bei Weineinsteigern oft Verwirrung: Viele Winzer schreiben "Weißer Burgunder" aufs Etikett, damit es hochwertiger klingt. Und damit fangen die Probleme an: Aus dem weltbekannten Burgund in Frankreich stammen sehr teure Weißweine, die auf den Weinkarten und bei Weinhändlern als "Weiße Burgunder" gelistet sind. Doch sie bestehen nicht aus Weißburgunder - sondern aus der französischen Traditionsrebsorte Chardonnay. Also aufpassen! "Deutschland ist der größte Weißburgunder-Produzent der Welt", betont auch Ernst Büscher vom Deutschen Weininstitut (DWI) in Bodenheim, seine Rebfläche hat sich seit 2000 mehr als verdoppelt.“ Besonders interessant würden die Weine, wenn sie im kleinen Holzfass, im Barrique, ausgebaut sind. "Damit erhalten sie mehr Kraft und eine faszinierende Eleganz". Wer zum mehrgängigen Menü einen feinen leichten Weißwein suche, liege damit genau richtig: "Der lässt sich mit ganz unterschiedlichen Speisen kombinieren, das passt meistens", empfiehlt er.

"Wilde Schwester des Rieslings"

In eine aromatisch entgegen gesetzte Richtung entwickeln sich die Weine aus der Rebsorte Scheurebe, die vor allem in der Pfalz und in Rheinhessen zuhause ist. Die vor 100 Jahren vom rheinhessischen Rebzüchter Georg Julius Scheu gekreuzte Sorte gilt als die "wilde Schwester des Rieslings". Jahrzehntelang ergab sie einfache, rustikale Weine, die bis heute oft mit Restsüße ausgebaut werden. Doch seit einiger Zeit arbeiten anspruchsvolle Winzer das fein-kühle Aroma der Scheurebe neu heraus. Weine mit Johannisbeer- und Grapefruit-Aromen kommen daraus ins Glas, dazu mit Pfirsich-, Blüten-, und Rosennoten. Modern-reduzierte An- und Ausbaumethoden häuten nun die Tradition der Rebsorte. Sie eignet sich hervorragend als Alternative zu Sekt und Champagner. Gemeinsam in der Küche das Essen vorbereiten, den Grill anwerfen und die Steaks vorbereiten – dazu ist Scheurebe ebenso gut geeignet wie zum Quatschen unter Freunden, zu Fisch und Meeresfrüchten oder flaschenweise zur Party. "Der Wein ist leicht, schmeckt exotisch und lässt sich unkompliziert trinken. Aber er hat einen Charakter, der polarisiert. Man mag Scheurebe – oder eben nicht", sagt Ernst Büscher.

Womanizer unter den Weinen

Für den Abend zu zweit eignet sich Muskateller ganz ausgezeichnet – er ist der Womanizer unter den deutschen Weinen. Trocken ausgebaut, duftet und schmeckt er wunderbar nach Rosen und Blüten – und das passt perfekt zum Blumenstrauß in der anderen Hand. Frauen mögen ihn. "Muskateller gehört zu den ältesten Rebsorten der Welt, es gibt über 200 Spielarten", weiß Weinbauexperte Büscher. Der Wein verfügt zudem über eine sehr feine Säure, die den Wein niemals pappig schmecken lasse, erklärt er. Er passt zum tiefen Blick in die Augen, zu leichten Gerichten, zur indischen Küche und zu sehr vielen Käsesorten. Doch er hat laut Ernst Büscher einen Nachteil: "Muskateller ist schwer zu kriegen." Die Rebsorte wächst in Deutschland nur auf 1414 Hektar (2015). Denn die mittel bis spät reifende Rebe ist anfällig für Krankheiten, Fäulnis und Milben. Auch ihr Ertrag kann stark schwanken. Im Ausland sieht die Sache aus: Aus Muskateller entsteht in Ungarn der weltbekannte Tokajer, in Frankreich der berühmte Süßwein "Rivesaltes", in Spanien gehört er zum Sherry und zum Malaga.

Immer mehr Rotweine aus Deutschland

Viele Jahrzehnte galt Deutschland nicht als Rotweinland. Doch seit einigen Jahren ändert sich das. Der schlanke Spätburgunder – sein französischer Name lautet Pinot noir – hat durch die immer milderen Temperaturen und das hohe Niveau der Weingüter einen weltweit anerkannten Ruf erlangt. Weine über 100 Euro pro Flasche sind inzwischen nicht selten. Doch wer es lieber etwas wuchtiger mag und mediterrane Aromen bevorzugt, liegt mit Lemberger genau richtig. Hauptsächlich wird die Sorte derzeit in Württemberg angebaut, doch laut Ernst Büscher entdecken nun auch Güter anderer Regionen immer mehr seine Qualität. Auch Büscher schwärmt von der Dichte, dem pfeffrigen Aroma nach Kräutern, Wacholder und Lorbeeren mit kraftvollen Gerbstoffen. "Das ist ein Wein zum Reinbeißen, er steckt höhere Alkoholwerte problemlos weg, wenn er im Barrique ausgebaut wird." Ein echter Männerwein eben, der in besten Qualitäten locker 20 Jahre im Keller reifen kann.

Ebenfalls einen ganz eigenen Charakter prägt der Portugieser aus. Doch der Name trügt: Die Sorte stammt ursprünglich aus Slowenien, wurde in Österreich heimisch und kam 1840 nach Deutschland. Derzeit steht er auf knapp 3300 Hektar, das ist ein Drittel weniger als 1995. Denn die Sorte ist ebenfalls recht anfällig für Krankheiten. Winzer mit Qualitätsanspruch pflegen uralte Rebstöcke, reduzieren deutlich den Ertrag und bauen den Rotwein im Holzfass aus. Dann erbringt er eine beachtliche Qualität mit Kraft, weichen Gerbstoffen und feiner Würze, sein Ausdruck und Tiefgang sorgt für Oha-Erlebnisse. Er ist etwas schlanker als Lemberger und hat an Aromen einiges zu bieten: Rote und schwarze Johannisbeere, Brombeeren, mitunter auch Sauerkirsche. Junge Portugieser-Weine sind unkompliziert und werden meist angekühlt serviert. Das verstärkt ihren frischen Charakter, der eine angenehm-lebendige Säure mitbringt. So ist er auch für Partys bestens geeignet. Schön, wenn noch eine Flasche da ist.

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