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Krieg der Kräuterliköre: Jägermeister streitet sich mit russischem Plagiat


Gegenseitige Klagen
Jägermeister nimmt russischen Nachahmer auf die Hörner

Von t-online, trf, jnm

Aktualisiert am 01.07.2023Lesedauer: 3 Min.
Jägermeister-Flasche: Der deutsche Kräuterlikör bekommt Konkurrenz in Russland.Vergrößern des Bildes
"Jägermeister": Die grünen Flaschen mit dem Hirschkopf auf dem Etikett sind unverkennbar. (Quelle: IMAGO/xdarksoul72x)
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Jägermeister ist einer der beliebtesten Bitterliköre der Welt. Seit dem Lieferstopp nach Russland versucht sich dort ein Nachahmer breitzumachen.

Die Mast Jägermeister SE ist offenbar seit Monaten in einen erbitterten juristischen Streit mit der russischen Brennerei "Kaluga Distillery Kristall" (KLVZ) verwickelt – beide Unternehmen verlangen voneinander Schadensersatz.

Hintergrund ist offenbar ein Machtkampf um den russischen Markt, der nach dem Lieferstopp von "Jägermeister" entbrannt war. Der Kräuterlikör-Hersteller aus dem niedersächsischen Wolfenbüttel hatte, wie viele andere Firmen auch, in Folge des Angriffskriegs den Export seiner Produkte nach Russland eingestellt.

Damit drohte der auch in Russland beliebte Bitterlikör Jägermeister dort aus den Regalen zu verschwinden, sobald die Restbestände abverkauft wären. Die Brennerei KLVZ nutzte offenbar die neu entstandene Marktlücke und stellte im Herbst 2022 zwei neue Bitterliköre unter den Marken Alter Heiler und König Heiler vor.

Brennerei startete mit Jägermeister-Killer

Das Unternehmen machte bei der Vorstellung der neuen Liköre keinen Hehl daraus, wer der Hauptwettbewerber sei: Mit "Kristall aus Kaluga bringt 'Jägermeister-Killer' auf den Markt" ist eine Pressemitteilung von KLVZ zum Verkaufsstart überschrieben. Die Kräuterliköre seien in der Lage, "den deutschen Marktführer Jägermeister zu verdrängen". 2023 werde man die eigenen Spirituosen im Umfang des vorherigen Jägermeister-Marktanteils produzieren, heißt es darin weiter. Außerdem seien die Kosten für die russischen Kräuterliköre "zweieinhalbmal niedriger" als die für Jägermeister.

Die Ähnlichkeit des russischen Bitterlikörs zum deutschen Original ist frappierend: Laut KLVZ soll der "Alter Heiler"-Likör aus 52 Kräutern und Gewürzen bestehen, darunter Safran, Kardamom und Lavendel. Diese und viele weitere zählen auch zu den 56 Kräutern, aus denen Jägermeister bestehen soll.

Aber da hören die Gemeinsamkeiten zum deutschen Produkt nicht auf. Die Flasche von Alter Heiler sieht der klassischen Jägermeister-Flasche zum Verwechseln ähnlich. Das dunkelgrüne Glas, die grüne Umrandung des Etiketts und die schwarze Schrift auf orangenem Hintergrund finden sich auf beiden Flaschen.

Laut einem russischen Medienbericht soll daraufhin die Mast Jägermeister SE im Dezember russische Groß- und Einzelhändler aufgefordert haben, den Verkauf der Produkte von KLVZ einzustellen.

Das rief offenbar die russische Antimonopolbehörde auf den Plan, die laut Bericht aber nicht das russische Unternehmen KLVZ, sondern Mast Jägermeister verwarnte. So habe das deutsche Unternehmen die KLVZ-Produkte gegenüber den Händlern als "Fälschung" bezeichnet. Das sei so aber gar nicht festgestellt worden.

Laut der russischen Nachrichtenagentur Interfax reichte KLVZ außerdem Beschwerde bei derselben Behörde ein und beklagte, dass eine ausländische Gruppe Druck auf Hersteller und Einzelhändler ausübe, um KLVZ zu verbieten, seinen eigenen Bitterlikör in Russland herzustellen.

Unternehmen überziehen sich gegenseitig mit Schadensersatzklage

Die nächste Eskalationsstufe erreichte der Streit vor wenigen Wochen, als Mast Jägermeister SE dann zwei Klagen gegen die Brennerei und verschiedene Einzelhandelsketten beim Schiedsgericht vorlegte und dabei insgesamt Schadensersatz in Höhe von 500 Millionen Rubel (5,3 Millionen Euro) forderte, wie Interfax berichtete. Die Pressestelle des deutschen Likörherstellers bestätigte das t-online. Das Verfahren soll im Juli vor Gericht verhandelt werden.

Die russische Brennerei KLVZ reagierte mit einer Gegenklage: Auch sie fordert 500 Millionen Rubel, damit solle der entgangene Gewinn kompensiert werden – schließlich schade der deutsche Hersteller mit seinem Vorgehen den Erwerbschancen der russischen Brennerei.

Auch das bestätigte die Pressestelle von Jägermeister t-online. Damit wirft die KLVZ dem deutschen Hersteller vor, ihre Erwerbschancen zu schädigen, und verlangt Schadensersatz. Die Klage wurde jedoch abgewiesen.

Auch Parallelimporte sollen verboten werden

Doch obwohl Mast Jägermeister seinen Kräuterlikör längst nicht mehr nach Russland exportiert, gelangt dieser über Parallelimporte durch dritte Importeure weiterhin ins Land. Wie Interfax berichtet, versucht KLVZ, auch das zu verhindern. In einem Brief an die Regierung bat das Unternehmen, den Parallelimport zu verhindern.

"Mit ihrem Vorgehen schadet Mast Jägermeister SE nicht nur unserem Unternehmen materiell und rufschädigend, sondern verhindert auch die Sättigung des russischen Marktes mit einheimischen Waren, die Senkung der Einzelhandelspreise und die Schaffung neuer Arbeitsplätze in russischen Regionen", zitiert Interfax aus dem Brief.

Ob der russische Kräuterlikör – mittlerweile soll das Etikett dem deutschen Vorbild auch weniger ähneln – bald regulär in Russland erhältlich ist, bleibt vorerst also offen. Es ist übrigens nicht der einzige Markenrechtsstreit, den sich KLVZ derzeit mit westlichen Firmen liefert.

Auch mit einer weiteren großen Marke befindet sich die russische Brennerei in einem Rechtsstreit. Laut der russischen Tageszeitung "Wedomosti" reichte die KLVZ im April eine Klage gegen Disney ein.

Sie soll eine vorzeitige Beendigung des rechtlichen Schutzes der Marken "Pirates of the Caribbean" und "Pirates of the Caribbean: Dead Man's Chest" wegen deren Nichtbenutzung verlangt haben. Deren Rechtsschutz ende im Juni 2023.

Die KLVZ plane wohl die Produktion von alkoholischen Getränken unter dem Namen "Pirates of the Carribean". Eine Voruntersuchung der Forderungen soll im August dieses Jahres stattfinden.

Verwendete Quellen
  • Pressestelle "Jägermeister"
  • Pressestelle "KLVZ"
  • interfax.ru
  • vedomosti.ru
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