Ihr gutes Recht Ruhestörung im Miet- und Nachbarschaftsrecht
Zuhause will man seine Ruhe haben. Doch nicht selten ist dies nur ein frommer Wunsch und von Ruhe keine Spur. Die Nachbarin, die in Stöckelschuhen übers Laminat trippelt, die Baustelle vor der Tür oder die schreienden Kinder im Hausflur – Lärmquellen gibt es vor allem in Mehrparteienhäusern zuhauf. Einige wichtige Gerichtsurteile zur Ruhestörung im Miet- und Nachbarschaftsrecht haben wir für Sie zusammengestellt.
"My home is my castle. Zu Hause will man seine Ruhe haben", sagt Jörn-Peter Jürgens vom Interessenverband Mieterschutz in Hannover. Nimmt die Ruhestörung überhand, können Mieter die Miete mindern. Allerdings muss man hierbei einiges beachten. Sonst macht man sich rechtlich angreifbar. Wann und wie Sie wegen Ruhestörung die Mietzahlungen kürzen dürfen und wie Sie dabei korrekt vorgehen.
Ruhezeiten sind meist in der Hausordnung festgeschrieben
Der Fernseher, die Waschmaschine oder das Instrument können für Nachbarn zu einem Problem werden, wenn sie zu laut sind. "Gesetzlich festgelegte Ruhezeiten gibt es zwar nicht", erklärt Mieterschützer Jürgens. "Aber entsprechende Regeln sind in der Hausordnung festgelegt." Daran müsse sich jeder Mieter halten. Darüber hinaus gelten natürlich auch die örtlichen Ruhezeiten, welche die Gemeinden festlegen.
Trittgeräusche sind keine Ruhestörung – solange man keine High Heels trägt
Nicht immer sind die Nachbarn schuld, wenn es laut wird. Manchmal ist auch die Wohnung hellhörig. Wie viel Schallschutz man als Mieter erwarten kann, hängt vom Baujahr des Hauses ab. Wer in einen Neubau zieht, darf eine gute Schalldämmung erwarten, in einer Gründerhausvilla wäre das nicht angemessen. "Normale Trittgeräusche sind kein Mangel", erklärt Claus Deese, Geschäftsführer des Mieterschutzbundes in Recklinghausen. "Nur wenn ein Laminat unfachmännisch verlegt wurde, ist es ein Mangel, ansonsten eine normale Eigenschaft des Bodens." Und die hat man als Mieter durch den Mietvertrag akzeptiert.
Anders verhält es sich, wenn die Wohnung erst während des Mietverhältnisses hellhörig geworden ist, etwa durch einen Umbau. Dann hat sich laut Deese der Wohnwert verringert, der Mieter dürfe mindern. Darüber hinaus darf man von seinen Nachbarn Rücksichtnahme erwarten. Das Landgericht Hamburg beispielsweise bewertet es als "unzumutbare Lärmbelästigung", in der eigenen Wohnung auf hochhackigen Schuhe herumzulaufen, wenn sich der darunter wohnende Nachbar von den Geräuschen gestört fühlt. (Az.: 316 S 14/09)
Kinderlärm ist meistens keine unzulässige Ruhestörung
Bei Kindern müssen Nachbarn generell mehr Lärm in Kauf nehmen. Je kleiner die Kinder sind, desto lauter dürfen sie sein. "Die Gerichte erwarten da eine große Toleranz beim Mieter", sagt Ulrich Ropertz vom Deutschen Mieterbund (DMB). Wenn der Lärm aber eine unzumutbare Beeinträchtigung darstellt, die den Wert der Wohnung senkt, darf der Mieter die Miete mindern. Dann liegt der schwarze Peter beim Vermieter. Er muss die Mietminderung akzeptieren, hat aber oft keine Handhabe gegen die Lärmbelästigung.
Das Landgericht Berlin sieht einen Vorrang "lärmintensiven Kinderspiels" vor den Interessen der Mieter (Az.: 66 S 114/92). Mieter hatten sich über die von einem nahegelegenen Spielplatz ausgehende Lärmbelästigung beklagt. Das Amtsgericht Frankfurt am Main hat diese Auffassung zu Kinderspielplätzen in der Nachbarschaft einige Jahre später bestätigt: "Der Umstand, dass ein Kinderspielplatz vorhanden ist ... stellt keinen Mangel dar, ohne dass die Intensität des dadurch zwangsläufig verursachten Geräuschpegels erörtert werden muss", heißt es im Urteil. (Az.: 33 C 2368/08)
Laut dem Amtsgericht Starnberg entsprechen Trampel- und Stampfgeräusche "dem normalen Bewegungs- und Spielbedürfnis" von fünf- beziehungsweise achtjährigen Kindern. Sie sind somit nicht als unzulässige Ruhestörung der Nachbarn zu bewerten. Ein Mangel an Mietsache liegt nicht vor und somit auch kein Anspruch auf Mietminderung. (Az.: 1 C 1021/91)
Auch laut dem Landgericht Köln müssen Nachbarn Kindern gegenüber toleranter sein. "Diese geforderte Toleranz gegenüber Kinderlärm findet aber dort ihre Grenze, wo der Lärm nicht mehr sozialadäquat ist", führen die Richter aus. "Dies ist innerhalb der Ruhezeiten bei einem Verrücken von Möbeln, lautstarken Herumlaufen und Trampeln in der Wohnung, sowie Klopfen und Poltern an den Heizkörpern und Wänden der Wohnung, auch wenn es durch Kinder hervorgerufen wird, ohne weiteres der Fall." (Az.: 6 S 403/07)
Ruhestörung durch Baustellen- und Straßenlärm
Lärm von der Straße müssen Mieter in der Regel ertragen. Allerdings nur, wenn es schon bei ihrem Einzug laut war. Wird nach dem Einzug vor dem Schlafzimmerfenster gebaut, senkt das den Wert der Wohnung, und entsprechend kann die Miete reduziert werden. "In Frankfurt klagte ein Mieter wegen Baustellenlärms", erzählt Deese. "Gegenüber seiner Wohnung wurde die neue Europäische Zentralbank gebaut. Eine riesige Baustelle. Der Mieter konnte die Miete dennoch nicht mindern, denn er war in die Wohnung eingezogen, als die Baustelle schon bestand."
Wenn der Mieter den Mangel schon beim Einzug kennt, könne er die Miete später nicht mindern, erklärt Ulrich Ropertz. "Der Mieter wusste bei Abschluss seines Mietvertrags, worauf er sich einlässt, oder hätte es wissen können." Das gelte auch für einen Mieter, der in einer Großstadt neben eine Baulücke zieht. Dass diese eines Tages geschlossen wird, damit müsse der Mieter rechnen. Um bösen Lärmüberraschungen vorzubeugen, empfiehlt Deese sich eine Wohnung vor der Unterschrift unter den Mietvertrag zu unterschiedlichen Zeiten anzusehen.
Wie der Bundesgerichtshof (BGH) entschied, rechtfertigt auch eine vorübergehende Steigerung des Verkehrslärms keine Mietminderung. Wegen einer Umleitung war der Verkehrslärm soweit angestiegen, dass Mieter ihre monatlichen Zahlungen kürzen wollten. Laut höchstrichterlichem Urteil hätten sie darauf aber nur Anspruch, wenn die ruhige Wohnlage bereits bei der Anmietung ein erkennbares Entscheidungskriterium gewesen wäre, ansonsten reiche eine vorübergehende Steigerung des Verkehrslärms für eine Mietminderung nicht aus. (Az.: VIII ZR 152/12)
Bei Ruhestörung Miete mindern
Bevor Mieter wegen einer andauernden Lärmbelastung einen Teil der Miete einbehalten, müssen sie zunächst ihren Vermieter informieren. Die Mängelanzeige sollte schriftlich erfolgen. "Weil das beweisbar ist", sagt Mieterschützer Deese. Am besten werde der Brief mit einem Boten oder als Einwurf-Einschreiben verschickt. "Das ist billiger als ein Einschreiben mit Rückschein." Falls keine Reaktion auf das Schreiben kommt, sollten Mieter nachhaken.
Lärmprotokoll anfertigen
Neben der Mängelanzeige ist auch ein Lärmprotokoll hilfreich. "Darin sollte konkret aufgelistet sein, was den Lärm verursacht, an welchen Tagen und um welche Zeit. Das Ganze am besten von neutralen Zeugen bestätigt", rät Ropertz.. "Von dem Moment an, wo der Vermieter von dem Mangel weiß, kann man die Miete kürzen", erklärt der DMB-Sprecher. "Und zwar in der Höhe, in der der Wohnwert beeinträchtigt ist."
Das aber könne weit weniger sein, als mancher Mieter meint. Denn selbst wenn nebenan ein Schlagzeuger zwischen 22.00 Uhr und Mitternacht übt, ist die Wohnung an 22 Stunden normal nutzbar. Daher sollte die Miete eher vorsichtig gemindert werden. Wenn der Lärm erst im laufenden Monat angefangen hat, die Miete aber schon zu Monatsbeginn überwiesen wurde, kann man die Miete des darauffolgenden Monats mindern.
Trocknungsgerät in Nachbarwohnung kann Mietminderung rechtfertigen
Nach einem Wasserschaden in der Wohnung müssen die Wände wieder trocken werden. Weil dazu aufgestellte Trocknungsgeräte häufig Lärm verursachen, können betroffene Mieter ihre Miete mindern, solange die Geräte laufen. "Das kann unter Umständen auch für Nachbarn gelten", erklärt Ulrich Ropertz vom Deutschen Mieterbund. "Allerdings nur, wenn die Geräuschbelastung erheblich ist."
Von einer erheblichen Beeinträchtigung kann zum Beispiel ausgegangen werden, wenn die Trocknungsgeräte auch im Schlafzimmer der Nachbarwohnung zu hören sind. "Denn dann ist unter Umständen Ihr Schlaf gestört, und das kann eine Mietminderung rechtfertigen", sagt Ropertz. Ist das Trocknungsgerät erst bei absoluter Stille wahrnehmbar, ist das allerdings keine erhebliche Beeinträchtigung.