Laut Gesundheitsministerium Masern-Nachimpfung würde 600.000 Menschen betreffen
Gesundheitsminister Spahn will die Masern mittels einer Impfpflicht ausrotten. Hunderttausenden Kindern und Erwachsenen fehlt die Impfung angeblich. Aber kann man Menschen dazu zwingen? Und soll man Verweigerer bestrafen?
Mit der geplanten Pflicht zur Masernimpfung für Kinder und bestimmte Berufsgruppen müssten sich nach einem Medienbericht rund 600.000 Menschen nachträglich impfen lassen. Das hätten Schätzungen des Gesundheitsministeriums ergeben, berichtet die "Bild"-Zeitung.
Demnach befinden sich in Kitas und Schulen derzeit rund 361.000 nichtgeimpfte Kinder. In solchen Gemeinschaftseinrichtungen sowie in Krankenhäusern und Arztpraxen seien zudem schätzungsweise 220.000 Angestellte zur Impfung gezwungen.
Spahn fordert Impfpflicht in Kitas und Schulen
Gesundheitsminister Jens Spahn verteidigte sein Vorhaben. Es sei eine Frage des allgemeinen Gesundheitsschutzes, sagte der CDU-Politiker am Sonntagabend in den ARD-"Tagesthemen". Trotz intensiverer Aufklärung seien die nötigen Impfquoten bisher nicht erreicht worden. Er wies auch den Vorwurf zurück, dass sein Gesetzentwurf Erwachsene ignoriere, die nicht ausreichend geimpfte seien. Spahn setzt nach eigenen Worten darauf, dass die Debatte das Bewusstsein schärfe. "Gleichzeitig regeln wir, dass Erzieherinnen, Lehrerinnen und Lehrer, aber auch Personal in Krankenhäusern, in öffentlichen Gemeinschaftseinrichtungen, geimpft werden müssen."
Spahn will verpflichtende Masernimpfungen für Kita- und Schulkinder mit Geldstrafen bis 2.500 Euro und einem Ausschluss vom Kita-Besuch durchsetzen. Die Impfpflicht soll ab 1. März 2020 gelten, wie aus dem Gesetzentwurf hervorgeht. Der Koalitionspartner SPD unterstützt die Pläne – anders als die oppositionellen Grünen.
Bundesärztekammer befürwortet Impfpflicht
Um die Zirkulation von Masern zu verhindern, seien Impfraten von mehr als 95 Prozent erforderlich, heißt es im Gesetzentwurf. "Diese werden in Deutschland nicht erreicht." Die angestiegenen Fallzahlen seien auf "fortschreitende Impfmüdigkeit" zurückzuführen. Unter anderem in Bayern, Berlin, Hessen und Nordrhein-Westfalen sei es in den vergangenen Jahren zu großen Ausbrüchen gekommen. Allein bis Anfang März 2019 seien dem Robert-Koch-Institut 170 Masernfälle gemeldet worden.
Ärztepräsident Frank Ulrich Montgomery befürwortet Spahns Pläne. Er hält Strafen für Verstöße generell für gerechtfertigt, kann sich aber Ausnahmen vorstellen. Der Präsident der Bundesärztekammer gibt zu bedenken: "Eine Impfpflicht lässt sich leicht verlangen, ist aber schwer umzusetzen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass man Kinder mit der Polizei zum Impfen schleppt." Deshalb müsse man versuchen, mit Vernunft auf die Menschen einzuwirken – das bedeute vor allem mit Aufklärung. Er fügt hinzu: "Sie werden darüber hinaus aber auch an einigen Strafen nicht vorbeikommen."
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Montgomery sagt weiter: "Man wird auch Kommissionen gründen müssen, die denjenigen Eltern und Kindern, die schwerwiegende Gründe gegen die Impfung haben – denn die gibt es auch –, ermöglichen, von einer Impfung abzusehen. Mir schwebt da so was vor wie früher bei der Wehrpflicht. Die galt auch für alle, aber es gab Kommissionen, die die Verweigerer anerkannten. So etwas brauchen wir auch für Impfungen."
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
- Nachrichtenagentur dpa