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Remdesivir: Was ist das mögliche Coronavirus-Medikament?


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Mögliches Corona-Medikament
Was ist Remdesivir und welche Chancen bietet es?


07.05.2020Lesedauer: 5 Min.
Remdesivir: Seit Monaten liegen viele Hoffnungen auf dem Medikament, das ursprünglich gegen Ebola-Fieber entwickelt wurde.Vergrößern des Bildes
Remdesivir: Seit Monaten liegen viele Hoffnungen auf dem Medikament, das ursprünglich gegen Ebola-Fieber entwickelt wurde. (Quelle: Fotoarena/imago-images-bilder)
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Remdesivir gilt als Hoffnungsträger bei der Behandlung von Patienten mit Covid-19 – nicht erst, seit die USA eine Ausnahmegenehmigung für das Medikament erlassen haben. Doch was ist das eigentlich für ein Wirkstoff?

Seit Monaten setzen Experten große Hoffnungen auf Remdesivir als Medikament gegen das Coronavirus. Im Eiltempo hat der Wirkstoff jetzt in den USA eine Ausnahmegenehmigung für den Covid-19-Einsatz in Kliniken bekommen. Doch wie sieht es in Europa und Deutschland aus?

Was ist Remdesivir?

Remdesivir ist ein experimenteller, noch nicht offiziell als Arzneimittel zugelassener Wirkstoff der Firma Gilead Sciences. Ursprünglich wurde Remdesivir zum Einsatz gegen Ebola- und Marburgvirusinfektionen entwickelt. Das Medikament wird intravenös verabreicht.

Während der Ebola-Epidemie zwischen 2014 und 2016 führte Gilead Tests des Wirkstoffs an Affen durch. Dabei fanden die Forscher heraus, dass Remdesivir in Gewebe des Gehirns, der Augen und der Hoden vordringt, das dem Virus als Rückzugsort zur Vermehrung dient. Bei den klinischen Tests an mit Ebola infizierten Affen konnte so die Vermehrung des Virus unterdrückt werden. Durch Remdesivir gingen die Symptome zurück und die Affen überlebten. Bei einer zweiten Studie 2019 schützte der Wirkstoff vor einer Infektion durch das Nipah-Virus, das eine oft zum Tode führende Gehirnentzündung auslöst.

In Zellkulturen hat Remdesivir außerdem eine Aktivität gegen andere Viren gezeigt, die den Menschen befallen. Darunter waren Marburgvirus, Lassavirus, MERS, SARS, Influenzavirus, Nipah-Virus, Hendra-Virus, Masernvirus und Mumpsvirus. Auch die Vermehrung von SARS-CoV-2 konnte in Zellkulturen nachweislich gehemmt werden.

Die Wirkung von Remdesivir erklärte der Virologe Christian Drosten bereits Ende März im NDR-Podcast. Demnach arbeitet Remdesivir als ein "Hemmer der viralen RNA-Polymerase", also des Replikationsenzyms des Virus. "Das Virus ist ja ein RNA-Virus. Und RNA-Viren können nicht die Vervielfältigungsenzyme des Zellkerns benutzen", erklärt Drosten. "Unser Zellkern hat DNA. Und wenn sich Zellen teilen, dann muss die DNA vervielfältigt werden. Und manche Viren, DNA-Viren häufig, die können diese Vervielfältigungsenzyme für sich selbst benutzen." RNA-Viren hingegen können sich nicht an diese Enzyme halten, um sich zu vermehren. Sie benötigen einen Schritt, bei dem RNA von RNA "abgeschrieben wird". Dazu muss das Virus selbst ein Vermehrungsenzym, die RNA-Polymerase, mitbringen. Und dieses Enzym zur Vermehrung des Virus wird mit Remdesivir gehemmt.

Was sagen Studien und Experten zum Nutzen von Remdesivir?

Eine klinische Studie hat jetzt gezeigt, dass der ursprünglich gegen Ebola entwickelte Wirkstoff bei Covid-Patienten die Zeit bis zu einer Genesung um mehrere Tage verkürzen kann. Ende April hatte das Nationale Institut für Infektionskrankheiten (NIAID) der USA erklärt, Remdesivir habe im Rahmen einer klinischen Studie die Behandlungsdauer deutlich verkürzt. Institutsleiter Anthony Fauci sprach von einer "signifikanten positiven Wirkung bei der Verringerung der Zeit bis zur Genesung".

Die Studie mit mehr als 1.000 Teilnehmern sei mit Kontrollgruppen durchgeführt worden, die Datenerhebung hätten unabhängige Experten begleitet. Patienten mit der vom Coronavirus verursachten Lungenkrankheit Covid-19 waren Fauci zufolge nach durchschnittlich elf Tagen wieder genesen, die Patienten der Kontrollgruppe hingegen erst nach 15 Tagen. Die Resultate müssten noch unabhängig geprüft und veröffentlicht werden, schränkte Fauci ein. Zudem führte das Medikament nur zu einer geringfügig niedrigeren Sterblichkeitsrate.

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Nach Ansicht vieler Experten scheinen die Ergebnisse der US-Studie ausreichend belastbar. Es seien genügend Patienten untersucht worden, unter Therapie mit Remdesivir seien sie früher aus dem Krankenhaus entlassen worden, sagte etwa Clemens Wendtner von der Münchner Klinik Schwabing. "Somit sind wesentliche Endpunkte der Studie erreicht worden, so dass an einer raschen Zulassung der Substanz aus meiner Sicht wenig Zweifel bestehen dürfte."

Laut Christoph Spinner, Infektiologe am Münchner Klinikum Rechts der Isar, der mit Remdesivir gearbeitet hat und von tagesschau.de zitiert wird, ist es das erste Arzneimittel, das in Studien einen positiven Einfluss auf den Verlauf von Covid-19 gezeigt hat. Die Studien seien belastbar und zeigten auch, dass das Medikament im Allgemeinen gut verträglich ist, auch wenn die Erforschung der Nebenwirkungen noch nicht abgeschlossen sei, sagte Spinner in den tagesthemen.

Chinesische Analysen sehen keine Verbesserung

Eine ebenfalls Ende April im Fachmagazin "The Lancet" vorgestellte chinesische Studie kam hingegen zu dem Schluss, dass sich der Zustand der Patienten mit Remdesivir nicht wesentlich verbessert. Aus Patientenmangel wurde diese Studie allerdings frühzeitig abgebrochen.

In die chinesische Studie wurden 237 Patienten aus zehn Krankenhäusern in Wuhan eingeschlossen, dem Ursprungsort der Pandemie. Von ihnen bekamen 158 Remdesivir, 79 ein wirkungsloses Scheinmedikament. Die Forscher stellten keinen statistisch bedeutsamen Einfluss auf die Krankheitsdauer oder die Sterberate fest. Neben dem vorzeitigen Abbruch der Studie weisen sie allerdings auf eine weitere Schwäche hin: Die meisten ihrer Patienten waren erst spät im Krankheitsverlauf mit Remdesivir behandelt worden.

Was bedeutet die Ausnahmegenehmigung in den USA?

Anfang Mai haben die USA den begrenzten Einsatz des Wirkstoffs Remdesivir bei Covid-19-Patienten in Krankenhäusern genehmigt. Die Ausnahmegenehmigung sei angesichts der Coronavirus-Pandemie "in Lichtgeschwindigkeit" zustande gekommen, sagte der Chef der Lebensmittel- und Arzneimittelbehörde, Stephen Hahn. US-Präsident Donald Trump bezeichnete den Schritt als "sehr vielversprechend".

Der Chef des Biotech-Unternehmens Gilead, Daniel O'Day, erklärte, das Unternehmen werde US-Behörden 1,5 Millionen Dosen Remdesivir spenden, die für mehr als 100.000 Behandlungen ausreichen sollten. Patienten, die an der Lungenkrankheit Covid-19 litten, könnten das Medikament nun je nach Schwere der Erkrankung fünf oder zehn Tage lang bekommen. Die US-Regierung werde die Verteilung des Medikaments übernehmen, um sicherzustellen, dass es ankomme, wo es am dringendsten gebraucht werde. Bis Dezember wolle man genügend Remdesivir für eine Million Behandlungen produzieren.

Remdesivir ist allerdings bislang weltweit nirgendwo als Medikament zugelassen. Die Ausnahmegenehmigung für die USA entspricht keiner formellen Zulassung, was ein wesentlich aufwendigerer Prozess ist. Selbst die Ausstellung einer begrenzten Ausnahmegenehmigung nach nur einer vielversprechenden klinischen Studie ist ungewöhnlich.

Welche Chancen bietet das Medikament für Europa und Deutschland?

Zunächst hat die Ausnahmegenehmigung in den USA keine direkten Auswirkungen auf europäische Patienten. Allerdings hat die europäische Arzneimittel-Zulassungsbehörde (EMA) bereits Ende April ein eigenes Prüfverfahren zu Remdesivir eingeleitet. Wie tagesschau.de berichtet, könne das Medikament so idealerweise schon in einigen Wochen auch in Europa zugelassen werden.

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Der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der EMA hat ein Rolling Review, eine sogenannte gleitende Überprüfung, von Remdesivir zur Behandlung von COVID-19 eingeleitet. Dieses Verfahren nutzt die Behörde, um vielversprechende Medikamente während eines Notfalls wie einer Pandemie bewerten zu können. Das Verfahren ist sozusagen beschleunigt, weil die Arzneimitteldaten nicht vor der Bewertung eingereicht werden müssen, sondern überprüft werden können, während die Entwicklung bereits läuft.

Deutschland: Remdesivir auf Liste der Härtefall-Medikamente

Auch das Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hat insgesamt bereits vier klinische Prüfungen mit Remdesivir in Bezug auf Covid-19 genehmigt. Alle Patienten der Studien sind mittel bis schwer erkrankt und werden stationär behandelt. Zudem steht Remdesivir auf der Liste der Härtefall-Medikamente.

Das bedeutet laut BfArM: "Einer Zulassung bedarf es nicht für Arzneimittel, die […] kostenlos für eine Anwendung bei Patienten zur Verfügung gestellt werden, die an einer zu einer schweren Behinderung führenden Erkrankung leiden oder deren Krankheit lebensbedrohend ist, und die mit einem zugelassenen Arzneimittel nicht zufriedenstellend behandelt werden können."

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Nachrichtenagentur dpa
  • Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte
  • European Medicines Agency (EMA)
  • NDR-Podcast vom 26. März 2020: "Noch kein Durchbruch bei Medikamenten"
  • tagesschau.de: "Infektiologe zu Remdesivir: Mehr als ein Anfang"
  • Deutsche Apotheker Zeitung
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