Die subjektive Sicht zweier Autoren auf ein Thema. Niemand muss diese Meinungen übernehmen, aber sie können zum Nachdenken anregen.
Geschenke statt nur Schokoeier? Das ist der Weg in die Hölle

Geschenke zu Ostern – die Frage stellt sich jedes Jahr, und jedes Jahr ein wenig mehr. Wird Ostern zum zweiten Weihnachten – und muss das sein?
Spielzeug, bunte Überraschungseier in Familiengröße, Osternester mit Büchern oder Parfüm für Erwachsene – was früher eine schlichte Eiersuche war, wird zunehmend zur Geschenkorgie. Vor allem der Einzelhandel nutzt das Fest der Auferstehung, um mit Rabattaktionen, Werbespots und dekorativen Großdisplays neue Kaufimpulse zu setzen. Viele Eltern berichten mittlerweile, sie würden zu Ostern fast genauso viel ausgeben wie zu Weihnachten.
Psychologen sehen dahinter einen Trend: In einer immer unübersichtlicheren Welt würden Rituale und Konsum Orientierung geben – selbst wenn traditionelle Bedeutungen dabei in den Hintergrund treten. Die Kirchen warnen dagegen vor der Banalisierung christlicher Feiertage, Pädagogen fürchten eine kommerzielle Überdehnung. Daher stellt sich die Frage:
Soll der Osterhase auch Geschenke bringen?

Geschenke zu Ostern? Na klar!
Hier kommt ein Satz, der derzeit oft zu hören ist: "Ich kenne das aber so, dass es an Ostern Schokolade und Ostereier gibt und sonst nichts." Bodenständigkeit, Kampf gegen den Konsumwahn und das Hochhalten der Traditionsfahne soll damit dokumentiert werden. Die Guten schenken nur kleine, bescheidene Süßigkeiten.
Aber vielleicht steckt hinter dem Festhalten an dieser schlichten Geschenkkultur auch nur Bequemlichkeit, Einfallslosigkeit und langweilige Routine, die möglichst nicht gestört werden soll.
Denn für das Schenken von Präsenten abseits vom Hasen mit der Bimmel am Hals spricht einiges: Wer ein "richtiges" Geschenk verschenkt, muss sich definitiv mehr Gedanken über die Vorlieben der Empfänger machen. Also mehr Liebe und mehr Wertschätzung investieren.
Und wer auf dieser eher emotionalen Ebene nicht abgeholt werden möchte, für den gibt es auch rationale Gründe: Im vergangenen Jahr wurden in Deutschland allein 240 Millionen Osterhasen verkauft. Mehr als 34 Kilogramm Zucker verbraucht jede Person in Deutschland durchschnittlich im Jahr. Ostern trägt erheblich dazu bei. Wer keine Süßigkeiten verschenkt, leistet daher einen Beitrag für die Gesundheit der Beschenkten. Sechs bis sieben Millionen Menschen in Deutschland leiden unter Diabetes Typ 2. Oft entstanden durch zu viel Zucker. Der Verzicht auf Zucker vor allem in den ersten Lebensjahren senkt das Risiko für Diabetes und Bluthochdruck nachweislich um 35 beziehungsweise 20 Prozent.
Und nachhaltiger sind viele Geschenke ohne Zucker und Schokolade oft auch noch. Das Nugat-Ei ist schnell vernascht und vergessen, ein Kinogutschein, ein gemeinsamer Ausflug oder ein Miniapfelbaum für den Balkon wirken da länger nach.
Sicher ist Tradition wichtig und dazu gehört auch Süßes an Ostern. Aber wer von den dogmatischen Schokoschenkern und Traditionshochhaltern bastelt denn parallel noch im Hobbykeller liebevolle Kleinigkeiten oder bemalt noch Ostereier im Kreise seiner Lieben selbst? Alles ebenfalls alte Traditionen.
Also: Schluss mit dem Ruf nach der guten alten Osterzeit, stattdessen: auf in die neue – im Sinne eines wahrhaft frohen Osterfestes.

Danke, aber: nein danke!
Der Weg zur Hölle ist gepflastert mit guten Absichten. Klar, so ein Ostergeschenk macht Kinder glücklich. Sie sind beschäftigt – weil sie es suchen müssen. Und man kann es zur Not auf dem Weg zum Eiersuchen bei Oma an der Tanke besorgen. Soll man aber nicht. Schon klar.
Andererseits: Geschenke für alle? Muss das sein? Was war denn verkehrt an Schoko-Eiern? Reicht es nicht, dass viele vor Weihnachten im Fegefeuer der Kaufhaus-Erlebniswelten sündhaft teuren Tand erstehen oder ihn entnervt scrollend auf Amazon erwerben, um armlange Wunschzettel abzuarbeiten? Wer kennt es nicht: das erleichterte und erschöpfte Aufatmen am 27. Dezember, wenn der Präsente-Druck endlich wie Dampf aus einem Schnellkochtopf entwichen ist?
Warum also damit auch noch Ostern verderben? Ostern ist entspannt: Man versteckt ein paar Eier, verbringt Zeit mit der Familie, streitet dabei weniger als unter dem Christbaum und keiner muss etwas vorbereiten. Das ist gemütlich, und sogar das Wetter ist besser an Weihnachten. Warum also diese flauschige Frühlings-Oase genau so aufladen wie Heiligabend? Ostern ist doch prima, wie es ist. Man sagt doch nicht umsonst: "Wenn's nicht kaputt ist, dann repariere es auch nicht"?
Und, Eltern wissen es: Geschenke führen schnell zur Hoffnung auf: mehr Geschenke. Wer seinem Sohn jetzt eine neue Actionfigur neben den Ostereiern versteckt, der hat ratzfatz kurz vor Pfingsten den großäugigen Herzenswunsch nach dem Zubehör auf dem Tisch. Erwartungsmanagement ist wichtig. Sonst fragt man sich irgendwann: Was schenkt man eigentlich zu Christi Himmelfahrt?
Soll doch der dicke Weihnachtsmann Spielekonsolen und Lego-Sets schleppen, bis die Bandscheibe knirscht. Aber bitte nicht der kleine Osterhase! Der hat nicht mal Rentiere. Ostergeschenke? Danke, aber: nein danke.
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- Eigene Überlegungen
- evangelisch.de: Was es statt großer Geschenke zu Ostern geben sollte
- WeltTV: Ein Ei reicht zu Ostern nicht mehr
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