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Expertin erklärt: Darum fallen Aufräumen und Ordnunghalten so schwer


Expertin erklärt
Darum fällt Aufräumen so schwer

Warum fällt es Ihnen so schwer, überflüssige Dinge auszusortieren? Warum haben Sie so viel angehäuft? Was blockiert Sie beim Ausmisten und was verhindert das Loslassen? Die Ordnungsexpertin Gunda Borgeest stellt fünf Grundtypen zur Selbstanalyse vor.

Aktualisiert am 10.01.2023|Lesedauer: 4 Min.
Gunda Borgeest
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Aussortieren hat mit Loslassen zu tun – ein psychologischer Prozess, der schmerzhaft sein und Angst machen kann. Oberflächliche Ordnungstipps greifen da oft zu kurz, denn Loslassen ist ein sehr individueller Prozess.

Aufräumen: Nicht jedem fällt es leicht, auszumisten und Ordnung zu halten. Das kann verschiedene Gründe haben.Vergrößern des Bildes
Aufräumen: Nicht jedem fällt es leicht, auszumisten und Ordnung zu halten. Das kann verschiedene Gründe haben. (Quelle: pcruciatti/getty-images-bilder)

Ich stelle Ihnen hier fünf Typologien zur Selbstanalyse vor. Mit welchen Aussagen fühlen Sie sich am besten beschrieben? Vielleicht sind es auch Aspekte und Anteile aus mehreren Typen. Wichtig ist, dass Sie sich mit Ihrer Haltung und Ihren Erfahrungen zum Thema Ordnung auseinandersetzen, um Blockaden zu überwinden und bei Ihrem Ordnungsprojekt nachhaltig erfolgreich zu sein.

Der Horter

Das Problem: Er unterscheidet sich vom Sammler, weil er nicht (mehr) sammelt, sondern anhäuft. Er will Dinge haben, obwohl er sie nicht braucht. Diese Anhäufung – oft verstärkt durch unkontrolliertes Shoppen und der Jagd nach Schnäppchen – überfordert den Horter. Er findet sich nicht mehr zurecht in seinem Chaos, schämt sich dafür, möchte etwas ändern, weiß aber nicht wie. Horten entsteht sehr oft aus einem Mangelgefühl. Das muss nicht unbedingt ein in der Kindheit oder Jugend erfahrener materieller Mangel sein. Es kann auch ein Zuwenig an Aufmerksamkeit, Liebe und Gesehenwerden dahinter stehen.

Die Lösung: Im ersten Schritt sollten Horter den erlebten Mangel akzeptieren und sich dann einen Kaufstopp verordnen. Machen Sie sich klar, dass das nächste Schnäppchen Ihre Wohnung zwar voller, Sie aber nicht glücklicher machen wird. Verabreden Sie sich lieber mit Freunden zu einem Spaziergang im Park, statt allein shoppen zu gehen oder im Internet nach Angeboten zu suchen.

Der Aufschieber

Das Problem: Er hat Probleme, Prioritäten zu setzen und es fällt ihm schwer, mit einem größeren Vorhaben zu beginnen. Er ist ein Meister der Ausreden vor sich selbst und vor anderen ("Ich muss erst noch …"). Immer gibt es scheinbar Wichtigeres und außerdem glaubt er, keine Zeit zu haben und klagt über zu viel Arbeit. Oder er wartet auf den richtigen Zeitpunkt (der nie kommt) oder denkt ständig "Das schaffe ich ohnehin nicht." Das Aufschieben bindet viel Energie, der Aufschieber gerät zunehmend unter Druck und dieser Stress blockiert ihn zusätzlich. Oft steht hinter diesem Verhalten die Angst vor dem Scheitern.

Die Lösung: Machen Sie sich im ersten Schritt klar, dass der richtige Zeitpunkt nicht von selbst kommt. Er wird dann da sein, wenn Sie ihn dazu machen. Sollten Sie sich bei dem Gedanken ertappen "Das schaffe ich ohnehin nicht!", halten Sie einen Moment inne und denken Sie ganz bewusst: "Ich schaffe das!" Teilen Sie Ihr Aufräumprojekt in überschaubare Etappenziele und fangen Sie an.

Der Perfektionist

Das Problem: Entweder perfekt oder gar nicht – das ist das Mantra des Perfektionisten. Da kann das Aufräumen der Besteckschublade daran scheitern, dass der perfekte Einsatz nicht zu finden ist. Akribische Detailversessenheit kennzeichnet den Perfektionisten genauso wie ein übergroßer Anspruch an sich selbst. Ansprüche an die eigene Arbeit zu relativieren, fällt ihm schwer und der "innere Kritiker" macht es in vielen Fällen schwer, sich über Erreichtes zu freuen. Der Perfektionist verhindert mit dieser "Strategie" – quasi unbewusst – zu scheitern, denn er hat Angst, Fehler zu machen und fürchtet sich vor Ablehnung.

Die Lösung: Versuchen Sie zu ergründen, woher Ihre Ansprüche und Glaubenssätze stammen und machen Sie sich klar: So, wie Sie andere Menschen mit ihren Unzulänglichkeiten mögen, dürfen Sie sich auch selbst annehmen. Verbieten Sie Ihrem "inneren Kritiker" bewusst den Mund und versuchen Sie, Aufgaben nicht "perfekt", sondern so gut wie möglich zu erledigen. Schauen Sie mehr auf das Erreichte und weniger auf das, was noch vor Ihnen liegt.

Der Leidgeprüfte

Das Problem: Sein Leben ist durch eine schwere Krankheit, eine schmerzhafte Trennung, den Verlust des Arbeitsplatzes oder den Tod eines nahen Menschen erschüttert worden. Trauer, Verzweiflung und Überforderung bestimmen sein Lebensgefühl und führen dazu, dass weder die innere noch die äußere Ordnung aufrechterhalten werden kann. Die schreckliche Verlusterfahrung verhindert oder erschwert das Loslassen von den Dingen, selbst das Aussortieren und Weggeben von Alltagsgegenständen fällt ihm sehr schwer, denn er hat Angst, es hinterher zu bereuen oder beispielsweise einen "Verrat" am Verstorbenen zu begehen.

Die Lösung: Versuchen Sie sich klar zu machen, dass Erinnerungen nicht in Gegenständen stecken, sondern dass Sie sie in sich tragen. Wenn Sie sich zum Beispiel von Alltagsgegenständen eines Verstorbenen lösen, werfen Sie sie nicht weg, sondern verschenken oder spenden Sie sie, damit sie "weiterleben" und anderen Freude machen können. Holen Sie sich Unterstützung von Freunden, Familienangehörigen oder von einem Therapeuten.

Quelle: Constanze Wild

Gunda Borgeest arbeitet seit sechs Jahren als Ordnungscoach. Sie hilft Menschen dabei, ihre Wohnungen und oft auch ihr Leben aufzuräumen. Ihr Credo: Ordnung ist etwas sehr Individuelles. Ihr Buch "Ordnung nebenbei: Aussortieren, aufräumen, aufatmen“ (Stiftung Warentest) gibt hilfreiche Tipps, um endlich mit dem eigenen Aufräumprojekt zu beginnen, dran zu bleiben und die gewonnene Übersicht und Ordnung dann dauerhaft aufrechterhalten zu können. (Foto: Konstanze Wild).

Der Kreative

Das Problem: Er glaubt, dass Ordnung kreative Prozesse verhindert und will sich keiner Aufräumdoktrin unterordnen. Er glaubt, sein "kreatives Chaos" zu brauchen, leidet aber gleichzeitig unter der Unordnung, findet seine Materialien nicht und kann sich bei der Vielzahl der ihn umgebenden Dinge nicht recht auf seinen Schaffensprozess konzentrieren. Er träumt beispielsweise von einem übersichtlichen Arbeitszimmer oder Atelier, weigert sich aber innerlich, den Aufräumprozess zu beginnen und hält Ordnung für spießig. Als Kind hat er oft den Satz gehört "Räum Dein Zimmer auf!" und möchte sich heute auch deshalb auf keinen Fall mehr einer Autorität unterordnen.

Die Lösung: Machen Sie sich klar, dass Sie nicht mehr für andere aufräumen, sondern für sich selbst! Diese Ordnung kommt Ihrer Kreativität zugute. Lassen Sie sich Ihre schöpferische Kraft nicht von Dingen rauben, die sich im Laufe der Zeit einfach nur angesammelt haben. Heben Sie gut erhaltene Materialien auf, aber trennen Sie sich von Kaputtem und von Gerümpel.

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