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Gesichtsblindheit: Warum manche Menschen bekannte Gesichter nicht erkennen


Vertraute Personen nicht erkennen
Gesichtsblindheit: Das steckt dahinter


Aktualisiert am 05.09.2024Lesedauer: 3 Min.
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Für diesen Beitrag haben wir alle relevanten Fakten sorgfältig recherchiert. Eine Beeinflussung durch Dritte findet nicht statt.

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Prosopagnosie oder Gesichtsblindheit: Betroffen sind nicht blind, aber haben Schwierigkeiten Gesichter zu erkennen.Vergrößern des Bildes
Prosopagnosie oder Gesichtsblindheit: Betroffene sind nicht blind, aber haben Schwierigkeiten, Gesichter zu erkennen. (Quelle: IMAGO/Robin Skjoldborg)

Kennen wir uns? Die Schwierigkeit, sich Gesichter zu merken, kann auf eine kognitive Störung hindeuten. Was es mit Gesichtsblindheit auf sich hat.

Wenn man im Alltag Bekannte auf der Straße trifft, dauert es in der Regel nur ein paar Sekunden, bis man die jeweilige Person erkennt. Eine kognitive Störung führt jedoch bei manchen Menschen dazu, dass sie diese Fähigkeit nicht besitzen. Sie schauen vertrauten Personen ins Gesicht und können es nicht zuordnen. Diese Beeinträchtigung wird als Gesichtsblindheit oder Prosopagnosie bezeichnet.

Auch wenn die Bezeichnung etwas verwirrend klingt, sind betroffene Personen nicht blind – ihre Sehfähigkeit ist intakt. Zum Teil wissen Betroffene lange Zeit selbst nichts von ihrer Gesichtsblindheit. Dennoch leiden sie vor allem auch unter den sozialen Beeinträchtigungen, denn sie werden häufig als ignorant oder unsozial abgestempelt.

Was ist Prosopagnosie?

"Prosop" ist das griechische Wort für Gesicht und "Agnosie" heißt "nicht erkennen". Gesichtsblinde Menschen sehen ein Gesicht und wissen nicht, ob sie die Person kennen oder nicht – auch nach mehrmaligem Aufeinandertreffen. Zum Vergleich: Nicht betroffene Menschen können sich in ihrem Leben über 5.000 Gesichter merken und wiedererkennen.

Man unterscheidet bei der Diagnose zwischen erworbener und angeborener Prosopagnosie. Bei der angeborenen Variante haben Betroffene von Geburt an Beschwerden und die Ursache liegt nicht an einer Gehirnschädigung. Es wird vermutet, dass die Störung genetisch vererbt wird, endgültig bestätigt wurde dies jedoch bislang nicht.

Die erworbene Gesichtsblindheit ist deutlich seltener und entsteht beispielsweise durch einen Schlaganfall, ein Schädeltrauma oder einen Tumor im Gehirn. Das heißt, bei dieser Form sind Verletzungen der Gehirnbereiche, die für die Gesichtsverarbeitung zuständig sind, die Ursache.

Welche Arten gibt es?

Neben der Einteilung in angeborene und erworbene Gesichtsblindheit differenziert man außerdem zwei weitere Formen:

  • Apperzeptive Prosopagnosie: Bei der apperzeptiven Gesichtsblindheit können die Betroffenen keine Unterschiede in den Gesichtszügen erkennen. Das heißt, für sie sehen alle Gesichter nahezu gleich aus.
  • Assoziative Prosopagnosie: Die assoziative Prosopagnosie hingegen betrifft die Verknüpfung von Gesichtern mit Personen. Betroffene können sich demnach keine Gesichter merken – genauer gesagt: nicht auf dieses Wissen zugreifen – obwohl sie generell Gesichter und deren Aussehen unterscheiden können.

Symptome sind unterschiedlich ausgeprägt

Die Symptome und die Stärke der Gesichtsblindheit können unterschiedlich intensiv ausgeprägt sein. Während einige Betroffene ausschließlich Schwierigkeiten beim Merken der Gesichter anderer Personen haben, erkennen manche Betroffene sogar ihr eigenes Gesicht nicht.

Wiederum andere Ausprägungen führen zu einer Verwechslung von Gesichtern mit den umliegenden Objekten. Studien, die diese Symptomatik untersucht haben, konnten jedoch keinen eindeutigen Zusammenhang nachweisen. Das heißt, nicht alle Prosopagnostiker haben gleichzeitig Schwierigkeiten damit, auch Objekte zu differenzieren.

Auch wenn es nicht zu den typischen Symptomen der Prosopagnosie gehört, geben Studien Hinweise darauf, dass Betroffene teilweise auch Probleme damit haben, bestimmte Gesichtsausdrücke und Emotionen zu unterscheiden.

Auswirkungen im Alltag

Neben der mangelnden Fähigkeit, sich Gesichter zu merken und zu erkennen, gibt es verschiedene Auswirkungen, die im Alltag erkennbar werden können. So äußert sich die Gesichtsblindheit bei Kindern oftmals durch fehlende Angst vor Fremden, starke Trennungsängste oder Verhaltensauffälligkeiten in der Schule.

Erwachsene Prosopagnostiker leiden häufig unter Unwohlsein in sozialen Situationen oder entwickeln sogar Angststörungen und Depressionen. Teilweise führt die Beeinträchtigung sogar zur Erwerbslosigkeit. Dies kann damit zusammen hängen, dass für Außenstehende die Störung nicht unmittelbar erkennbar wird. Wenn Betroffene also nicht zurückgrüßen oder sich zum wiederholten Male neu vorstellen, reagiert das Gegenüber womöglich mit Empörung oder ablehnendem Verhalten.

Häufigkeit

Eine Studie von Forschern der Harvard Medical School und dem VA Boston Healthcare System aus dem vergangenen Jahr präsentierte neue Ergebnisse zur Häufigkeit von Prosopagnosie. Laut der Studie sind etwa drei Prozent der Weltbevölkerung von angeborener Gesichtsblindheit betroffen. Das entspricht einer von 33 Personen. Die neuen Ergebnisse basieren auf einer weiteren Fassung der Diagnosekriterien, welche dementsprechend mehr Betroffene inkludieren.

(Quelle: IMAGO/Genin Nicolas/ABACA)

Schon gewusst?

Auch der Schauspieler Brad Pitt leidet nach eigenen Angaben unter Prosopagnosie. Im Interview mit "GQ" klagt der Oscar-Preisträger über die Schwierigkeit, sich Gesichter zu merken, und die Auswirkungen auf seine sozialen Interaktionen.

Diagnose und Behandlung

Sie vermuten, selbst von Gesichtsblindheit betroffen zu sein? Dann gibt es verschiedene Möglichkeiten einer Diagnose. Am besten wenden Sie sich an eine Praxis für Neurologie oder Neuropsychologie.

Um Gesichtsblindheit zu diagnostizieren, können verschiedene Tests durchgeführt werden. Dabei werden die Gesichtserkennung und die Fähigkeit, sich Gesichter zu merken, unabhängig voneinander untersucht. Die Tests isolieren die Gesichter außerdem von anderen Merkmalen wie der Frisur, der Stimme oder der Kleidung, sodass die Teilnehmenden speziell auf die Gesichtserkennung geprüft werden. Zusätzlich können mit Fragebögen Begleiterscheinungen wie Auswirkungen und Leiden im Alltag abgefragt werden.

Sowohl angeborene als auch erworbene Gesichtsblindheit sind nicht heilbar. Auch mit gezieltem Training konnte bislang keine signifikante Verbesserung der Gesichtserkennung festgestellt werden. Dennoch können Betroffene durch Strategien ihren Alltag erleichtern. Sie können etwa mehr auf die Stimme, die Kleidung oder die Frisur achten, um Personen zu identifizieren.

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
Verwendete Quellen
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