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Corona-Ausbruch: Reicht Jens Spahns Strategie gegen die Mutationen?


Sorge wegen neuer Virus-Varianten
So will Spahn gegen die Corona-Mutationen vorgehen

Von afp, nsa, TiK, job

Aktualisiert am 13.01.2021Lesedauer: 5 Min.
Jens Spahn: Der Bundesgesundheitsminister plant angesichts neuer Coronavirus-Varianten verschärfte Einreiseregeln und mehr Untersuchungen des Virenerbguts in Deutschland.Vergrößern des Bildes
Jens Spahn: Der Bundesgesundheitsminister plant angesichts neuer Coronavirus-Varianten verschärfte Einreiseregeln und mehr Untersuchungen des Virenerbguts in Deutschland. (Quelle: Jens Schicke/imago-images-bilder)
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Die besonders ansteckenden Corona-Varianten aus Großbritannien und Südafrika schüren auch in Deutschland Sorgen. Der Gesundheitsminister reagiert nun. Was Spahn plant und was die Mutationen für die Entwicklung der Pandemie in Deutschland bedeuten könnten.

Die Befürchtung war von Anfang an da – nun ist sie Realität geworden: Das Coronavirus ist mutiert und hat sowohl in Großbritannien als auch in Südafrika offenbar deutlich ansteckendere Varianten hervorgebracht.

Stetige Veränderungen von Erregern sind an sich nicht ungewöhnlich. Das gilt auch für SARS-CoV-2. Doch dass nun binnen kurzer Zeit mehrere heikle Varianten aufgetaucht sind, ruft auch in Deutschland die Politik auf den Plan. Denn die Mutationen gelten als wesentlich ansteckender – bei der britischen Variante gehen Experten von einer etwa 50 bis 70 Prozent höheren Infektiosität aus – und sie haben bereits den Sprung in etliche andere Länder geschafft.

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Die deutsche Politik ist seit den Meldungen über die ansteckenderen Varianten alarmiert. Auch Forscher sehen eindeutig Handlungsbedarf, weil die mutierten Versionen die Ausbreitung von Corona beschleunigen.

Corona-Mutationen in Deutschland: Wie verbreitet sind sie schon?

Genaue Zahlen zur Ausbreitung der südafrikanischen und britischen Mutationen in Deutschland gibt es noch nicht, weil bislang kaum gezielt nach solchen Veränderungen gesucht wurde. Laut Daten des Robert Koch-Instituts von vergangener Woche sind bislang vier Fälle nachgewiesen worden, in Großbritannien sind es bereits etliche tausend.

Klar ist aber: Insbesondere die britische Version B.1.1.7 verstreut sich nachweislich schon rasch über die Welt. Die europäische Seuchenschutzbehörde ECDC listet diesbezüglich in ihrem Risikobericht bereits mehr als 20 Staaten auf. Die "New York Times" zählte kürzlich sogar schon 33 Länder – darunter unter anderem Deutschland, Irland, Dänemark, die USA und Indien.

Manche Experten halten es aber nicht für ausgeschlossen, dass die Varianten in Deutschland schon präsent genug sind, um einen spürbaren – negativen – Einfluss auf die Infektionszahlen zu haben. So sagte Hajo Zeeb vom Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie in Bremen der Deutschen Presse-Agentur, es sei zwar unklar, wie stark die wohl ansteckendere Coronavirus-Variante B.1.1.7 in Deutschland schon verbreitet ist. Der Anteil untersuchter Proben sei viel zu gering, um Rückschlüsse darauf zu ziehen. Dass das Sinken der Neuinfektionszahlen nur sehr langsam vorankomme, könne aber ein Indiz dafür sein, dass sich das Virus an manchen Stellen verändert habe.

Wie reagiert die Bundesregierung auf die Corona-Varianten aus Großbritannien und Südafrika?

Die mittlerweile verschärften Corona-Maßnahmen wurden zumindest zum Teil mit den neuen Mutationen begründet. Zudem will die Bundesregierung laut einem Bericht in der "Ärzte Zeitung" künftig mehr repräsentative Daten zu der Frage bekommen, wie sehr sich die bekannten oder künftige neue Virus-Varianten hierzulande verbreiten. Ein entsprechender Verordnungsentwurf wird voraussichtlich am Mittwoch vom Bundeskabinett abgesegnet.

Künftig sollen demnach, je nach Inzidenz, in Deutschland fünf bis zehn Prozent der positiven Corona-Tests auf Veränderungen im Virenerbgut analysiert werden. Die Labore sollen dazu verpflichtet werden, öfter als bislang das Erbgut in den Corona-Proben zu untersuchen und die Genomsequenzdaten an das Robert Koch-Institut zu senden. Dafür sollen die Labore jeweils 200 Euro bekommen.

Warum testet Deutschland bislang kaum auf Mutationen?

In Deutschland wird bislang nur ein geringer Teil der Proben auf Veränderungen im Erbgut des Virus untersucht. Zum Vergleich: Während in Großbritannien jede 15. Corona-Probe auf ihren genetischen Bauplan hin untersucht wird, ist es in Deutschland nur jede 900., wie Recherchen von NDR, WDR und "Süddeutscher Zeitung" zeigen. Der Hauptgrund: Der Laboraufwand und die Kosten für Gensequenzierungen sind verhältnismäßig groß und auch die Auswertung der Tests verlängert sich dadurch zeitlich.

Der Virologe Christian Drosten erklärte im jüngsten NDR-Podcast "Coronavirus-Update" dazu: "Alle Länder in Europa werden wenig sequenzieren, weil das einfach nun mal unter normalen Umständen, also sprechen wir mal von Influenza oder so, nicht unbedingt notwendig ist, dass jedes Virus immer sequenziert wird." Ausnahmen seien hier nur Großbritannien und Dänemark aufgrund einer anderen Forschungstradition.

"Diese Viren verändern sich in großen geografischen Räumen über Zeiträume, bei denen es auch reicht, pro Woche ein paar Viren zu sequenzieren", so Drosten. Dann sehe man schon die Änderung. Wichtig sei deshalb besonders, dass große geografische Räume abgedeckt würden.

Drosten begrüßte aber Deutschlands Pläne für mehr Erbgut-Tests : "Man muss das wirklich ernst nehmen und muss dementsprechend auch in Deutschland verstärkt nach der Mutation schauen". Er gehe davon aus, dass sich auch in Deutschland in den kommenden Wochen ein deutsches Cluster der britischen Variante zeigen werde, so der Forscher von der Berliner Charité.

Schärfere Regeln bei Einreisen: Das plant Spahn noch

Besonderes Augenmerk legt die Bundesregierung auch auf das Thema Einreisende. Der Tourismusbeauftrage der Bundesregierung, Thomas Bareiß (CDU), mahnte am Montag, hinsichtlich jener Regionen, in denen gefährliche Virusmutationen grassieren, "müssen wir wirklich aufpassen". Verbreiteten sich die mutierten Viren verstärkt in Deutschland, gebe es eine schnelle Infektionskette", was unser Gesundheitssystem "enorm belasten" würde.

Der Gesundheitsminister bemüht sich darum mit strengeren Einreiseregeln um Schadensbegrenzung: Per Verordnung will Spahn laut einem Bericht des "Spiegel" unter anderem eine "bundesweit einheitliche Einreisetestpflicht" aus Gebieten einführen, in denen die neuen Varianten umgehen. Reisende aus Großbritannien, Irland und Südafrika müssten demzufolge bei ihrer Einreise in Deutschland einen höchstens 48 Stunden alten Corona-Test vorweisen. Dies würde aufgrund der hohen Sieben-Tages-Inzidenz aktuell auch für Länder wie die USA oder die Schweiz gelten.

Reisende aus den betroffenen Ländern sollen laut dem Entwurf des Gesundheitsministeriums wohl außerdem verpflichtet werden, sich bei einem Online-Reiseportal zu registrieren, das laut "Spiegel" eine Kontrolle der zehntägigen Quarantänepflicht für die Reisenden erleichtern soll. Die nötige Rechtsverordnung soll dem Bericht zufolge bereits ab Donnerstag gelten.

Der Mangel dieser Strategie liegt allerdings auf der Hand. Bei einer Testpflicht nur für Einreisende aus Gebieten, in denen die neuen Viruslinien grassieren oder in denen die Inzidenz besonders hoch ist bleibt ein riskanter blinder Fleck: Länder, in denen die neuen Corona-Varianten zwar noch nicht nachgewiesen wurden und die Inzidenz noch nicht besonders hoch liegt, in denen sie aber schon im Umlauf sind. Wer von dort einreist und nicht der Testpflicht unterliegt, könnte die Mutanten dennoch ins Land tragen.

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Das sagen Politiker der Regierungsparteien zu Spahns Plänen

Politiker aus den Bundestagsfraktionen von Union und SPD halten die Einreise-Reform der Regierung generell für richtig, doch es gibt auch Sorgen. "Wir müssen unbedingt alle Maßnahmen zur Eindämmung der neuen Mutation ergreifen, und zwar rasch", sagte Unionsfraktionsvize Thorsten Frei t-online. "Der irische Fall zeigt, was geschieht, wenn uns das nicht gelingt." Dort steigen die Zahlen rasant.

Auch die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD, Sabine Dittmar, hält einen zusätzlichen Test bei der Einreise für "gut und wichtig". Sie wies aber zugleich auf ein Problem hin: Denn auch Menschen, die nun bei der Einreise negativ getestet werden, müssen wie bisher in Quarantäne – weil der Test bei der Einreise nur eine Momentaufnahme ist und sich Reisende zum Beispiel auch noch im Flugzeug anstecken könnten.

Zu dem zusätzlichen Test bei der Einreise sagte Dittmar deshalb: "Epidemiologisch ist das richtig, für die Akzeptanz der Quarantäneanordnung aus meiner Sicht aber schwierig." Sie mahnte: "Die Quarantäneanordnung muss den Betroffenen sehr gut vermittelt werden." Zusätzlich gab die Politikerin und Ärztin zu Bedenken: "Der Nutzen jeder Testpflicht steht und fällt zudem mit den Kapazitäten, die die Gesundheitsämter vor Ort für die Überwachung der Quarantäne und die Nachverfolgung von Kontakten haben."

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagenturen AFP und dpa
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