Für diesen Beitrag haben wir alle relevanten Fakten sorgfältig recherchiert. Eine Beeinflussung durch Dritte findet nicht statt.
Zum journalistischen Leitbild von t-online.Gefährliche Giftpflanze Jakobs-Kreuzkraut: Diese Bundesländer sind betroffen
Es breitet sich seit einigen Jahren vermehrt in Deutschland aus: das sogenannte Jakobs-Kreuzkraut. Gefährlich ist es für Mensch und Tier. t-online.de sagt, welche Bundesländer betroffen sind.
Auf den ersten Blick wirkt das Jakobs-Kreuzkraut (Senecio jacobaea) mit seinen leuchtend gelben Blüten ausgesprochen anziehend. Dabei zählt die Staude, die auch als Jakobs-Greiskraut, Spinnkraut, Hergottsnagel oder einfach Jakobskraut bekannt ist, zu den Giftpflanzen.
Der Grund: Sie enthält Pyrrolizidinalkaloide (PA), die sie laut dem Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) vermutlich zum Schutz vor Fraßfeinden produziert. Bei Mensch und Tier können diese PA bei Verzehr der Giftpflanze aber zu Leberschäden führen. Im schlimmsten Fall droht sogar Leberkrebs.
Kreuzkraut- und Rucolablätter ähneln sich
Eine weitere schlechte Nachricht ist, dass sich das Jakobs-Kreuzkraut in den vergangenen Jahren vermehrt in Deutschland ausgebreitet hat, insbesondere auf Wiesen, Feldern, aber auch auf verwilderten Grünflächen und an Straßenrändern. Zudem ist das Kraut vereinzelt im Hausgarten zu finden. Dort ist es leicht mit Rucola zu verwechseln, weil sich die Blätter des Salats und der Giftpflanze ähneln.
Obgleich das Jakobs-Kreuzkraut in Deutschland nicht meldepflichtig ist, hat t-online.de bei den zuständigen Behörden der einzelnen Bundesländer nachgefragt, ob und wie stark sich die Giftpflanze dort ausbreitet.
Baden-Württemberg
Laut dem Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz wird die Ausbreitung des Jakobs-Kreuzkrauts intensiv beobachtet. Obgleich es in Baden-Württemberg kein systematisches Monitoring gebe, könne als Hauptverbreitungsgebiet der Rheingraben genannt werden, erklärt Isabel Kling. Hier trete es insbesondere entlang von Straßen und auf extensiv bewirtschafteten Flächen auf.
Zudem informiere die Behörde vor allem in der landwirtschaftlichen Presse auf breiter Basis über das Jakobs-Kreuzkraut sowie andere Kreuzkräuter, ergänzt Kling. Naturgemäß lege der Fokus hierbei auf der Verwertung als Tierfutter.
Laut dem Landwirtschaftlichen Zentrum für Rinderhaltung, Grünlandwirtschaft, Milchwirtschaft, Wild und Fischerei Baden-Württemberg (LAZBW) treten Kreuzkräuter wie das Jakobs-Kreuzkraut zudem entlang vieler Straßen und Autobahnen in Baden-Württemberg auf, erklärt Kerstin Grant auf Anfrage von t-online.de. Beispielsweise seien dem Referat Grünlandbotanik und Grünlandökologie schon mehrmals Kreuzkraut-Vorkommen an der B30 zwischen Friedrichshafen und Ravensburg gemeldet worden.
Bayern
Laut der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) ist im Freistaat seit mehreren Jahren "eine verstärkte Ausbreitung von einheimischen Kreuzkraut-Arten zu beobachten". Dazu zähle beispielsweise das Schmalblättrige Kreuzkraut (Senecio inaequidens), das sich im Bereich von Verkehrsflächen bayernweit vermehre, sagt Klaus Gehring vom LfL auf Anfrage von t-online.de.
Das Jakobs-Kreuzkraut trete vor allem auf dem Wirtschaftsgrünland im trockeneren Nordbayern und das Wasser-Kreuzkraut (Senecio aquaticus) in niederschlagsreichen Regionen Süd-Bayerns auf, ergänzt Gehring.
Erhebungen bei Fachberatern und Landwirten würden aber zeigen, dass sich das Jakobs-Kreuzkraut inzwischen von Nordbayern beziehungsweise Franken zunehmend nach Südbayern ausdehne. Bei Wasser-Kreuzkraut sei wiederum eine Ausbreitung auf regionaler Ebene mit zunehmenden Befallsdichten betroffener Grünlandflächen zu beoachten, sagt Gehring.
Berlin
Bei den zuständigen Behörden angefragt.
Brandenburg
Laut dem Landesamt für Ländliche Entwicklung, Landwirtschaft und Flurneuordnung (LELF) sei das Jakobskreuzkraut auch in Brandenburg verbreitet. "Ein aktuelles Monitoring gibt es jedoch nicht", sagt Christine Tümmler vom Referat Pflanzenschutzdienst und Feldbau.
Die letzten landesweiten Befallseinschätzungen in Brandenburg seien im Jahr 2017 in der Broschüre "Umgang mit Kreuzkräutern" veröffentlicht worden. Daraus geht hervor, dass insbesondere der Nordwesten des Landes vom Jakobs-Kreuzkraut betroffen ist. Dazu zählen die Landkreise Oberhavel, Ostprignitz-Ruppin, Havelland und Prignitz. Laut der Broschüre ist es in den übrigen Landkreisen "mehr oder weniger häufig an Straßenrändern oder auch auf landwirtschaftlichen Flächen zu finden".
Bremen
Laut der Senatsverwaltung für Klimaschutz, Umwelt, Mobilität, Stadtentwicklung und Wohnungsbau lägen keine Zahlen über die Verbreitung des Jakobs-Kreuzkraut vor – weil es sich nicht um eine gefährdete Pflanze handele. Das Jakobs-Kreuzkraut sei in Bremen, wie auch im überwiegenden Teil Deutschlands, schon lange Bestandteil der heimischen Flora, erklärt Andreas Nagler vom Referat Naturschutz und Landschaftspflege auf Anfrage von t-online.de. Es wachse beispielsweise an Straßenseiten, in Böschungen, an Wegrainen und auf trockenen Frischwiesen beziehungsweise -weiden.
In den eher feuchteren Grünlandflächen der Bremer Niederungen und Marschen komme das Jakobs-Kreuzkraut dagegen nur sehr vereinzelt vor, während es auf frischeren beziehungsweise trockeneren Böden, insbesondere der Geest, häufiger auftrete. Im Grünland seien vermehrte Vorkommen der Giftpflanze insbesondere in untergenutzten und nicht nachhaltig gepflegten Flächen – insbesondere schlecht gepflegten Pferdeweiden – zu beobachten. Besonders vom Jakobs-Kreuzkraut betroffene Gebiete gäbe es in Bremen nicht, erklärt Nagler.
Hamburg
Laut der Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft (BUKEA) liegen weder der Naturschutz- noch der Landwirtschaftsabteilung genaue Informationen zur Verbreitung des Jakobs-Kreuzkrauts in Hamburg vor. Dennoch werde das Thema seit mehreren Jahren im landwirtschaftlichen Kontext thematisiert, sagt Jan Dube auf Anfrage von t-online.de.
Zudem wurde im Rahmen des Forschungsprojektes "UAV-basiertes Grünlandmonitoring auf Bestands- und Einzelpflanzenebene" eine Analyse des Befallspotenzials von Grünlandbeständen mit Jakobs-Kreuzkraut durchgeführt. Die Ergebnisse zeigten, dass die Stadtgrenzen potentiell stärker befallen sind, vor allem die Bezirke Bergedorf (südlich), Wandsbek (nördlich) und Harburg (westlich).
Hessen
Laut dem Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen wird das Jakobs-Kreuzkraut in Hessen nicht beobachtet. Dennoch kommt die Giftpflanze in dem Bundesland vor: "Gebiete mit Milchvieh sind weniger betroffen. Dort wo die Viehhaltung rückläufig ist und die Flächen entsprechend extensiviert werden, taucht dann auch mehr Jakobs-Kreuzkraut auf", sagt Pressesprecher Karl-Josef Walmanns. Zudem merke man das auch an den gehäuften Beratungsanfragen in diesen Regionen.
Mecklenburg-Vorpommern
Laut dem Landesamt für Landwirtschaft, Lebensmittelsicherheit und Fischerei befinden sich die Hot Spots des Jakobs-Kreuzkrauts im südwestlichen Mecklenburg-Vorpommern, erklärt Joachim Vietinghoff auf Anfrage von t-online.de. "Einzelpflanzen sind überall zu finden, aber nicht in besorgniserregendem Umfang". Gleichzeitig werde jährlich an den Hot Spots beobachtet und später kartiert, wie stark sich das Jakobs-Kreuzkraut ausbreite.
Aber: "Wir können auch nach drei warmen, trockenen Sommern eine besonders dynamische Ausbreitung nicht bestätigen", sagt Vietinghoff. Nach Beobachtungen seien unter anderem schlecht oder gar nicht gepflegtes Grünland sowie für den Arten- und Naturschutz vorgehaltene, gar nicht bearbeitete Flächen, besonders häufig vom Jakobs-Kreuzkraut besiedelt. Und: "Vor allem sind Koppeln privater Hobby-Pferdehalter betroffen, denen es meistens an Kenntnissen und Gerät für eine richtige Pflege des Grünlandes fehlt." Die Giftpflanze sei also immer das Zeichen einer schlechten fachlichen Praxis der Grünlandbewirtschaftung, erklärt Vietinghoff.
Niedersachsen
Laut der Landwirtschaftskammer Niedersachsen wird die Ausbreitung des Jakobs-Kreuzkraut derzeit nicht beobachtet. Dennoch weist die Behörde auf ihrer Internetseite darauf hin, dass "die Verbreitung dieser, unter den Kreuzkrautarten insbesondere für Pferde giftigsten Spezies, innerhalb der letzten Jahre regional stark zugenommen" habe. Genaue Fundorte werden nicht genannt.
Ein Leser aus dem niedersächsischen Worpswede kennt aber einige Verbreitungsgebiete und schrieb t-online.de: "Bereits entlang der Autobahnen und größeren Straßen, zum Beispiel an der A27 auf der Höhe von Bremen, kann man diesen 'schönen' gelben Blühstreifen bewundern."
t-online.de hat diesbezüglich bei der Landwirtschaftskammer nachgefragt. Pressesprecherin Jantje Ziegeler sagt auf Anfrage, dass die Pflanze an den genannten Orten "ideale Wachstums- und Vermehrungsbedingungen" fände. Ansprechpartner für Maßnahmen im öffentlichen Grün seien hier aber die Gemeinden, Städte und Landkreise. Grundsätzlich sei eine Ausrottung dieser heimischen Pflanzenart weder möglich noch aus ökologischer Sicht sinnvoll. Dort wo das Jakobs-Kreuzkraut weit ab von Weideflächen blühe, müsse es nicht unbedingt beseitigt werden, ergänzt Ziegeler.
Nordrhein-Westfalen
Laut der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen wird die Ausbreitung des Jakobs-Kreuzkraut in dem Bundesland nicht beobachtet. Deshalb gebe es auch keine belastbaren Zahlen zur Verbreitung der Giftpflanze, sagt Bernhard Rüb auf Anfrage von t-online.de.
Rheinland-Pfalz
Bei den zuständigen Behörden angefragt.
Saarland
Laut der Landwirtschaftskammer für das Saarland wird das Jakos-Kreuzkraut nicht beobachtet. Es gebe auch kein stark betroffenes Gebiet, erklärt Sophie Schlosser von der Düngemittel-, Saatgut- und Pflanzenschutzmittelverkehrskontrolle. Anfällig seien auch in diesem Bundesland oftmals beweidete Flächen mit Pferden.
Sachsen
Laut dem Sächsischen Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie sei das Jakobs-Kreuzkraut im Freistaat "weit verbreitet". "Es kommt vor allem auf extensiv bis wenig extensiv bewirtschafteten Standorten vor", sagt Pressesprecherin Karin Bernhardt. Bei einer fachgerechten Grünlandbewirtschaftung gehe von ihm aus Sicht von Weide- und Grünland-Experten aber keine oder nur eine geringe Gefahr aus.
Probleme sehe man aber wenn zuvor brachliegende Flächen – die von Jakobs-Kreuzkraut befallen seien – wieder genutzt werden und die Bewirtschafter die Art nicht kennen, ergänzt Bernhardt. Dies sei gerade auf Pferdeweiden bei Hobbyhaltern öfter der Fall.
Info
Das Sächsische Landesamt hat für den Freistaat eine sogenannte digitale Rasterverbreitungskarte angelegt. Mit einem Klick erfährt man, wann und wo das Jakobs-Kreuzkraut an einem bestimmten Ort nachgewiesen wurde. Hier werden auch Nachweisjahre aus der DDR genannt.
Sachsen-Anhalt
"Im Rahmen der 'normalen' Schaderreger-Überwachung durch die Ämter für Landwirtschaft und Forsten ist uns derzeit kein besonders betroffenes Gebiet in Sachsen-Anhalt bekannt", sagt Ulrich von Wulffen, Abteilungsleiter Acker- und Pflanzenbau bei der Landesanstalt für Landwirtschaft und Gartenbau. Daher führe das Bundesland kein gesondertes Monitoring zum Jakobs-Kreuzkraut durch.
Schleswig-Holstein
Laut dem Kompetenzzentrum Jakobs-Kreuzkraut der Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein wird die Ausbreitung der heimischen Giftpflanze nicht in einem bestimmten Monitoring erfasst. "Wir haben die Bestände allerdings ganz gut im Blick und kartieren auch jedes Jahr stichprobenartig, weil wir an den Bestandsentwicklungen interessiert sind", sagt Aiko Huckauf vom Team Flächenmanagement auf Anfrage von t-online.de.
Große Vorkommen bis hin zu Massenbeständen haben sich lokal oder auch regional vor allem in der Mitte des Landes und im Osten Schleswig-Holsteins entwickelt. "Im Westen Schleswig-Holsteins kommt das Jakobs-Kreuzkraut hingegen weiterhin eher vereinzelt vor, weil es mit den dortigen Standortbedingungen nicht gut zurechtkommt", ergänzt Huckauf.
Thüringen
Laut dem Thüringer Landesamt für Landwirtschaft und Ländlichen Raum gebe es in dem Bundesland kein besonderes Monitoring zum Jakobs-Kreuzkraut, erklärt Torsten Weidemann auf Anfrage von t-online.de. "Die Landwirte werden im Rahmen von Schulungsmaßnahmen und Veranstaltungen informiert sowie sensibilisiert", ergänzt Weidemann.
Es gebe keine besonders betroffenen Gebiete in Thüringen. Jakobs-Kreuzkraut sei als Grünlandpflanze allgemein im Land verbreitet, komme aber auf weniger intensiv genutztem Grünland stärker vor. Als zweijährige Pflanze überstehe sie Trockenperioden gut. Deshalb führten Trockenjahre zu einer weiteren Verbreitung der Pflanze beziehungsweise zu einem höheren Besatz auf den Grünlandflächen, erläutert Weidemann.
- Eigene Recherche
- Bundesinstitut für Risikobewertung: "Fragen und Antworten zu Pyrrolizidinalkaloiden in Lebensmitteln"