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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Deutscher über Extremtourismus "Das ganze Umfeld rät mir ab, sowas zu machen"
Arthur Loibl mag Abenteuer, er tauchte mit der "Titan" zum Wrack der "Titanic". Doch das Unglück des U-Boots hat ihn verändert.
"Das ganze Umfeld rät mir davon ab, so was zu machen", meint Arthur Loibl und schmunzelt dabei. Er sei aber eben ein Sturkopf. Höher, schneller, weiter reize ihn, gesteht er im Interview mit t-online.
Er reiste zum Nord- und Südpol, flog eine russische MiG-29 und raste mit über 200 Kilometern pro Stunde über das Meer. Und er besuchte mit dem Tauchboot "Titan" das Wrack der "Titanic". Beim letzten Tauchgang im Juni war das U-Boot implodiert, alle Insassen starben.
Loibls nächster Plan: mit einem Raumschiff von Virgin Galactic ins All reisen. Er hat bereits ein Ticket gekauft. Das Weltraumtourismus-Unternehmen hatte in dieser Woche erstmals zahlende Passagiere in den Weltraum geschickt. An diesen Formen des Extremtourismus hatte es zuletzt viel Kritik gegeben.
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Arthur Loibl war selbst schon bei einem Tauchgang zur Titanic dabei, auch für einen Flug mit dem Raumschiff von Virgin Galactic hat er sich schon ein Ticket gesichert. Doch das Tauchboot-Unglück habe ihn verändert, erzählt er im t-online-Interview
Am Donnerstag schickte Virgin Galactic erstmals zahlende Passagiere mit einem Raumschiff ins All. Das Unternehmen von Richard Branson will zukünftig immer mehr kommerzielle Flüge anbieten. Der niederbayerische Unternehmer besitzt eins der rund 800 verkauften Tickets – und will sich damit einen Lebenstraum erfüllen:
Arthur Loibl: "Einmal die Kugel von oben sehen, Mutter Erde sehen, vielleicht das Blau sehen und auf der anderen Seite das Unendliche, das Schwarze. Also ich glaube, und ich bin mir sicher, dieses Interesse ist größer, wie bei der Titanic."
Das Weltraumtourismus-Programm von Virgin Galactic hatte sich mehrfach verzögert. Grund war auch ein Unfall im Jahr 2014, bei dem ein Pilot ums Leben kam.
Trotzdem hält Loibl den Flug ins All für weitaus weniger gefährlich als den Tauchgang zur Titanic.
Arthur Loibl: "Es ist ein ganz anderes Niveau. Ist nicht zu vergleichen."
Arthur Loibl: "Es liegt mit Sicherheit an den Behörden, es liegt mit Sicherheit am Unternehmer, es liegt an der ganzen Kette, die da mitarbeiten."
Bis Loibl abheben kann, wird es aber wohl noch einige Jahre dauern.
Arthur Loibl: "Ich bin momentan so ungefähr der 500. der starten wird. Vielleicht hört der eine oder andere freiwillig auf oder will nicht. Oder vielleicht kommen ein paar Plätze nach vorne. Aber wenn bis dahin nichts passiert, dann glaube ich, fühle ich mich da sehr sicher. Wenn natürlich einer runterfällt, dann ist auch diese Sache gestorben."
Das Tauchboot-Unglück habe ihn zum Nachdenken gebracht, gesteht Loibl ein. Zwei der Personen, die in der "Titan" ums Leben kamen, kannte der Straubinger persönlich.
Arthur Loibl: "Ich habe zwei Personen gekannt, den PH [Paul-Henri Nargeolet] und den Rush. Und der Rush, also der CEO von Ocean Gate, wir haben erst am Samstag noch rege per E-Mail geschrieben. Und dann steigt der ins U-Boot rein, den letzten Tauchgang, wie er beschrieben hat und da passiert das. Das geht einem schon sehr nahe."
Loibl ist sich bewusst, dass er bei diesen Aktionen ein Risiko eingeht.
Arthur Loibl: "Man muss ein bisschen verrückt sein, um solche Sachen zu machen. Und es wächst. Du fängst an, mit dem Zug durch Europa fahren als 16-jähriger, dann mit 20 Jahren eine Wüstentour durch die Sahara, total unvorbereitet."
Arthur Loibl: "Dann geht's auch langsam ins Extreme. Ob das jetzt eine MiG-29 fliegen wollen in Russland oder mit dem Speedboot mit 210 km/h übers Wasser, Südpol, dann Nordpol."
Arthur Loibl: "Man will immer mehr, will immer höher, immer weiter, wie es so schön heißt. Aber jetzt ist der Punkt gekommen, wo ich sage: Ich habe so viel Glück gehabt, dort lebendig wieder rauszukommen. Sollte der Raumflug noch funktionieren. Aber jetzt auch mit zunehmenden Alter, auch ich werde jetzt ruhiger. Also glaubt mir zwar keiner, aber es ist so."
Angst habe er bei keiner seiner waghalsigen Vorhaben empfunden, so Loibl. Anspannung aber habe er gespürt – zu Recht.
Arthur Loibl: "Man muss schon ein bisschen Respekt haben vor den Sachen, die man macht."
In seinem persönlichen Umfeld sei die Sorge da durchaus größer.
Arthur Loibl: "Das ganze Umfeld rät mir ab, sowas zu machen. Alle waren dagegen, ob das damals schon war mit der MiG zu fliegen oder Südpol, Nordpol. Wie gesagt, man muss ein bisschen verrückt sein. Man muss sich auch durchsetzen. Augen zu und durch."
Nach dem Tauchboot-Unglück gab es in der Öffentlichkeit vermehrt Kritik an dieser Art von Extremtourismus. Die hat auch der Unternehmer zu spüren bekommen.
Arthur Loibl: "Kritik ist immer angebracht. Kritik braucht man, um zu leben, um zu wachsen, um erfolgreich zu werden. Gesunde Kritik empfinde ich auch als gut, nehme ich auch an. Beschimpfungen, weil man sein Geld rauswirft, so etwas kann ich gar nicht haben. Jeder ist für sein eigenes Leben verantwortlich. Die einen hatten mehr Glück, haben mehr gearbeitet, andere hatten weniger Glück."
Beim Virgin-Galactic-Flug hat sich der Ticketkauf im Voraus für Loibl auf jeden Fall gelohnt.
Arthur Loibl: "Ich habe 250.000 Dollar bezahlt, bei einem guten Wechselkurs, also ich war unter 200.000 Euro. Und heute kostet Ticket 400.000, umgerechnet 380.000. Also wenn ich das verkaufe, könne ich sogar noch ein Geschäft draus machen."
Was Arthur Loibl zu dieser Kritik sagt, wie das "Titan"-Unglück ihn verändert hat und warum er trotzdem weiterhin ins All fliegen will, erfahren Sie im Video direkt hier oder oben.
- Interview mit Arthur Loibl vom 29.06.2023