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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Küche Porsche-Küche für ganze Kerle
Wenn Männer früher zeigen wollten, wo der Hammer hängt, fuhren sie mit einem schnittigen Roadster vor oder legten im Gespräch dezent das Handgelenk mit der Rolex frei. Diese Zeichen für wirtschaftlichen Erfolg gibt es auch heute noch. Doch sie haben Konkurrenz bekommen. Und das nicht nur von dicken Familienkutschen und geschichtsträchtigen Chronographen, sondern auch von einem Lifestyle-Produkt, das lange den Damen der Schöpfung vorbehalten war: der Küche. Ein Mann, der heute etwas auf sich hält, lädt Freunde und Kollegen nach Hause zum professionellen Kocherlebnis. Am liebsten in eine offene Schaltzentrale, die den ganzen Wohnraum überstrahlt.
Der Porsche als Küche
Dass in punkto Männer und Küche "was geht“ und immer mehr Herren im großen Stil brutzeln wollen, erkannte der Herforder Küchenhersteller Elmar Duffner bereits Mitte des letzten Jahrzehnts. Um diesem Thema angemessen zu begegnen, ging der Chef von Poggenpohl in die Offensive und gestaltete zusammen mit Porsche Design die erste Küche für den Mann. "Wir konnten eine Küche entwickeln, die sich mit ihrer klaren, funktionalen Formensprache speziell auch an männliche Kunden wendet“, verkündete der Visionär zwei Jahre später im Herbst 2007 stolz.
Und tatsächlich - die coole Hightech-Küche P’7340, die seit neuestem auch mit Glas-Carbon-Front erhältlich ist, mutete so rasant an wie ein Luxusflitzer. Kühles, hinterleuchtetes Aluminium, satiniertes Glas, schwarze Granitflächen, grifflose Fronten und eine Antipp-Mechanik verbanden sich zum Wow-Objekt für Meisterkocher. Mittlerweile geht die Porsche-Küche in die zweite Generation. Erst kürzlich verkündeten die Vorreiter, dass eine neue, preisgünstigere Variante des Kultobjekts in Entwicklung sei.
Was Kerle wollen
Doch coole Optik, schicke Beleuchtung und Antipp-Technik sind längst nicht alles, was echte Kerle in der Küche wollen. Vielmehr gehen sie ans Kochen ran wie ans Rasenmähen, Autoreparieren oder Hausbauen: Sie wollen ordentliches Werkzeug, und zwar vom Feinsten. "Seit Männer die Küche als neuen Wirkungskreis entdeckt haben, hat sich diese enorm professionalisiert“, weiß Ursula Geismann, Designexpertin vom Verband der deutschen Möbelindustrie (VDM) in Bad Honnef.
"Das zieht sich durch alle Bereiche.“ Landhaus-Look, Handrührgerät und Mutters altes Messer? Nichts da! Es muss schon die Kultmaschine Kitchen Aid sein, die beim (exakten) Kochen nach Rezeptbuch zum Einsatz kommt. Und um die neuesten Tipps in den Zeitschriften "Beef!“ oder "jamie“ befolgen zu können, braucht Mann auf jeden Fall einen Profisatz japanische Messer, am besten geschmiedet in der Warikomi-Technik!
Die Kochwerkstatt
Ist die Versorgung mit erstklassigem Gerät gesichert, muss die Werkstatt auf Vordermann gebracht werden. Auch in dieser Hinsicht haben Küchenkerle ihre eigenen Vorstellungen. "Dass Männer mehr auf technische Neuheiten und Raffinessen achten als Frauen, ist naheliegend“, meint Ursula Geismann. "Sie schätzen eine unsichtbare Stromzuführung und grifflose Öffnungsautomatiken“.
Eine Frau hingegen kennt den Vorteil einer stets offenen Steckdose, an welche sie das eine oder andere Kleingerät schnell anschließen kann, und die Vorzüge einer Schublade, die sie rasch und unkompliziert mit der Hand bedient. Die ergonomische Anordnung der einzelnen Unterbauten in der Küche ist ein weiterer Aspekt, dem sich die Männer mit besonderer Hingabe widmen.
"Die Küche wird heute konfiguriert wie ein Auto“, weiß Frank Hüther, Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft Die Moderne Küche e.V. (AMK) aus Mannheim. Das betrifft nicht nur Arbeitsflächen und Fronten, sondern auch die Arbeitshöhen, die in der herkömmlichen Frauenküche eher auf einer Ebene zu finden waren. "Hier lässt sich ein Trend zu mehr Convenience feststellen“, berichtet Ursula Geismann. "Den Herd legt man inzwischen gern wieder tiefer, damit man in die Töpfe schauen kann, und es gibt höhenverstellbare Küchenblöcke. Ergonomie wird heute auch nicht mehr an der absoluten Größe der Köchin festgemacht, sondern an der Höhe der Ellbogen der jeweiligen Küchennutzer.“ Ein besonderes Faible haben die neuen Herren der Kochtöpfe nach den Kenntnissen von Ursula Geismann auch für Mülltrennsysteme und für LED-Technologien - nicht nur, weil letztere optisch etwas hermachen, sondern auch, weil sie viel weniger Energie brauchen als herkömmliches Licht.
Männerfantasien
Vom intelligenten Charme der LED-Technologie hat sich unter anderem der Stardesigner Karim Rashid aus New York beflügeln lassen, als er kürzlich für den slowenischen Küchengerätehersteller Gorenje einen Einbau-Backofen, Kochfelder und eine Dunstabzugshaube entwarf. Seine Geräte wurden in der Front mit LED-Lichtstreifen ausgestattet, die ein stolzer Küchenbesitzer je nach Stimmung oder Publikum farblich konfigurieren kann. Technische Extras wie "Touch Control-Bedienung“, "Control-Sensorsteuerung“, "HiLight-Dreikreis-Kochzone“ oder "Power-Boost-Funktion“ lassen das Männerherz ebenfalls höher schlagen.
Dass ein internationaler Top-Gestalter wie Karim Rashid sich dem Thema Küche widmet, war vor einigen Jahren undenkbar. Erst, seit Männer die Küche als neues Terrain entdeckt haben, kommen die Designer. Und so stellte auch der französische Popdesigner Philippe Starck zur diesjährigen Kölner Küchenmesse LivingKitchen im Januar seine Küchenvisionen für Warendorf Küchen (ehemals Miele) vor. Ganz Mann, verriet er im Interview: "Ich mag die Starck by Warendorf Stahlküche ohne jede Dekoration.“
Nach seinem Ideal von einer Küche befragt, antwortete der unkonventionelle Franzose jedoch differenzierter: "Die Küche ist die Feuerstelle eines Hauses. Eine gute Küche erkennen Sie daran, dass Sie sich dort gerne mit Ihren Liebsten aufhalten würden. Die Küche ist heute ein echter Lebensraum, in dem die Familie zusammenkommt.“ Damit läutet der weitsichtige Franzose bereits die nächste Küchenära ein. Nach der Frauen- und Männerküche kommt schon bald die Familienküche – technische Raffinesse und Gemütlichkeit friedlich vereint.