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Zervikale Dystonie: Wenn Kopf und Hals sich unwillkürlich bewegen


Zervikale Dystonie
Wenn Hals und Nacken sich gegen den eigenen Willen bewegen


Aktualisiert am 07.01.2025Lesedauer: 4 Min.
Bei Menschen mit zervikaler Dystonie dreht oder beugt sich der Kopf immer wieder unkontrolliert und unbeeinflussbar in eine bestimmte Richtung.Vergrößern des Bildes
Bei Menschen mit zervikaler Dystonie dreht oder beugt sich der Kopf immer wieder unkontrolliert und unbeeinflussbar in eine bestimmte Richtung. (Quelle: Pekic/getty-images-bilder)
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Bewegen sich Kopf und Hals unwillkürlich, ist möglicherweise eine zervikale Dystonie die Ursache. Welche Symptome charakteristisch sind.

Menschen mit zervikaler Dystonie haben nicht selten einen langen Leidensweg hinter sich. Bei der umgangssprachlich auch als "Schiefhals" bekannten Erkrankung kommt es zu unwillkürlichen Bewegungen des Halses: Dadurch dreht oder neigt sich der Kopf – ohne dass Betroffene etwas dagegen tun können.

Was ist eine Dystonie?

In Deutschland sind nach einer Schätzung der Deutschen Dystonie Gesellschaft e. V. (DDG) etwa 160.000 Menschen von einer Dystonie betroffen. Dabei handelt es sich um eine Fehlfunktion bei der Kontrolle von Bewegungen, die vom Gehirn ausgeht und nicht beeinflussbar ist. Es kommt zu unkontrollierbarer Aktivität bestimmter Muskelgruppen und in Folge zu teils sehr schmerzhaften Fehlhaltungen oder Fehlbewegungen.

Aktuell geht man bei den Dystonien von einer zentralen Störung im Netzwerk der Basalganglien, des Kleinhirns (Cerebellum) und der Großhirnrinde (Kortex) aus, also denjenigen Regelkreisen des Gehirns, die für Bewegungsabläufe bedeutsam sind.

Zervikale Dystonie ist häufigste Dystonie

Die häufigste Dystonie ist die zervikale Dystonie, auch Torticollis spasmodicus oder "Schiefhals" genannt. Bei der zervikalen Dystonie bewegt sich der Hals von selbst – ohne dass Betroffene die Bewegung steuern können. Die ungewollte Bewegung wird durch plötzliche Muskelkontraktionen (Spasmen) verursacht. Bei der zervikalen Dystonie kann sich der Hals auf unterschiedliche Weise bewegen:

  • seitwärts neigen (Lateracollis)
  • drehen (Torticollis)
  • nach vorne beugen (Anterocollis)
  • nach hinten beugen (Retrocollis)

Ursachen: Woher kommt der schiefe Hals?

Die Erkrankung tritt oft im Erwachsenenalter erstmals auf – meist zwischen dem 20. und dem 60. Lebensjahr. Frauen sind häufiger betroffen als Männer. In den meisten Fällen ist die Ursache der nicht steuerbaren Muskelkontraktionen unklar. Bei manchen Menschen liegt dem Schiefhals eine Genmutation zugrunde. Laut der Leitlinie "Dystonie" der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) finden sich bei etwa 25 Prozent der Patienten weitere Fälle in der Familie.

Ebenso wurde beobachtet, dass einige Dystonien mit einer Schädigung/Verletzung des Gehirns oder der Hals- und Nackenmuskeln auftreten. Auch nach langer Einnahme von bestimmten neuroleptischen Medikamenten oder Psychopharmaka kann sich eine Dystonie entwickeln. Innere Anspannung wie Stress und emotionale Probleme können einen spastischen Schiefhals unter Umständen verstärken. Dystonie gilt als unheilbar.

Symptome der zervikalen Dystonie: Schiefhals erkennen

In den meisten Fällen entwickeln sich die Symptome langsam. Ein mögliches Anfangssymptom ist das unwillkürliche Seitwärtsdrehen des Kopfes – eine Kopfbewegung wie beim Neinsagen. Teilweise hebt sich die Schulter mit an (Schulterhochstand). Die Kontraktionen der Muskeln lösen bei den Betroffenen oft erhebliche Schmerzen aus. Manche haben mit Schwindel zu kämpfen. Die Bewegungen können rhythmisch oder unregelmäßig sein. Während es bei manchen Menschen zu phasenweise auftretenden Muskelkontraktionen kommt, ziehen sich bei anderen die Muskeln dauerhaft zusammen. Im Schlaf lassen die Muskelkrämpfe nach.

Die ungewollten Halsbewegungen sowie der schiefe Hals sind für die Betroffenen mit einem enormen Leidensdruck verbunden. Die Lebensqualität ist oft erheblich eingeschränkt. Viele Menschen mit Dystonie ziehen sich immer mehr aus ihrem sozialen Umfeld zurück. Scham und Unsicherheit begleiten die Krankheit häufig, und auch das Selbstwertgefühl leidet oft. Das Risiko, eine Depression oder Angststörung zu entwickeln, ist bei den Betroffenen erhöht. Viele suchen begleitend Hilfe in einer psychotherapeutischen Praxis.

Verlauf der zervikalen Dystonie

In den ersten fünf Jahren nach Beginn der Erkrankung verstärkt sich das Symptombild meist. Danach stabilisiert sich das Beschwerdebild der Spasmen häufig. Manchmal schwinden die Symptome. Schätzungen zufolge nehmen die Beschwerden bei etwa 10 bis 15 Prozent der Betroffenen mit der Zeit ab. Ein Rückgang der Muskelkontraktionen ist vor allem dann wahrscheinlich, wenn die Erkrankung in jungen Jahren eingesetzt hat. Dennoch ist nicht ganz auszuschließen, dass sich die Beschwerden wieder verstärken. Manche Betroffene haben ihr Leben lang mit den unerwünschten Fehlstellungen zu kämpfen. Mögliche Folgen des Schiefhalses können beispielsweise Verschleißerscheinungen der Halswirbelsäule und Nerveneinklemmungen sein.

Therapie der zervikalen Dystonie: Schiefhals behandeln

Angaben der DDG zufolge gilt die Behandlung mit Botulinumtoxin als wirksamste Therapie. Das Nervengift, das von der Bakterienart Clostridium botulinum gebildet wird, lässt die Muskeln erschlaffen und wirkt dadurch den unkontrollierbaren Bewegungen des Halses entgegen. In den Muskel gespritzt, kann Botulinumtoxin seine Wirkung entfalten. Wie die DDG erklärt, gelangt das Toxin von dort über eine Verbindungsstelle in den Nerv. Am Nervenende angelangt, verhindert es die Freisetzung von Acetylcholin – einer für alle Bewegungsabläufe notwendigen Substanz. Ohne diesen Überträgerstoff (Neurotransmitter) erschlafft der Muskel. Die Behandlung mit Botulinumtoxin muss regelmäßig wiederholt werden. In einigen Fällen nimmt die Wirksamkeit des Toxins mit der Zeit ab, wenn sich neutralisierende Antikörper gegen das Toxin bilden.

Physiotherapie, Medikamente und THS bei zervikaler Dystonie

Ergänzt wird die Therapie der zervikalen Dystonie durch eine individuell auf den Patienten abgestimmte Physiotherapie. Betroffene müssen die Übungen beim Physiotherapeuten wie auch zu Hause regelmäßig durchführen. Das Muskeltraining kann die Flexibilität der Muskeln fördern und die Kontraktionsintensität oder -häufigkeit dadurch oft lindern. Ebenso hilft die Physiotherapie dabei, zu erkennen, welche Bewegungen unter Umständen die Spasmen verstärken. Diese lassen sich dann leichter vermeiden. Bei sehr stark betroffenen Patienten kommt die Physiotherapie oft an ihre Grenzen – und nur eine geringe Linderung lässt sich erzielen. Manche Betroffene machen zudem gute Erfahrungen mit Entspannungstechniken wie Muskelentspannung und Massagen.

Medikamente können ebenfalls Bestandteil der Therapie sein. Zu den von Neurologen verschriebenen Medikamenten gehören unter anderem:

  • L-Dopa (Arzneistoff zur Parkinsonbehandlung)
  • Benzodiazepine (Beruhigungsmittel)
  • Anticholinergika (Hemmen die Wirkung von Acetylcholin)
  • Baclofen (Muskelrelaxans)
  • Neuroleptika, etwa ein Antiepileptikum

Bei schweren Fällen kann unter Umständen eine tiefe Hirnstimulation, kurz THS, erwogen werden. In speziell dafür eingerichteten Kliniken setzen ausgebildete Fachärzte kleine Elektroden in das Gehirn ein. Über die elektrische Stimulation können Signalwege beeinflusst und Überbewegungen gelindert oder beseitigt werden. Da der Eingriff mit Risiken verbunden ist, sollte er gut überlegt sein.

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
Verwendete Quellen
  • awmf.org: "S1-Leitlinie Dystonie". Leitlinie (PDF) der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN). AWMF-Register-Nr. 030-039 (Abrufdatum: 9.12.2024)

Quellen anzeigenSymbolbild nach unten

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