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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Selbstauskunft Bei der Selbstauskunft sind manche Lügen erlaubt
Wer heute auf Wohnungssuche geht, kommt um das Ausfüllen mehr oder weniger umfangreicher Fragebögen kaum mehr herum. Mit Hilfe der Selbstauskunft wollen sich Vermieter ein Bild von ihren potenziellen zukünftigen Mietern machen, bevor sie entscheiden, wen sie in die freie Wohnung einziehen lassen. Auch wenn die Selbstauskunft generell freiwillig ist, raten Mieterschützer Wohnungssuchenden, sämtliche Fragen zu beantworten, um ihre Chancen auf die Wohnung nicht zu verspielen. Auf allzu persönliche Fragen solle man lieber lügen als schweigen. Doch Vorsicht: Wer an der falschen Stelle lügt, kann später fristlos gekündigt werden.
"Schweigen ist Silber, Lügen ist Gold." So ließe sich der Tipp zusammenfassen, den Mieterschützer Wohungssuchenden für die Selbstauskunft mit auf den Weg geben. Wer in Zeiten grassierender Wohnraumknappheit schon einmal in attraktiven Lagen auf der Suche nach einem neuen Domzil war, der weiß, wie neugierig sich manch ein Vermieter bei der Abfrage äußerst persönlicher, teils sogar intimer Vorlieben seiner zukünftigen Mieter zeigt.
Wohnungssuchende sollten Selbstauskunft-Fragebögen vollständig beantworten
Ob musikalische Vorlieben, sexuelle Orientierung oder auch die Mitgliedschaft in einem Mieterverein: Manche Dinge, die im Rahmen der Selbstauskunft immer wieder abgefragt werden, gehen den Vermieter schlichtweg nichts an. "Allerdings", so warnt der Deutsche Mieterbund (DMB), "wer nicht mitspielt und nicht antwortet, hat kaum eine Chance, die gewünschte Wohnung zu bekommen." Mieterschützer sind sich deshalb einig: "Mietinteressenten tun grundsätzlich gut daran, Selbstauskunfts-Fragebögen komplett auszufüllen", empfiehlt beispielsweise der Berliner Mieterverein.
Berechtigte Vermieter-Fragen bei der Selbstauskunft
Wahrheitsgemäß beantworten müssen Mieter aber nur solche Fragen, die für das Mietverhältnis von zentraler Bedeutung sind. Das sind vor allem Fragen zu den Einkommensverhältnissen und zur beruflichen Stellung potenzieller Mieter. "Es muss aber im Einzelfall geprüft werden, ob Mietinteressenten dem Vermieter ihre komplette Finanzlage darlegen müssen“, schränkt DMB-Justiziar Norbert Eisenschmid ein. So hätten potenzielle Vermieter beispielsweise keinen Anspruch darauf, über laufende Teilzahlungskredite informiert zu werden.
Wie viel Einkommen ein potenzieller Mieter monatlich bezieht sowie Fragen nach Art und Dauer des bestehenden Arbeitsverhältnisses hingegen lassen unmittelbare Rückschlüsse darauf zu, ob Wohnungssuchende überhaupt in der Lage sind, die monatlichen Mietzahlungen zu leisten. Dies zu erfahren, liegt im berechtigten Interesse des Vermieters. Machen Wohnungssuchende hier Falschangaben, kann der Mietvertrag später vom Vermieter wegen arglistiger Täuschung angefochten beziehungsweise gekündigt werden.
"Darüber hinaus muss dem Vermieter ein berechtigtes Interesse an der Information zugestanden werden, ob ein Paar verheiratet ist, in welchem Umfang der Mieter Familienangehörige in die Wohnung mitbringt und ob Haustiere vorhanden sind", so Eisenschmid. Selbstverständlich müssen auch alle Angaben zur Identität des Mietinteressenten wie Name, Anschrift und Alter stimmen. Auch die Frage, ob die Wohnung ausschließlich privat oder auch gewerblich genutzt werden soll, muss man korrekt beantworten.
Wann Wohnungssuchende bei der Selbstauskunft lügen dürfen
Wenn sich Vermieter aber für Details zur weiteren Familienplanung interessieren, nach musikalischen Vorlieben fragen oder wissen wollen, wie häufig man Besuch bekommt, geht dies über ihr berechtigtes Interesse hinaus. "Unzulässig sind zum Beispiel Fragen nach einer Schwangerschaft oder der Mitgliedschaft in einem Mieterverein", informiert der Eigentümerverband Haus & Grund. "Solche Fragen darf der Mieter auch unrichtig beantworten." Es steht also jedem Mieter frei, auf ungerechtfertigte Fragen die Antwort zu geben, die der Vermieter wohl am liebsten hören will.
Gute Antworten auf ungerechtfertigte Fragen bei der Selbstauskunft
Und genau dazu raten Mieterschutzorganisationen auch. Für einige besonders häufig beobachtete, aber unzulässige Fragen, geben sie sogar schon vorformuliere Antworten vor:
"Wie oft erhalten Sie Besuch?" Der DMB empfiehlt folgende Antwort: "Selten, ich bin ein stiller und ruhiger Mieter." Kommt das Mietverhältnis zustande, dürfen Sie selbstverständlich trotzdem so viel privaten Besuch empfangen wie Sie möchten, so lange es dadurch nicht zu Ruhestörungen oder zu Verletzungen der Hausordnung kommt.
"Welche Musikrichtung bevorzugen Sie?" Laut DMB solle man am besten "Klassik" antworten, um dem potenziellen Vermieter die Sorge vor nächtlicher Heavy-Metal-Beschallung zu nehmen. Ihre tatsächlichen musikalischen Vorlieben sind allein ihre Sache und gehen den Vermieter nichts an. Natürlich müssen Sie im Falle des Einzugs Rücksicht auf Ihre Nachbarn nehmen und beim Musikhören die örtlichen Ruhezeiten beachten.
"Lieben Sie Tiere?" Der Vermieter hat zwar Anspruch darauf, zu erfahren, ob ein Tier mit einziehen soll. Wie Sie generell zu Haustieren stehen, geht ihn hingegen nichts an. Der DMB empfiehlt als eine gute mögliche Antwort: "Ja, aber ich bin zu oft außer Haus, ich kann weder Hund noch Katze halten." Möchten Sie zukünftig doch irgendwann einmal Haustiere in der Mietwohnung halten, gelten die normalen Mietrechtsvorschriften. Der Vermieter kann die Haustierhaltung nicht allein wegen ihrer Angaben bei der Selbstauskunft untersagen.
"Planen Sie (weitere) Kinder?" oder "Sind Sie schwanger?" Beide Fragen sind unzulässig und ein Eingriff in Ihre Intimssphäre. "Nein" ist die empfehlenswerte Antwort. Babys und Kinder sind bei manch einem Vermieter nämlich nicht gerne gesehen. Sie fürchten das Babygeschrei und Lärm beim Spielen – zumal Gerichte von Nachbarn und Vermietern gegenüber Kinderlärm eine deutlich höhere Toleranz verlangen als gegenüber anderen Geräuschquellen. Unabhängig von Ihrer Antwort bleiben Sie in Ihrer tatsächlichen Familienplanung selbstverständlich frei.
"Sind Sie Mitglied in einem Mieterverein?" Die Frage ist ebenso unzulässig wie Fragen zur politischen Gesinnung oder zur Mitgliedschaft in anderen Vereinen und Verbänden. "Nein" ist die empfehlenswerte Antwort.
"Sind Sie vorbestraft?" Wer hier "ja" oder gar nicht antwortet, dürfte seine Chancen auf die Wohnung wohl verspielt haben. "Die Frage wird daher zum Glück als unzulässig eingestuft", erklärt die Berliner Mietergemeinschaft auf ihren Webseiten. "Nein" ist die empfehlenswerte Antwort.
"Rauchen Sie" Der DMB rät zur Antwort "Nein". Man könne sicher sein, dass nur ein Nichtraucher diese Frage stelle, der als Mieter ebenfalls Nichtraucher bevorzugen würde. Die D.A.S. Rechtschutzversicherung hingegen hält die Frage für zulässig, so dass unter Umständen eine arglistige Täuschung vorliegen könnte, wenn man den potenziellen Vermieter hinsichtlich des Zigarettenkonsums belügt. In jedem Fall wird es das Verhältnis zum Wohnungseigentümer nachhaltig belastet, wenn dieser feststellt, dass Sie ihn angelogen haben. Wir empfehlen deshalb, auf die Frage lieber wahrheitsgemäß zu antworten.
Auch erlaubte Lügen sind nicht immer sinnvoll
Generell sollte man immer abwägen, wie sinnvoll es langfristig ist, den Vermieter bei der Selbstauskunft anzuschwindeln. Kommt die Lüge irgendwann heraus, wird sich dieser nicht ohne Grund hintergangen fühlen. Es stellt sich auch die Frage, ob es wirklich erstrebenswert ist, beispielsweise als Schwangere in ein Haus einzuziehen, in dem Kinder eigentlich unerwünscht sind. Späterer Ärger mit Nachbarschaft und Vermieter scheint programmiert.
Außerdem kann man sich als Laie leicht darin täuschen, wo genau die Grenze zwischen zulässigen und unzulässigen Fragen verläuft. Unter Umständen haben Falschantworten dann zur Folge, dass ein Mietvertrag noch vor Einzug vom Vermieter angefochten oder auch später noch fristlos gekündigt werden kann. Wer unsicher ist, ob er eine bestimmte Frage wahrheitsgemäß beantworten muss, sollte sich an die örtlichen Mietervereine oder die Mietrechtsberatung der Verbraucherzentralen wenden.