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Heizen: Explodieren die Kosten unter Friedrich Merz?


Ohne Plan wird es für Verbraucher teuer
Heizkosten drohen zu explodieren

MeinungEine Kolumne von Sara Schurmann

21.02.2025 - 15:08 UhrLesedauer: 4 Min.
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Die Heizung läuft: Ohne Heizkostengesetz könnte es teuer werden. (Quelle: IMAGO/Rolf Poss/imago)
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CDU und FDP planen, das Heizungsgesetz abzuschaffen. Können sie machen, findet unsere Kolumnistin – aber nur, wenn sie einen eigenen Plan haben, um Emissionen zu senken und Bürgern nicht immense Kosten aufzubürden.

Bei der Bundestagswahl am Sonntag wird nicht nur entschieden, wer künftig Kanzler wird, sondern auch, wie Ihre Heizkostenrechnung in Zukunft ausfällt. CDU und FDP versprechen in ihren Wahlprogrammen, das sogenannte Heizungsgesetz abzuschaffen, Klimaschutz im Gebäudebereich soll vor allem über den CO2-Preis geregelt werden. Das könnte für viele Wählerinnen und Wähler aber ziemlich teuer werden.

Die Treibhausgas-Emissionen der Gebäude müssen drastisch sinken – zu lange wurde in dem Bereich nichts gemacht. Das verschärfte Klimaschutzgesetz vom Mai 2021 sieht vor, dass 2030 in dem Bereich nur noch 67 Millionen Tonnen ausgestoßen werden dürfen. (Zum Vergleich: 2023 waren es noch 103 Millionen Tonnen.)

Um die selbst gesteckten Ziele zu erreichen, hat die Ampelregierung das Gebäudeenergiegesetz – vulgo Heizungsgesetz – verabschiedet. Die Vorgabe: Heizungen, die ohnehin ausgetauscht werden, dürfen kaum oder kein CO2 mehr ausstoßen. So sollen die Emissionen jährlich um 13,3 Millionen Tonnen reduziert werden. Ohne das Heizungsgesetz würden den Prognosen zufolge 2030 weiterhin 75 Millionen Tonnen jährlich ausgestoßen – also mehr als vorgesehen.

Der Preis allein soll es regeln

Das Heizungsgesetz einfach nur abzuschaffen, ist meiner Meinung nach daher ein populistischer Vorstoß. Sicher gibt es unterschiedliche Wege, das Ziel – keine neuen Öl- und Gasheizungen einzubauen – zu erreichen. CDU und FDP legen aber keine konkreten Vorschläge vor, wie die Emissionen, die beim Heizen entstehen, stattdessen schnell und sozialverträglich gesenkt werden sollen.

Sie wollen die Vorgaben abschaffen, der CO2-Preis allein soll es regeln. Der CO2-Preis ist ein Instrument, das Anreize zum Sparen von CO2 liefert: Denn auf jede Tonne CO2 wird ein Preis erhoben, wodurch sich der Verbrauch fossiler Energie verteuert. Das soll es finanziell attraktiv machen, auf erneuerbare Energien und Heizungssysteme umzusteigen. Damit das aber tatsächlich der Fall ist, müssten die Kosten für den Betrieb fossiler Heizungen mittelfristig deutlich über denen für die Anschaffung von emissionsarmen Alternativen liegen.

Die Lenkungswirkung ist gering

Eine Untersuchung von Öko-Institut und Paritätischem Gesamtverband zeigt nun: Um die gleiche Wirkung wie das Heizungsgesetz zu erreichen, wäre ein CO2-Preis von 524 Euro pro Tonne notwendig. (Zum Vergleich: Aktuell liegt der staatlich festgelegte CO2-Preis in Deutschland bei 55 Euro.) Der Gaspreis würde sich durch einen so hohen CO2-Preis fast verdoppeln. Die deutschen und europäischen Klimaziele für Gebäude allein über Marktlösungen einhalten zu wollen, würde Heizen mit fossilen Brennstoffen somit zum Luxus machen.

Hinzu kommt: Ab 2027 hätte die Bundesregierung gar keinen Einfluss mehr auf die Höhe des CO2-Preises. Denn ab diesem Datum wird der Preis für Gebäude und Verkehr EU-weit marktwirtschaftlich über den Handel von Emissionszertifikaten gebildet. Aktuell rechnen Experten mit einem Marktpreis von 200 bis 300 Euro. Den Berechnungen von Öko-Institut und Paritätischem Gesamtverband zufolge wäre die Lenkungswirkung mit diesem Preis aber zu gering. Denn angesichts dessen, wie teuer und aufwendig es ist, eine Heizung zu tauschen, müsste der Preis, wie von ihnen berechnet, deutlich höher liegen.

2.660 Euro mehr für eine vierköpfige Familie

Aber angenommen, der Preis ließe sich auf 524 Euro pro Tonne CO2 steigern: Was würde dieser Lösungsansatz von CDU und FDP für Verbraucher bedeuten?

Sara Schurmann
(Quelle: Reinaldo Coddou H.)

Zur Person

Die Lage ist extrem ernst, aber nicht hoffnungslos. Nach diesem Motto erklärt die freie Journalistin Sara Schurmann die großen Zusammenhänge und kleinen Details der Klimakrise, sodass jede und jeder sie verstehen kann.
Etwa in ihrem Buch "Klartext Klima!" – und jetzt in ihrer Kolumne bei t-online. Für ihre Arbeit wurde sie 2022 vom Medium Magazin zur Wissenschaftsjournalistin des Jahres gewählt.

Der durchschnittliche deutsche Haushalt mit Eigenheim muss aktuell rund 1.500 Euro im Jahr fürs Heizen bezahlen. Steigt der CO2-Preis auf 524 Euro pro Tonne, kämen zusätzliche Kosten von 1.330 Euro im Jahr zustande – zumindest für die Haushalte, die Gas benutzen. Eine vierköpfige Familie, die aktuell 3.000 Euro jährlich ausgibt, müsste dann 2.660 Euro zusätzlich stemmen. Da die CO2-Kosten bei Mietenden von den Vermietern mitgetragen werden müssen, würde eine Erhöhung Mieter weniger stark treffen, aber auch sie hätten höhere Heizkosten zu tragen.

Fällt das Gesetz, fällt die Förderung

Das Heizungsgesetz setzt gezielt bei denjenigen an, die ohnehin überlegen, eine neue Heizung einzubauen. Sie können sich den Einbau einer klimafreundlichen Heizung mit bis zu 70 Prozent bezuschussen lassen.

Sollte die Union nun das Gesetz abschaffen, würde auch die Förderung wegfallen. Kein Wunder, dass kurz vor der Bundestagswahl die Anzahl der Förderanträge für Wärmepumpen in die Höhe geschnellt ist. Im Dezember 2024 und Januar 2025 haben deutlich mehr Menschen Anträge eingereicht als im restlichen Jahr 2024.

Wenn Klimaschutz ernsthaft über den Marktpreis geregelt werden soll, braucht es auch ein ernsthaftes und schnell umsetzbares Konzept für einen sozialen Ausgleich. Zwar spricht die FDP davon, eine einheitliche "Klimadividende" pro Person auszahlen zu wollen, die CDU will einen "Klimabonus" einführen. Doch die Konzepte bleiben vage, viel mehr Informationen gibt es bisher nicht.

Das weiß auch Friedrich Merz

Was genau sich eigentlich ändern soll, das versuchte die Moderatorin Sandra Maischberger in ihrer Talksendung schon im Dezember aus CDU-Chef Friedrich Merz herauszubekommen. Die Antworten waren schwammig: Seine Partei wolle vor allem die Übergangsfristen verlängern und Bürger sollten selbst entscheiden, was sie in ihrem Keller einbauen. Dennoch werde es konkrete Grenzwerte für Emissionen geben und im Endeffekt ein "Aus für Öl- und Gasheizungen". Der zeitliche Rahmen werde durch die EU bestimmt.

Das zeigte: Auch Friedrich Merz weiß, dass die Emissionen schnell gesenkt werden müssen, und dass es deswegen kaum Spielraum bei den Fristen und auch nicht bei den Grenzwerten gibt. Das Heizungsgesetz abzuschaffen und Technologieoffenheit zu versprechen, soll Augenhöhe signalisieren, ein Ende des bevormundenden Nanny-Staats. In Wahrheit gaukelt es Wählerinnen und Wählern etwas vor.

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