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Corona-Leugner und Impfgegner: Vermehrt Angriffe auf Ärzte und Pflegekräfte


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Impfgegner oder Corona-Leugner
Immer mehr Angriffe auf Ärzte und Pflegekräfte


Aktualisiert am 18.11.2021Lesedauer: 4 Min.
Querdenken-Demo in Sachsen (Symbolbild): Immer wieder kommt es mittlerweile auch zu körperlichen Angriffen der Querdenker gegen Ärzte oder medizinisches Personal.Vergrößern des Bildes
Querdenken-Demo in Sachsen (Symbolbild): Immer wieder kommt es mittlerweile auch zu körperlichen Angriffen der Querdenker gegen Ärzte oder medizinisches Personal. (Quelle: xcitepress/imago-images-bilder)

2G, Einschränkungen nur für Ungeimpfte, Diskussionen über eine Impfpflicht: Nicht erst jetzt droht Deutschland in zwei Lager zu zerfallen. Und eines davon scheint sogar gewaltbereit zu sein.

Angesichts der angespannten Corona-Lage warnen nicht nur Gewerkschaften jetzt vor einer wachsenden Aggressivität gegenüber Ärzten und Pflegekräften. Laut Bundeskriminalamt (BKA) schrecken Impfgegner auch vor körperlicher Gewalt nicht zurück. t-online hat dazu mit dem Impfarzt Holger Röblitz und dem Präsidenten der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, gesprochen.

Impfgegner und Corona-Leugner als "relevantes Risiko"

Das BKA hatte bereits vor einigen Tagen erklärt, dass es Impfgegner oder Corona-Leugner als "relevantes Risiko" im Zusammenhang mit Angriffen auf Impfzentren oder Arztpraxen einschätze. Für das "dort tätige Personal besteht die Gefahr, zumindest verbalen Anfeindungen bis hin zu Straftaten" wie etwa Körperverletzung ausgesetzt zu sein, teilte das BKA der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" mit.

Klaus Reinhardt hat zwar persönlich keine Erfahrungen mit Gewalt machen müssen. Aber er kennt Erhebungen und Berichte von Kolleginnen und Kollegen. "Wir wissen aus verschiedenen Ärztekammern, dass es Kurse zur Deeskalationsstrategie gibt, die in der letzten Zeit extrem gut besucht sind", erklärt der Präsident der Bundesärztekammer. Das spreche dafür, dass die Ärztinnen und Ärzte eine Zunahme aggressiven Verhaltens registrieren.

(Quelle: imago images/Lopata/axentis.de)


Dr. Klaus Reinhardt ist seit 2019 Präsident der Bundesärztekammer. Zudem ist der 61-Jährige Facharzt für Allgemeinmedizin und seit 2011 Vorsitzender des Hartmannbundes.

Und obwohl er nicht für eine Impfpflicht ist, hält Reinhardt es nicht für gerecht, wenn Geimpfte die gleichen Einschränkungen hinnehmen müssten, wie Ungeimpfte. "Die Intensivstationen laufen voll. Dazu tragen die Ungeimpften in überproportionalem Maße bei", betont er. Deshalb sei es aus seiner Sicht gerecht, die 2G-Regel im öffentlichen Raum einzuführen. Auch das Verschieben von Operationen oder die Verlegung von Patienten in andere Kliniken wäre laut Reinhardt nicht notwendig, wenn die Millionen Ungeimpften "sich ein Herz fassten und sich auch impfen lassen würden."

Vor allem verbale Gewalt hat an Schärfe zugenommen

"Ärztinnen und Ärzte berichten in der Pandemie immer öfter von Anfeindungen und Drohungen", sagte die Vorsitzende der Ärztegewerkschaft Marburger Bund, Susanne Johna, den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Insbesondere diejenigen, die für das Impfen werben würden, erlebten oft direkte Bedrohungen. Johna erklärte, vor allem die verbale Gewalt habe an Häufigkeit und Schärfe zugenommen. Sie selbst habe bereits viele Drohmails bekommen. "Ich bin gezwungen, praktisch täglich auf meinen Accounts bei Twitter und Facebook Personen zu sperren."

Das bestätigt auch Holger Röblitz. Als Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin impft er mittlerweile auch Kinder und Jugendliche, vor allem aber deren Eltern gegen das Coronavirus. Anfeindungen gegen Ärzte seien etwas, "das – auch unabhängig von den Impfungen – in Zeiten der Pandemie stark zugenommen hat", erzählt er.


"Wenn es um rein physische Gewalt geht: Das haben wir bisher glücklicherweise nicht erleben müssen. Aber uns ist es schon so ergangen, dass vor allem die, die auch in der Öffentlichkeit stehen und beispielsweise Interviews geben, einiges erleben. Und auch bei uns in der Praxis ist es häufiger vorgekommen, dass es lauter wird, Türen geknallt werden oder anders dem Unmut Raum gegeben wird."

(Quelle: privat/Holger Röblitz)


Holger Röblitz ist Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin, Allergologie und Kinderpneumologie. Er war bereits als Impfarzt im Corona-Impfzentrum Arena in Berlin-Treptow im Einsatz und hat auch in seiner Praxis zahlreichen Menschen eine Impfung gegen SARS-CoV-2 verabreicht.

Angriffe auch gegen Pflegepersonal

Auch Vertreter der Pflegekräfte warnen vor zunehmender Angriffslust. "Wir beobachten, dass Patientinnen und Patienten aggressiver und ungehaltener reagieren, als wir das bisher kannten", sagte Grit Genster, Expertin für den Bereich Gesundheitswesen bei der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi. Das sei besonders bei der Durchsetzung coronabedingter Hygiene-Maßnahmen wie Isolation, Kontaktbeschränkungen, Maskenpflicht oder bei PCR-Tests der Fall. Es komme dann oft zu Konflikten zwischen Pflegekräften und Patienten, aber auch zu Auseinandersetzungen mit den Angehörigen.

Welche Ursachen stecken hinter der Zunahme an Anfeindungen?

Reinhardt vermutet, dass die Entwicklung "Ausdruck der Polarisierung der Gesellschaft" ist. Teile der Bevölkerung bewegten sich demnach immer weiter an die Ränder und es gebe immer weniger Bereitschaft, Standpunkte anderer Menschen zu akzeptieren. "So gerät der Wert von Pluralität aus dem Blick, andere Meinungen werden viel zu häufig nicht mehr toleriert", so Reinhardt.

Über die Ursache lasse sich spekulieren, aber sowohl die mangelnde Vorbildfunktion in der Politik als auch die Getriebenheit der Medien, Klickzahlen oder Einschaltquoten zu erhöhen, seien mit verantwortlich. "Auch die Tatsache, dass es im Internet die Möglichkeit gibt, sehr verquere Gedanken ohne großen Aufwand weit bekannt zu machen, trägt mit dazu bei", erläutert Reinhardt. So würden Fake-News über Corona und Impfungen verbreitet, die von Vielen ungeprüft übernommen werden. "Das verunsichert viele Menschen. Bei anderen verstärken Fake News Wut und Aggression. Das führt auch dazu, dass mittlerweile diejenigen angegriffen werden, die eigentlich da sind, um anderen zu helfen."

Welche Lösungen könnte es geben?

Da die Ursachen nicht "mit einem kleinen Kniff" beseitigt werden könnten, stehe die Gesellschaft vor einer schwierigen Aufgabe, erklärt Reinhardt. "Das erste ist, dass es eine ganz klare gesellschaftliche Ächtung dieses Verhaltens geben muss", sagt Reinhardt. Dass Rettungskräfte angegangen oder Menschen in der Arztpraxis ungehalten werden, weil sie beispielsweise einen Corona-Test machen müssen, sei "absolut inakzeptabel ".

Darüber hinaus müsse es bei verbaler wie auch körperlicher Gewalt rechtliche Konsequenzen geben, die dann auch durchgesetzt werden. "Auf der anderen Seite braucht es eine Debatte über Pluralität, das ist allerdings ein langwieriger Prozess", ist Reinhardt überzeugt.

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Interview mit Klaus Reinhardt
  • Interview mit Holger Röblitz
  • Nachrichtenagentur dpa
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