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Symptome von Long Covid | Expertin: Wann Sie zum Arzt gehen sollten


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Doch Long Covid?
Expertin: Bei diesen Symptomen sollten Sie zum Arzt gehen


12.08.2022Lesedauer: 4 Min.
Post-Covid-Syndrom: Erschöpfung ist ein typisches Krankheitsmerkmal.Vergrößern des Bildes
Erschöpfung ist ein typisches Krankheitsmerkmal von Long Covid. (Quelle: elenaleonova/getty-images-bilder)

Eine Corona-Infektion kann weitreichende Folgen haben. Nicht immer erkennen Betroffene die Anzeichen von Long Covid. Eine Expertin klärt auf.

Corona und kein Ende? Bei vielen Infizierten hinterlässt das Virus Spätfolgen, das sogenannte Long Covid. Betroffene leiden auch Wochen und Monate nach der akuten Infektion an verschiedenen Krankheitsmerkmalen. Geschätzt wird, dass etwa jeder Zehnte derer, die als genesen gelten, mit den Langzeitfolgen zu kämpfen hat.

Die Symptome sind vielfältig, über 200 verschiedene sind bekannt. Und nicht immer ist den Betroffenen bewusst, dass ihre Beschwerden auf eine Corona-Infektion zurückzuführen sind. Denn: Auch sehr milde Krankheitsverläufe oder sogar asymptomatische Infektionen können zu Long Covid führen.

Jördis Frommhold, die als Chefärztin über 5.000 Long-Covid-Patienten in der Median Klinik in Heiligendamm betreut hat, erklärt im Gespräch mit t-online, welche Anzeichen auftreten können und wie Betroffene Long Covid vorbeugen können.

t-online: Frau Frommhold, in welchem Alter sind die Menschen, die zu Ihnen kommen?

Jördis Frommhold: Im Schnitt etwa zwischen 30 und 50 Jahren, also im arbeitsfähigen Alter. Die meisten waren vor ihrer Corona-Infektion sehr agile und lebenstüchtige Menschen. Dass Long Covid vorrangig Menschen mit Vorerkrankungen erwischt, können wir nicht bestätigen.

Mit welchen Symptomen kommen die Patienten in Ihre Reha-Klinik?

Bei Long Covid sind über 200 verschiedene Symptome bekannt. Aber wir sehen am häufigsten chronische Erschöpfungszustände, das sogenannte "Fatigue-Syndrom", Luftnot unter Belastung, also etwa beim Treppensteigen, aber auch Konzentrationsstörungen oder depressive Verstimmungen.

Sind eher Männer oder Frauen betroffen?

Zwei Drittel unserer Patienten sind Frauen. Und sie kommen häufig nach sehr milden Krankheitsverläufen zu uns.

Wie erklären Sie sich das?

Für Long Covid gibt es verschiedene Erklärungsansätze. Eine These etwa besagt, dass Bestandteile des Virus auch nach der Infektion im Körper verbleiben, dort schlummern, und so immer wieder Entzündungsreaktionen verursachen.

Wir gehen eher davon aus, dass es sich bei Long Covid um eine Autoimmunreaktion handelt, also im Grunde um fehlgeleitete Antikörper, die gegen das Virus gebildet wurden und die nun innerhalb des Körpers im Grunde überall andocken können und zu Entzündungsreaktionen und Gefäßschädigungen führen können. Frauen neigen häufiger zu solchen Autoimmunerkrankungen.

Dr. Jördis Frommhold
Dr. Jördis Frommhold (Quelle: IMAGO/Jürgen Heinrich)

Jördis Frommhold

ist Lungenfachärztin und Chefärztin der Median Klinik Heiligendamm. Seit dem Frühjahr 2020 hat sie über 5.000 Long-Covid-Patienten betreut

Nun wissen wir eigentlich nicht, wie viele Menschen bereits eine Corona-Infektion durchgemacht haben. Das RKI gibt etwa 30 Millionen als genesen an. Die Dunkelziffer dürfte viel höher sein. Und dann gibt es auch jene, die unbewusst, weil symptomlos infiziert waren oder ihre Infektion für eine Erkältung hielten. Auch diese Menschen können an Long Covid leiden. Wie erkenne ich denn, dass ich betroffen sein könnte?

Ein typisches Symptom ist eine dauerhafte Erschöpfung. Und ich spreche hier nicht von einem schlechten Tag, den wir alle mal haben. Wenn Ihnen der Antrieb fehlt, wenn schon das morgendliche Aufstehen zur Qual wird, dann sollten Sie Ihren Arzt kontaktieren. Aber auch, wenn sie Vergesslichkeit bemerken, Konzentrationsstörungen, wenn sich die Sehkraft plötzlich verändert, Allergien neu auftreten, es zu Haarausfall oder Libido-Verlust kommt. All das kann auf Long Covid hindeuten. Nicht immer wird das von den Ärzten richtig eingeschätzt.

Wenn dann aber die Diagnose steht, kommen solche Betroffene auch zu Ihnen. Wie lange bleiben Sie in der Reha?

Etwa drei bis fünf Wochen. Unser Ziel ist, die Menschen möglichst schnell wieder in ihr altes Leben zurückzubringen und sie dafür fit zu machen.

Wie behandelt man jemanden, der eigentlich zu erschöpft ist, um überhaupt aufzustehen?

Diesen Patienten geben wir erstmal viel Ruhe, die fehlt ihnen häufig in ihrem Alltag. Und dann versuchen wir, ihnen eine Struktur für ihren Alltag zu geben. Häufig machen diese Patienten den Fehler, an einem Tag, an dem es ihnen mal besser geht, alle Aufgaben erledigen zu wollen. Mit der Konsequenz, dass die Erschöpfung am nächsten Tag zurückkehrt oder sogar noch schwerer ausgeprägt ist. Wir planen die Woche mit den Betroffenen und verteilen mit ihnen zusammen die zu erledigenden Aufgaben, sodass sie sich nicht übernehmen, aber auch immer etwas schaffen.

Kann man eigentlich etwas tun, um Long Covid vorzubeugen?

Sie können schon während der Infektion und im Anschluss einiges tun. Wichtig ist etwa der Lebensstil. Schonen Sie sich während und auch nach der akuten Infektion. Wir erleben häufig Menschen, die sofort nach Beendigung ihrer Krankenzeit zum Beispiel ihr Sportprogramm wieder voll aufgenommen haben.

Das ist nicht sinnvoll. Tasten Sie sich heran, muten Sie sich nicht gleich zu viel zu. Und Sie können auch schon während der akuten Infektion Ihre Atmung unterstützen.

Wie meinen Sie das?

Wir erleben in der Klinik die Menschen, die sich während ihrer Infektion eine falsche Atemtechnik angewöhnt haben, eine Schonatmung. Diese verhindert nun, dass sie größere und kleinere Anstrengungen bewältigen können. Atemübungen während der akuten Infektion können dem vorbeugen.

Was empfehlen Sie genau?

Legen Sie die Hände auf den Brustkorb und atmen sie tief durch die Nase ein und durch den Mund aus und spüren Sie dabei, ob sich der Brustkorb gleichmäßig erhöht und senkt. Gleiches wiederholen Sie dann mit den Händen unter dem Rippenbogen und auf dem Bauch. Damit atmen Sie bewusster. Wir nennen das die 4711-Methode: Vier Sekunden einatmen, sieben Sekunden ausatmen, das Ganze elf Mal wiederholen.

Guter Tipp! Noch eine Frage zum Virus: Seit Anfang des Jahres beherrscht die Omikron-Variante das Infektionsgeschehen in Deutschland. Sie gilt gemeinhin als ansteckender, aber harmloser. Sehen Sie das auch bei den Long-Covid-Patienten?

Es heißt, dass unter Omikron nur etwa vier Prozent der Infizierten Long Covid entwickeln. Aber da diese Variante so viel ansteckender ist, sind es eben doch wieder mehr Fälle. Was wir aber beobachten, ist, dass Long Covid unter Omikron seltener mit Geruchs- und Geschmacksstörungen oder -verlust einhergeht, auch schwere kognitive und Konzentrationsstörungen sind seltener. Das muss aber nicht bedeuten, dass das Virus schwächer geworden ist, sondern eher, dass wir durch Impfungen und eventuell auch schon vorangegangene Infektionen das Virus besser handeln können.

Frau Frommhold, wir danken Ihnen für das Gespräch!

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
Verwendete Quellen
  • Interview mit Jördis Frommhold
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