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Corona-Pandemie: Welchen Einfluss haben Kinder und Jugendliche?


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"Ich finde es verantwortungslos"
Die unterschätzte Corona-Gefahr durch Schulen und Kitas


Aktualisiert am 25.03.2021Lesedauer: 4 Min.
Schüler in Lichterfelde: Kaum sind Schulen und Kitas wieder geöffnet, steigen auch die Corona-Infektionszahlen wieder an.Vergrößern des Bildes
Schüler in Lichterfelde: Kaum sind Schulen und Kitas wieder geöffnet, steigen auch die Corona-Infektionszahlen wieder an. (Quelle: Belga/imago-images-bilder)

Schulen und Kitas sind zumindest teilweise wieder geöffnet. Gleichzeitig steigen die Infektionszahlen an und mittlerweile sind auch immer mehr junge Menschen betroffen. Was bedeutet das für die Krise?

Während sich in den ersten Monaten der Corona-Pandemie vor allem ältere Menschen mit dem Virus infizierten und teils schwer erkrankten, steigen in den vergangenen Monaten die Zahlen der infizierten Kinder und Jugendlichen. Zusätzlich hat auch die jüngere Altersgruppe immer häufiger einen schweren Covid-19-Verlauf. Wie lässt sich das erklären und welchen Einfluss hat diese Entwicklung auf den Verlauf der Pandemie?

Wie haben sich die Infektionszahlen bei Kindern und Jugendlichen entwickelt?

Im Situationsbericht vom 23. März schreibt das Robert Koch-Institut (RKI): "Die Sieben-Tage-Inzidenz nimmt insbesondere in den Altersgruppen unter 60 Jahre, Kinder eingeschlossen, deutlich zu." Die hohen bundesweiten Fallzahlen werden demnach "durch zumeist diffuse Geschehen mit zahlreichen Häufungen insbesondere in privaten Haushalten, zunehmend auch in Kitas, Schulen und im beruflichen Umfeld verursacht."

Der stärkste Anstieg der Inzidenz ist zudem bei Kindern zwischen null und 14 Jahren zu beobachten. Dort haben sich die Sieben-Tage-Inzidenzen in den letzten vier Wochen mehr als verdoppelt.

Das Robert Koch-Institut gibt zudem auch genaue Zahlen zu Infektionen an Schulen und in Kitas an. Von insgesamt 67.920 infizierten Kindern und Jugendlichen in Kitas, Horten, Schulen und Ferienlagern gab es demnach 8.260 Fälle in Kitas und 24.140 in Schulen, bei mehr als 30.000 Fällen gibt es keine differenzierte Angabe zum genauen Ort. Hinzu kommen rund 34.600 Infizierte, die in den Einrichtungen mit Kindern und Jugendlichen angestellt sind.

Wie schwer erkranken Kinder und Jugendliche an Covid-19?

Wie der NDR berichtet, zeigen viele infizierte Kinder gar keine Symptome. Häufig seien die Symptome zudem unspezifisch, weshalb nicht gleich an eine Corona-Infektion gedacht werde. Kinder leiden demnach vor allem an Fieber, Husten, Halsschmerzen und Bauchschmerzen. Jugendliche hingegen zeigen schon eher Symptome wie Erwachsene und haben Fieber, Gliederschmerzen und oft auch Geruchs- und Geschmacksstörungen.

(Quelle: Universität Leipzig)


Prof. Dr. Markus Scholz leitet am Institut für Medizinische Informatik, Statistik und Epidemiologie (IMISE) der Universität Leipzig eine Arbeitsgruppe zur Genetischen Statistik und Systembiologie. Seine Arbeitsgruppe untersucht aktuell auch die Corona-Pandemie.

Bislang sind dem RKI elf bestätigte Covid-19-Todesfälle bei unter 20-Jährigen in Deutschland bekannt. Die Kinder und Jugendlichen waren zwischen null und 17 Jahren alt, bei acht dieser elf Fälle waren Vorerkrankungen bekannt. Bereits 2020 zeigte eine europaweite Studie laut "Ärzteblatt", dass auch Kinder schwere Krankheitsverläufe erleiden können. Viele der Kinder seien "aus heiterem Himmel" erkrankt, das häufigste Symptom sei Fieber, 16 Prozent der Kinder litten demnach allerdings auch unter gar keinen Symptomen.

Mittlerweile hat auch die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) in ihrem Tagesreport Informationen zu Kinderintensivkapazitäten verankert. Demnach gibt es aktuell (Stand: 24. März 2021) rund 1.900 belegte und rund 900 freie Plätze für Kinder auf deutschen Intensivstationen. Nicht aufgeschlüsselt wird hingegen, weshalb die Kinder auf der Intensivstation liegen.

Welche Rolle spielen jüngere Menschen bei der Pandemie?

"Es steht außer Frage, dass Kinder und Jugendliche eine Rolle bei der Übertragung des Virus spielen", erklärt die australische Epidemiologin Zoë Hyde. Eine Studie mit mehr als zwölf Millionen Erwachsenen in England habe gezeigt, dass Menschen, die mit Kindern leben, häufiger infiziert werden. Das Risiko war der Studie zufolge am größten, als die Schulen während der zweiten Welle geöffnet waren.

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Auch der Epidemiologe Markus Scholz erklärte auf t-online-Anfrage: "In der dritten Welle sind Kinder und Jugendliche sehr stark betroffen. Seit Öffnung der Grundschulen am 15.2. in Sachsen haben sich die Inzidenzen in dieser Altersgruppe mehr als verdreifacht, während die der anderen Altersgruppen höchstens leicht gestiegen sind. Dieser Trend ist mittlerweile für ganz Deutschland zu beobachten."

Das bestätigt auch Hajo Zeeb, ebenfalls Epidemiologe: "Bundesweit scheinen in dieser Altersgruppe allmählich die Zahlen anzusteigen; Schulen spielen eine Rolle dabei, weil sich dort natürlich mehr Kontakte ergeben."

Prof. Dr. Hajo Zeeb leitet seit Januar 2010 die Abteilung Prävention und Evaluation am Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie in Bremen. Zeeb promovierte an der RWTH Aachen zum Dr. med. und arbeitete einige Jahre als Arzt in deutschen und englischen Kliniken, bevor er für drei Jahre als Medical Officer nach Namibia ging.

Welche Konsequenzen sollte die Entwicklung für die Öffnung von Schulen und Kitas haben?

Scholz kritisierte: "Ich finde es verantwortungslos, dass der Bereich Kita und Grundschule aktuell kaum abgesichert wird. Damit sind Familien quasi schutzlos den Einträgen aus diesen Bereichen ausgeliefert." Es sei dringend notwendig, flächendeckende Schnell- oder Selbsttests auch für Kinder einzuführen. Grundschulen sollten zudem laut Scholz wie die Gymnasien bundesweit zum Wechselunterricht übergehen oder eine Maskenpflicht im Unterricht einführen.

Auch der Bundeselternrat fordert tägliche Schnelltests für Kinder und Jugendliche, die in die Schulen kommen. Es müsse tägliche Testungen an den Schulen für die Schüler, Schülerinnen und alle in der Schule Beschäftigten geben, sagte Vorstandsmitglied Sabrina Wetzel den Zeitungen der "Funke Mediengruppe". Weitere nötige Maßnahmen seien der Einbau von Lüftungsanlagen, Hygienekonzepte, der Einsatz zusätzlicher Verkehrsmittel vor allem im ländlichen Raum, sowie kleine Klassenverbände durch Wechselunterricht. Der Besuch der Schule müsse sicher sein. "Die steigenden Inzidenzwerte machen den Eltern Sorgen", sagte Wetzel.

(Quelle: University of Western Australia)


Dr. Zoë Hyde ist eine australische Epidemiologin, die unter anderem zum Coronavirus bei Kindern forscht und sich mit dem deutschen und europäischen Umgang mit der Pandemie befasst.

Die Vorschläge zu Testungen unterstützt auch Zeeb: "Schulen dürften ein sehr sinnvoller Ort für die Durchführung von Schnelltests sein, um schnell mögliche Infektionsketten zu erkennen und unterbinden." Neben guten Hygienemaßnahmen solle "das Thema digitaler und Halbgruppenunterricht sicher weiter erhalten bleiben, bis sich die Infektionen nachhaltig vermindert haben".

Laut Zoë Hyde habe Deutschland eine Art "Pandemiebudget" und müsse entscheiden, ob es für Schulen oder Restaurants und Museen ausgegeben wird. "Wenn das Virus nicht beseitigt wird, können Sie nicht beides haben. Ich denke, es steht außer Frage, dass Schulen priorisiert werden sollten." Hyde gibt aber auch zu bedenken, dass es nicht wie gewohnt weitergehen kann in den Schulen. Sie empfiehlt Masken für alle Schüler, Belüftung und kleinere Gruppengrößen.

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
Verwendete Quellen
  • Anfragen an Markus Scholz, Hajo Zeeb, Zoë Hyde
  • RKI-Situationsbericht vom 23. März 2021
  • NDR: "Corona: Experten fürchten Zunahme der Erkrankungen bei Kindern", 16. März 2021.
  • Ärzteblatt: "SARS-CoV-2-Infektion: Kinder reagieren auf Viren anders als Erwachsene", Medizinreport 2020.
  • Nachrichtenagentur Reuters
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