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Klimakrise: Wie Superreiche allen schaden


Sie heizen die Krise an
Der Schaden ist immens

MeinungEine Kolumne von Sara Schurmann

24.01.2025 - 12:41 UhrLesedauer: 5 Min.
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Elon Musk (Archivbild): Der Amerikaner ist mit einem Vermögen von rund 434 Milliarden US-Dollar (und 413,8 Milliarden Euro) der reichste Mensch der Welt. (Quelle: Matt Rourke/AP/dpa)
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Vermögende werden immer reicher, ihr Einfluss größer, doch genauso wächst der Schaden, den sie der Welt zufügen: nicht nur durch politische Einflussnahme, sondern auch durch ihre Lebensweise.

Taylor Swift rangierte auf Platz eins. Der kanadische Rapper Drake lag knapp hinter der Pop- und Countrysängerin. Bei der Rangliste, die aus dem Jahr 2022 stammte, handelte es sich nicht um verkaufte Platten, sondern um die klimaschädlichen CO2-Emissionen, die Stars durch Privatflüge innerhalb von sieben Monaten erzeugt hatten: Swift produzierte in dieser Zeit 2.971 Tonnen CO2, Drake 2.904.

Dass Superreiche die Klimakrise entscheidend vorantreiben, ist zwar hinlänglich bekannt. Auch ich habe hier schon darüber geschrieben. Doch wie gegen die Klimakrise an sich wird auch dagegen zu wenig getan.

Superreiche fordern Steuerabgaben für Superreiche

Bekannt ist auch der Spruch "Tax the Rich", "Besteuert die Reichen", den etwa die demokratische US-Abgeordnete Alexandria Ocasio-Cortez 2021 für die berühmte Met Gala in New York auf ihr Abendkleid drucken ließ. Der Forderung haben sich mittlerweile auch etliche Superreiche selbst angeschlossen.

Sara Schurmann
(Quelle: Reinaldo Coddou H.)

Zur Person

Die Lage ist extrem ernst, aber nicht hoffnungslos. Nach diesem Motto erklärt die freie Journalistin Sara Schurmann die großen Zusammenhänge und kleinen Details der Klimakrise, sodass jede und jeder sie verstehen kann.
Etwa in ihrem Buch "Klartext Klima!" – und jetzt in ihrer Kolumne bei t-online. Für ihre Arbeit wurde sie 2022 vom "Medium Magazin" zur Wissenschaftsjournalistin des Jahres gewählt.

Diese Woche wandten sich 370 Millionärinnen und Milliardäre aus der ganzen Welt anlässlich des Weltwirtschaftsforums in Davos an die Staats- und Regierungschefs und forderten höhere Steuerabgaben für Superreiche. Extremer Reichtum könne politischen Einfluss kaufen und bedrohe so die Demokratie, heißt es in dem offenen Brief, der von der Nichtregierungsorganisation Oxfam veröffentlicht wurde. Eine Warnung, die mehr als berechtigt scheint angesichts des Einflusses von Elon Musk in der Regierung von Donald Trump und des Kuschens der Tech-Milliardäre schon vor Beginn seiner zweiten Amtszeit.

Offener Brief: "Schlimmste Ungleichheit seit hundert Jahren"

In dem offenen Brief der 370 Superreichen heißt es zudem, die bisherige Politik habe zu der "schlimmsten Ungleichheit seit hundert Jahren" geführt. Unterzeichnet haben ihn auch die wohl bekanntesten Vertreterinnen von "Tax me now", einer Initiative für Steuergerechtigkeit im deutschsprachigen Raum, und "Patriotic Millionaires", die in den USA und Großbritannien aktiv sind: die österreichische Aktivistin und Millionenerbin Marlene Engelhorn und die US-Filmproduzentin Abigail Disney.

Gemeinsam haben die beiden Initiativen unter anderem eine Umfrage in den G20-Ländern initiiert, deren Ergebnisse im vergangenen Jahr veröffentlicht wurden. Demnach unterstützen die Forderungen noch mehr Superreiche als diejenigen, die mit ihrem Namen nach außen treten. Fast drei Viertel der befragten Millionäre befürwortet wohl höhere Steuern auf Reichtum, über die Hälfte hält extremen Reichtum für eine "Bedrohung der Demokratie".

Zahl hungernder Menschen steigt

Beim Weltwirtschaftsforum in Davos trafen diese Woche rund 900 Konzernlenker und -lenkerinnen auf 60 Staats- und Regierungschefs und Vertreterinnen der Zivilgesellschaft. Seit mehr als 50 Jahren kommen traditionell am Anfang jeden Jahres Politik- und Wirtschaftsspitzen zusammen. Oxfam, ein Verbund von Hilfs- und Entwicklungsorganisationen, nimmt das seit 2015 zum Anlass, jedes Jahr im Januar auf den Stand der globalen Ungleichheit zu schauen. Das Ergebnis in diesem Jahr: Das Vermögen der Superreichen wächst immer schneller, gleichzeitig kommt die Bekämpfung von Armut nicht voran.

Dem Bericht zufolge gibt es weltweit inzwischen 2.769 Milliardärinnen und Milliardäre – 2024 kamen 204 neu dazu. Doch der Reichtum in der Welt ist ungleich verteilt. Die Zahl der Menschen, die unter der erweiterten Armutsgrenze der Weltbank leben, stagniert Oxfam zufolge, die Zahl hungernder Menschen steigt sogar.

Gleichzeitig verursachen Superreiche ungleich mehr Emissionen, unter deren Folgen der ärmere Teil der Bevölkerung stärker leidet. 2019 waren die reichsten zehn Prozent der Weltbevölkerung für rund die Hälfte der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich. Den Zusammenhang hatte Oxfam in den vorangegangenen Jahren in seinen Ungleichheitsberichten genauer untersucht und unter anderem 2023 veröffentlicht. Der Konsum des reichsten Prozents verursachte demnach 16 Prozent der weltweiten Emissionen im Jahr 2019. Und damit mehr als doppelt so viel wie der Konsum der ärmeren Hälfte der Weltbevölkerung, und sogar mehr als der Straßenverkehr der gesamten Welt.

Auch deutsche Milliardäre für hohe CO2-Emissionen verantwortlich

Die Zahl der Stürme und Hochwasser, Hitzewellen, Dürren und Brände steigt. Und diejenigen, die weniger Geld haben, können Schäden schwerer ausgleichen. Sei es, weil sie nach Extremwettern ihr Eigenheim reparieren oder ersetzen müssen, weil die Lebensmittel- oder Trinkwasserpreise steigen oder die Wohnräume etwa mit Klimaanlagen an die gestiegenen Temperaturen angepasst werden müssen.

Auch in Deutschland ist der Zusammenhang zwischen Vermögen und Emissionen laut Oxfam sichtbar: Die reichsten zehn Prozent der Deutschen waren demnach 2019 für 28 Prozent der deutschen CO2-Emissionen durch Konsum verantwortlich, das reichste Prozent für acht Prozent. Durchschnittlich stößt das reichste Prozent in Deutschland pro Kopf 83,3 Tonnen CO2 im Jahr aus. Das ist mehr als fünfzehnmal so viel wie jemand aus der ärmeren Hälfte der deutschen Bevölkerung. Weltweit stammen Oxfam zufolge 36 Prozent des Gesamtvermögens von Milliardärinnen und Milliardären aus Erbschaften. In Deutschland sind es demnach sogar 71 Prozent. Zugleich zahlen Superreiche in Deutschland – und global – oft weniger Steuern und Abgaben als Familien der Mittelschicht.

Eine Milliardärssteuer ist daher ein Vorschlag, wie man der ungleichen Verteilung etwas entgegensetzen könnte. Zusammen mit vier weiteren internationalen Ministerinnen und Ministern hatte eine solche 2024 unter anderem die Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Svenja Schulze (SPD), gefordert. Sie und ihre Amtskollegen wiesen darauf hin, dass sich die Einkommenslücke zwischen den reichsten zehn Prozent der Bevölkerung und den ärmsten 50 Prozent fast verdoppelt hat. "Es ist an der Zeit, dass die internationale Gemeinschaft mit dem Kampf gegen Ungleichheit Ernst macht. Die Steuerpolitik ist dabei eines der wirkungsvollsten Instrumente, um mehr Gleichheit zu fördern", hieß es im gemeinsamen Statement.

Verlässliche Steuersysteme

Das G20-Mitglied Brasilien hatte zuvor zum ersten Mal einen Vorschlag für eine globale Mindestbesteuerung von Milliardären eingebracht. Die Steuer könnte als Mindestabgabe in Höhe von zwei Prozent auf das Vermögen von Superreichen erhoben werden. Entscheidend sei dafür eine internationale Zusammenarbeit, damit Milliardäre ihr Vermögen nicht in Länder mit niedrigen Steuersätzen verschieben können, um sich der Besteuerung zu entziehen.

Die Steuer würde demnach nicht für Milliardäre gelten, die bereits einen angemessenen Beitrag über die Einkommensteuer zahlen. Alle anderen wären so verpflichtet, mehr zum Gemeinwohl beizutragen, argumentieren die Ministerinnen und Minister. Es sei wichtig, dass die Steuersysteme der Länder verlässlich sind und ausreichend Einnahmen für öffentliche Leistungen wie Gesundheit, Umwelt und Infrastruktur garantieren – und alle Bürgerinnen und Bürger gleich behandeln. Am Ende würden davon alle profitieren, auch die Superreichen: "Schätzungen zufolge könnte solch eine Steuer zusätzliche 250 Milliarden US-Dollar jährlich an Einnahmen weltweit erbringen. Das entspricht in etwa der Höhe an wirtschaftlichem Schaden, den Extremwetterereignisse im vergangenen Jahr verursacht haben."

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Klimawandel bedroht die Weltwirtschaft

Es gibt gute Gründe, warum noch mehr Superreiche ein Eigeninteresse an einer gerechteren Verteilung von Vermögen haben sollten: Anlässlich des Weltwirtschaftsforums wurden zwei neue Studien veröffentlicht, die noch einmal hervorheben, dass der menschengemachte Klimawandel eine große Bedrohung für die Weltwirtschaft ist.

Der Global Risk Report des Weltwirtschaftsforums hatte schon in der Vergangenheit immer wieder die Gefahren durch die Erderhitzung betont, auch in diesem Jahr sind Extremwetterereignisse weit vorn mit dabei. Der menschengemachte Klimawandel und seine Folgen könnten in Zukunft die Hälfte der globalen Wirtschaftsleistung vernichten, warnte nun ein Report des britischen Institute and Faculty of Actuaries und der University of Exeter. Die Weltwirtschaft könnte zwischen 2070 und 2090 um die Hälfte schrumpfen, "wenn nicht unverzüglich politische Maßnahmen zur Bewältigung der durch die Klimakrise verursachten Risiken ergriffen werden". Der Bericht soll Führungspersonen helfen, die Risiken der Klimakrise leichter einzuschätzen und bessere Entscheidungen zu treffen.

Wenn sich an den aktuellen Verhältnissen nichts ändert, könnte das den Vermögen vieler Superreicher mittelfristig viel massiver schaden als eine Abgabe von wenigen Prozent.

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