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"37 Grad"-Reportage über alte Väter: "Mit dem Kinderwagen sparen Sie sich den Rollator"


"37 Grad"-Reportage über alte Väter
"Mit dem Kinderwagen sparen Sie sich den Rollator"

16.06.2015Lesedauer: 5 Min.
"37 Grad"-Reportage über alte Väter: Günter (80) füttert seine einjährige Tochter Pauline.Vergrößern des Bildes
Nicht Opa und Enkelin, sondern Vater und Tochter: Günter (80) füttert die einjährige Pauline. (Quelle: ZDF/Marcel Lepel)
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Die gemeinsame Zeit ist kurz, aber umso intensiver. So erleben Männer, die im Opa-Alter nochmals Väter wurden, ihr neues Familienglück. Im Film "Der könnte doch dein Opa sein" aus der ZDF-Reihe "37 Grad" porträtierte Meike Materne drei späte Väter im Alter zwischen 86 und 80 Jahren. Alle drei müssen im reifen Alter den Rollentausch vom Verdiener zum Versorger meistern.

Günter H. Bonn ist mit 79 Jahren noch einmal Vater geworden. Seine Frau Elena ist 34 Jahre jünger als er. Die beiden erfüllen jedoch nicht das Klischee "alter Mann sucht spätes Glück mit junger Frau", sondern sie sind schon seit über 20 Jahren ein Paar. Und so lange hat es gedauert, bis der Kinderwunsch doch noch in Erfüllung ging - beim letzten Versuch einer Kinderwunschbehandlung.

Wenn die eigene Tante noch ein Baby ist

Günter hat bereits zwei Söhne aus seiner ersten Ehe. Die sehr späte zweite Vaterschaft hat kuriose Auswirkungen auf die Familienkonstellation: Zwischen Pauline und ihrem Halbbruder André liegen 50 Jahre Altersunterschied. Günter hat einen Enkel, der viel älter ist als seine Tochter. Das bedeutet gleichzeitig, dass die einjährige Pauline die Tante eines fast erwachsenen Neffen ist.

Das Gute daran: Nach anfänglichen Irritationen hat sich das Verhältnis zwischen Vater und Sohn verbessert. Wenn sich der 51-Jährige an seine Kindheit zurückerinnert, war der Vater "eine graue Eminenz im Hintergrund." Streng und unnahbar, häufig beruflich außer Haus - ein typischer Vertreter der traditionellen Rollenverteilung. Bei Günters Umgang mit der kleinen Halbschwester Pauline erlebt André jetzt eine ganz andere Vaterfigur.

Im hohen Alter dreht sich sein Alltag voll und ganz um ein kleines Kind. Weil Elena inzwischen wieder arbeiten geht, muss Günter die einjährige Pauline alleine versorgen. Brei kochen, füttern, Windeln wechseln - damit habe er sich erst zurechtfinden müssen, räumt er ein. Die Belohnung ist eine späte, aber bereichernde Erkenntnis: "Es ist so schön zu erleben, wie man dem eigenen Kind helfen und ihm Wärme geben kann", strahlt der 80-Jährige. Rückblickend bedauert er, dass seine beiden Söhne nicht so viel väterliche Zuwendung bekamen.

"Vielleicht noch ein paar Jahre, vielleicht nur noch Monate"

Zwar gibt es in Deutschland immer mehr späte Väter, doch dass ein 80-Jähriger sein eigenes Baby spazieren fährt, ist immer noch ungewöhnlich. Getroffen hat Günter dieser Kommentar während eines Café-Besuchs: "Sie schlagen zwei Fliegen mit einer Klappe: Sie schieben als Großvater den Kinderwagen und sparen sich den Rollator."

Wehmütig wird Günter auch beim Gedanken an die Zukunft. "Jüngere Eltern haben das Glück, das Ganze zu erleben." Er setzt darauf, dass Elena eine starke Frau ist, die das Leben mit Pauline eines Tages auch ohne ihn meistern wird. Der Blick des Paares auf die biologische Uhr ist sehr realistisch, auch wenn Günter für sein Alter außergewöhnlich fit ist. "Vielleicht haben wir noch ein paar Jahre, vielleicht aber auch nur ein paar Monate." Die Vorsorgeformalitäten für Pauline und Elena sind bereits geregelt.

Zweites Familienglück trotz Sterilisation und Krebs

Die gesundheitlichen Grenzen spürt der jüngste der drei portraitierten Väter, Günter aus Berlin, bereits mit 68 Jahren. Er hat eine schwere Krebserkrankung überstanden, und bei sportlichen Aktivitäten mit seinen sechs und neun Jahre alten Söhnen rebelliert sein Körper schon mal gegen all das, was er noch leisten soll. Dennoch empfindet er die späte Vaterschaft als Glück und Bereicherung.

Dabei schien es fast unmöglich, dass er überhaupt noch einmal Kinder bekommen würde. Der Grundschullehrer war geschieden und hatte einen Sohn aus erster Ehe, als er sich in die 22 Jahre jüngere Referendarin Kathrin verliebte. Deren Kinderwunsch stand entgegen, dass Günter sich Jahre zuvor hatte sterilisieren lassen. Das Paar versuchte es mit einer künstlichen Befruchtung und hatte Erfolg. "Es kann sein, dass ich ihn sonst verlassen hätte", sagt Kathrin.

Als sie gerade mit dem zweiten Sohn schwanger war - sie hatte sich eine weitere befruchtete Eizelle einsetzen lassen - wurde bei Günter Krebs diagnostiziert. Trotz kritischer Kommentare aus dem Bekanntenkreis stellte das Paar die zweite Schwangerschaft nicht in Frage.

Auch dieser Mann musste sich in seiner zweiten Partnerschaft an eine neue Rolle gewöhnen. Er ist jetzt Vollzeitvater und Hausmann, seine Frau Vollzeitverdienerin.

Ein Wermutstropfen im neuen Familienglück ist, dass darüber der Kontakt zu seinem Sohn aus erster Ehe abgerissen ist. Günter hat noch nie sein Enkelkind gesehen.

"Ich werde nicht so lange einen Vater haben"

Und wie ist es für ein Kind, wenn der Vater vom Alter her schon fast der Opa sein könnte? Das schildert die Reportage aus der Perspektive der 21-jährigen Marie, deren Vater Heribert bei ihrer Geburt 55 Jahre alt war. Erst spät sei ihr aufgefallen, dass ihr Vater älter ist als die durchschnittlichen Väter. "Als er in Rente ging, hatte er plötzlich mehr Zeit für mich, als alle anderen Väter zusammen." Damals war Marie zehn Jahre alt. Weil der Vater ihre Kindheit und Jugend intensiv miterlebte, hat sich eine innige Bindung zwischen Vater und Tochter entwickelt.

Die junge Frau ist sich der Schattenseite bewusst: "Der Nachteil ist, dass ich nicht so lange einen Vater haben werde." Heribert ist inzwischen 76. Maries größter Wunsch ist, dass er auch noch seine Enkelkinder erleben kann. Für sie heißt das, so früh wie möglich eine eigene Familie zu gründen. Heribert selbst sieht das gelassener.

Lange war Heribert, der mit 30 Jahren zum ersten Mal Vater wurde, "radikal dagegen, weitere Kinder in diese Welt zu setzen." Es war die Zeit des Wettrüstens im Kalten Krieg und der Atomkatastrophe von Tschernobyl. Der Spruch eines Freundes bewirkte bei Heribert ein Umdenken: "Was kommt, wird gewickelt".

Seine zweite Frau Hilde und Marie krempelten Heriberts Leben um. Der Kameramann schraubte Ehrgeiz und Karriere zurück und stellte die Familie in den Mittelpunkt. Marie hat davon sehr profitiert, während Heriberts erste Tochter den Vater fast nur in den Ferien sah.

Umkehr der traditionellen Rollenmuster

Alle drei Beispiele zeigen, wie stark sich Lebensprinzipien und eingefahrene Rollenmuster ändern können, wenn eine neue, deutlich jüngere Partnerin mit Kinderwunsch ins Leben tritt. "Das Modell liegt im Trend", heißt es in der Reportage. Die Gründe: demografischer Wandel, hohe Scheidungsraten und die moderne Medizin. Allerdings bleibt das Modell trotz vertauschter Rollen konservativ: Ein Partner verdient das Geld und der andere bleibt den ganzen Tag beim Kind.

Ein Aspekt kam in dem Beitrag nicht zur Sprache: Was bedeutet es für die Familien, wenn der betagte Vater zum Pflegefall wird, während das Kind noch klein ist? Dann müssen die Mütter die Verantwortung für Pflege, Kinderbetreuung und Geldverdienen alleine stemmen.

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