Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.
Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Arzt appelliert an Ungeimpfte Rettet Leben – lasst euch impfen
Die Inzidenzen steigen weiter, während sich weiterhin Millionen Menschen nicht impfen lassen möchten. Der Arzt Christoph Schönle wünscht sich im Gastbeitrag bei t-online ein Machtwort – und erklärt auch, warum.
Jeden Tag sterben aktuell mehr als 300 Menschen am Coronavirus, und das auf eine jämmerliche Art, die man nicht selbst erleben möchte. Würde die gleiche Anzahl bei einem Verkehrsunfall, Großbrand oder Schiffsuntergang sterben, wäre der Aufschrei in der Bevölkerung groß und die Staatsanwaltschaft würde nach dem Schuldigen suchen. Täglich.
Bei der Corona-Pandemie ist das anders. Letztes Jahr war die Sterberate auch schon hoch und es wurde erst einmal wochenlang in den Medien diskutiert, ob man "an" oder "mit" dem Virus stirbt.
Wie unsinnig und überflüssig diese verbale Haarspalterei war, sei hier als Glosse beschrieben: Wenn man von einer Zecke gebissen wird und dann an einer von ihr übertragenen Hirnhautentzündung stirbt, dann kann man "an" einer Zecke sterben – oder auch "mit", wenn sich die Zecke später noch mit im Sarg befindet.
Viel wichtiger waren frühzeitige Maßnahmen wie Quarantäne, das Einhalten des Abstandes zu anderen Personen, die Vermeidung vom Einatmen von Aerosolen und die Desinfektion der Hände.
Maßnahmen sind schon aus Zeiten der Pest bekannt
Derartige Vorkehrungen sind nicht neu, sie wurden schon vor genau 100 Jahren bei der Spanischen Grippe – bei der etwa 20 bis 50 Millionen Menschen starben – erfolgreich angewendet. Und selbst in den Jahrhunderten davor wusste man, dass sich die Pest durch Anhusten und Kontakt mit Erkrankten rasend schnell verbreitete. Die damals in den Pestregionen tätigen Ärzte trugen Lederhauben mit Glasbrillen, und über einen langen Schnabel, in dem Kräuter die Luft filterten, widerstanden sie der Ansteckungsgefahr.
Dr. med. Christoph Schönle ist Arzt für Orthopädie, Physikalische und Rehabilitative Medizin, Sportmedizin, Chirotherapie, Osteopathie, Sozialmedizin. Er hat diesen Text als Gastbeitrag bei t-online verfasst.
Leider waren diese Utensilien beim Ausbruch der Covid-19-Epidemie im Jahre 2020 nicht mehr vorhanden, aber auch keine modernen Schutzvisiere und Masken. Die Knappheit dieser einfachen Schutzmittel führte dazu, dass sich viele Ärzte und Zahnärzte im Baumarkt mit Maler- und Lackierervisieren und mit FFP2-Masken ausrüsten mussten.
Wie schäbig es dann auch war, dass einige Mitbürger an diesem Mangel der medizinischen Masken kräftig verdient haben, möge jeder selbst beurteilen.
Höchste Anerkennung für Impfstoff-Forschung
Gleichwohl waren wir alle im Einsatz: Pflegende, Therapeuten, Ärzte; das ganze Praxis- und Klinikpersonal war an vorderster Front und versorgte die Infizierten. Die Gefährlichkeit und Ansteckungsgefahr war allen bewusst – nicht wenige sind auch daran verstorben.
Schließlich wurden im Eiltempo Impfungen entwickelt und getestet, dafür sei der Politik, welche die Forschung unterstützte, inniger Dank und den unermüdlichen Forschern, die Tag und Nacht die Erkenntnisse vorantrieben, höchste Anerkennung ausgesprochen.
Anfang 2021, als die Covid-19-Impfstoffe freigegeben wurden und zur Verfügung standen, konnten die ersten Menschen ihren Impfschutz erhalten. Hier haben die Leiter der Impfzentren, das medizinische Personal, die Ärzte, die Bundeswehr und verschiedene Organisation wie DRK, Johanniter, Malteser und so weiter hervorragende Arbeit geleistet. "Wir haben heute wieder Leben gerettet", das konnte man jeden Tag feststellen.
Nebenwirkungen sind bei allen Impfungen möglich
Natürlich war es trotz vorangegangener Studien nicht ganz klar, wie hoch der Impfschutz tatsächlich sein würde und welche Nebenwirkungen auftreten könnten. Aber schon in den ersten drei Monaten konnte man eine sehr gute Verträglichkeit der mRNA-Impfstoffe dokumentieren. Manche anderen Impfstoffe wurden wegen zwar sehr seltener, aber mitunter schwerer Nebenwirkungen in ihrer Anwendung eingeschränkt.
Nebenwirkungen sind bei allen Impfungen möglich. Dr. Eward Jenner, dem man als Jungen im Jahre 1755 eine kleine Menge von echten Pocken als "Impfung" injizierte, erkrankte dadurch schwer an Pocken. Später als Arzt fand er heraus, dass eine Impfung mit den für den Menschen harmlosen Kuhpocken genauso gut gegen die Erkrankung schützte, ohne dass schwere Nebenwirkungen auftraten.
Seitdem sind viele Impfungen entwickelt worden, beispielsweise gegen Polio, Tetanus oder Diphtherie, an der früher viele Kinder starben. Alle Impfungen können Nebenwirkungen haben. Ich selbst habe 1988 für eine Indienreise eine Pockenimpfung erhalten, bin am gleichen Tag zum Rudern gegangen und hatte anschließend für zwei Tage einen massiv geschwollenen Oberarm. Inzwischen ist das Pockenvirus ausgerottet, weil damals jeder Mensch in jedem Dorf auf der ganzen Welt geimpft wurde.
Ungeimpfte Infizierte sind "Labormäuse" für Mutationen
Heute haben wir wieder ein Virus, das bisher fünf Millionen Todesopfer gefordert hat. Wir haben aber auch gut wirksame Impfstoffe, die viel weniger Nebenwirkungen haben als die meisten anderen Impfstoffe. Dennoch sind viele Millionen Menschen in Deutschland noch nicht geimpft. Sie sind damit nicht nur eine Oase für die Viren, die sich in ihren Körpern vielfach reproduzieren – und auch mutieren – können, sondern sie stecken auch andere Menschen an. Das ist das Wesen und die Überlebensstrategie der Viren. Und diese Infizierten sind – ganz neutral gesehen – die "Labormäuse" für die Virusmutationen – allerdings nicht in einem streng abgeriegelten Gebäudekomplex, sondern in der freien Wildbahn.
Daher kann ich – und viele Tausend meiner Kollegen – diejenigen Menschen nicht verstehen, die sich ohne medizinisch triftigen Grund nicht impfen lassen: Es gibt, außer dem sehr seltenen Nebenwirkungsprofil der Covid-19-Impfungen, kein Argument, weshalb man sich nicht impfen lassen sollte. Tausende von Ärzten bitten ihre Patienten, sich impfen zu lassen. Nur ganz wenige ärztliche Kollegen – etwa 0,05 Prozent – sind gegen die Impfungen.
Viele Meinungen, die wir von Patienten (aber auch von den wenigen Ärzten) gegen die Impfung hören, entbehren einer wissenschaftlichen Grundlage. So ist es nicht richtig, dass man sich durch Homöopathie gegen das Virus schützen kann. Auch die Natur- und Kräuterheilkunde zeigt keine nachgewiesene Schutzwirkung.
In Afrika grassieren noch schwere und tödliche Krankheiten
Auch die Idee zur Aktivierung der Selbstheilungskräfte ist gefährlich: In der geistigen Welt von Rudolf Steiner ("Anthroposophische Menschenkenntnis und Medizin") ist man auch heute noch der Meinung, dass man jede Infektion "durchleben" muss. Das kann beispielsweise bei einer Streptokokken-Infektion wie Scharlach dazu führen, dass Kinder einen Herzschaden zurückbehalten, wenn sie kein Penicillin bekommen.
Rudolf Steiner war wegweisender Philosoph und Pädagoge, aber er hatte wenig Kenntnisse von Anatomie, Physiologie, Pathologie und Krankheiten. Zu seiner Zeit hatten allerdings schon Robert Koch die Bakterien als Krankheitsursachen entdeckt und Emil Behring Impfungen entwickelt. Das ist ein Segen für die Menschheit.
Viele schwere und tödliche Krankheiten sind in Europa durch die Impfungen aus unserem Blickfeld verschwunden. Daher glauben einige Menschen, derartige Krankheiten seien nicht schlimm und man könne auf Impfungen verzichten. In Afrika grassieren diese Krankheiten noch. Hier kann man erleben, wie es den Menschen geht, die keine Impfungen gegen Tetanus, Kinderlähmung oder Masern bekommen haben.
Man möchte einmal sagen: Schluss mit dem Schwachsinn
Ähnlich ist es nun mit Corona. Obwohl inzwischen einer der besten Impfstoffe überhaupt – was die Wirksamkeit und die geringe Nebenwirkungsrate angeht – dagegen entwickelt wurde, sind Millionen von Bundesbürgern nicht gewillt, sich impfen zu lassen. Ihre Argumente dagegen sind weder medizinisch noch wissenschaftlich begründet.
Allerdings werden gerade die abstrusen Theorien begierig von den Medien aufgenommen. In Talkshows dürfen Köche und Angehörige anderer Berufsgruppen ihre Sichtweise über das Virus verbreiten. Jeder Journalist hat zudem seine eigene persönliche Meinung, die in langen Artikeln über das Ungemach und die psychologischen Schäden durch das Tragen einer unbequemen Maske oder über die depressiven Einflüsse eines Verbots von Mega-Partys oder Großveranstaltungen und so weiter publiziert werden. Besser wäre es, auf die Wissenschaftler und Ärzte zu hören und diese zu Wort kommen zu lassen, um die Bevölkerung über die notwendigen Maßnahmen aufzuklären. Viele Menschen sind aber zuvor durch Artikel oder Sendungen in den Medien verunsichert worden.
Man möchte da einmal sagen: Schluss mit dem Schwachsinn! Egal ob man an Rudolf Steiner, Bill Gates, Aliens vom Mars, dunkle Mächte aus den Schwarzen Löchern des Weltalls oder was auch immer glaubt, lasst euch jetzt impfen! Ein derartiges medizinisches Machtwort würde aktuell mehr als 300 Menschen täglich das Leben retten.
Die im Gastbeitrag geäußerten Ansichten geben die Meinungen der Autoren wieder und entsprechen nicht notwendigerweise denen der t-online-Redaktion.
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.