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Prominente mit ADHS: Sie haben es geschafft


Diese Promis haben es trotz ADHS geschafft
"Beruf des Schauspielers war meine Rettung"

t-online, mmh

26.09.2016Lesedauer: 5 Min.
Devid Striesow: "Der Beruf des Schauspielers war meine Rettung".Vergrößern des Bildes
Devid Striesow: "Der Beruf des Schauspielers war meine Rettung". (Quelle: dpa-bilder)
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Energiebündel oder Zappelphilipp – Überflieger oder Versager. Die Grenze ist schnell überschritten, besonders wenn ADHS im Spiel ist. Diese Prominenten haben sich zu ihrer Aufmerksamkeitsstörung bekannt. Für manche passt es genau zu dieser Arbeitsweise, wie für Devid Striesow.

Devid Striesow hält Schauspieler für den perfekten Beruf für sich. "Meine Arbeitsweise entspricht dem Rhythmus von Dreharbeiten oder dem des Theaters", sagte er dem "Zeitmagazin". "Selbst im tiefsten Down-Zustand zwischen zwei und drei Uhr morgens kann ich aufdrehen und eine Rolle emotional hinkriegen."

"Intuitiv bei der Schauspielerei gelandet"

Striesow (42) hat eine Aufmerksamkeitsdefizitstörung bei gleichzeitiger Hyperaktivität (ADHS). "Ich bin intuitiv bei der Schauspielerei gelandet, weil ich so bin, wie ich bin. Darum ist mir ADHS nie als Manko aufgefallen, es war in meiner Wahrnehmung nicht da", sagte er. "Ich bin ein Träumer-Typus, der innerlich oft wegschaltet, eine bestimmte körperliche Unruhe hat."

In Deutschland bekennen sich Promis selten zu ADHS

Der Schauspielerberuf sei seine Rettung gewesen: "Als Goldschmied oder Lehrer hätte ich es niemals geschafft", sagte Striesow im Interview. Auch als Schauspieler mache es ihm allerdings schwer zu schaffen, nicht so sein zu dürfen, wie er gerade empfindet, zum Beispiel Angst zu haben und es nicht ausstrahlen zu dürfen. "Ich blockiere schnell, wenn zum Beispiel ein Regisseur kein Vertrauen zu mir hat, dann kann ich nicht mehr – wenn jemand mir zeigt, dass er mich scheiße findet, mich ablehnt und mir misstraut", erklärte Striesow. "Früher, ganz am Anfang, bin ich in solchen Momenten durch die Hölle gegangen."

Es ist nicht so, dass die Promiwelt der USA nur aus ADHS/ADS-Betroffenen bestünde, in Deutschland bekennen sich allerdings wesentlich weniger bekannte Menschen zu der Erkrankung.

Dem Makel das Beste abgewinnen

Zum einen gilt die Aufmerksamkeitsstörung immer noch als Makel, zum anderen ist es Pharmafirmen in den USA im Gegensatz zu Deutschland erlaubt, mit betroffenen Prominenten für ihre Medikamente zu werben, auch für ADHS-Medikamente. Eine Reihe von Persönlichkeiten stellt das Portal adhspedia.de vor.

Gelingt es, trotz oder mit ADHS erfolgreich zu sein, dann kann man das reflektieren und analysieren, was einem als Kind nicht selten das eigene Leben und das der Eltern zur Hölle gemacht hat. Diesen Promis ist es gelungen:

Einer der Werbeträger der Pharmafirmen ist der Sänger Adam Levine von Maroon 5. Er sagte über seine ADHS-Diagnose: "ADHS kann kompliziert sein. Als Kind wusste ich nicht wirklich, was mit mir los war. Als Erwachsener lernte ich, meine Symptome zu akzeptieren. Wenn junge Erwachsene davon ausgehen, dass ihre ADHS-Symptome sich bald auswachsen – ja, das kann möglich sein. Auf der anderen Seite sollte man auch nicht zu verlegen sein, zum Arzt zu gehen, wenn die Symptome bleiben und Probleme machen."

Andere nehmen ADHS mit Humor, wie der Rapper Will.I.Am. Er informierte auf diese witzige Art über seine Erkrankung: "Ich habe ADHS. Ich gebe es zu. Habt ihr auch von dem Streit zwischen dem Elefanten und dem Gorilla gehört? Sorry, das war mal wieder meine ADHS. Während ich versuche, mich auf etwas zu konzentrieren, habe ich all dieses Zeug gleichzeitig in meinem Kopf und ich kann die Dinge nicht langsamer angehen oder einfach aufhören. Aber das ist in Ordnung, weil ich damit zurechtkomme".

Deutsche Prominente bekennen sich allerdings selten zu einer ADHS-Diagnose. Eine Ausnahme ist der deutsche Politiker Christopher Lauer. Er bekannte sich im Jahr 2012 an verschiedenen Stellen zu seiner ADHS-Diagnose, unter anderem in der Talksendung Markus Lanz und auf seiner privaten Homepage. ADHS sei ihm 2011 im Erwachsenenalter diagnostiziert worden.

Positive Aspekte herausstellen

Bedarfsweise nehme er auch Medikamente ein. Er sieht in der Veranlagung sogar einen Vorteil. Es stellte sich heraus, dass seine ADHS ihm ermögliche, Reize assoziativer zu verarbeiten sowie schneller Schlüsse ziehen zu können. Immer wieder fordert Lauer Betroffene dazu auf, sich vermehrt mit den positiven Aspekten der ADHS auseinanderzusetzen.


Der Schriftsteller Benjamin von Stuckrad-Barre sagte 2004 in einem Interview :"Von Kindheit auf ist bei mir so eine natürliche Grundübersteigertheit angelegt. Ich konnte früher nicht mal ins Kino gehen, ohne dass meine Beine angefangen haben zu kitzeln, ich konnte nicht still sitzen. Ich habe oft nur getrunken, damit ich endlich ruhig wurde, und auch Drogen hatten bei mir diese beruhigende Wirkung, merkwürdigerweise. Wenn ich dann total breit war und eben Ruhe fand, dachten viele, sie träfen mich zum ersten Mal nüchtern."

Schonungslose Gedanken über die ADHS-Diagnose

Die jüngste im Club ist die deutsche Autorin und Poetry Slammerin Kathrin Weßling. Erst 2016 machte sie ihre ADHS-Diagnose bekannt. Sie reflektiert die Krankheit schonungslos offen. In ihrem Bericht können sich viele Betroffene wiederfinden.

Sie erklärte in ihrem Blog, dass die Diagnose und die damit verbundene Behandlungsmöglichkeit eine große Erleichterung für sie bedeute: "Ich kann nicht stillsitzen und mein Kopf kann es auch nicht. (...) Und ich könnte jetzt noch lange so weiterschreiben – darüber, wie es sich anfühlt, eine Starkstromleitung im Kopf zu haben. Ständig zu denken und nie aufhören zu können. Sich zu verlaufen im eigenen Kopf, mit Kleinigkeiten überfordert zu sein, aber absurd komplexe Dinge gleichzeitig lösen zu können. So geht es mir, seit ich denken kann. Und irgendwann vor ein paar Monaten hätte ich meinen Kopf am liebsten nur noch gegen eine Wand geschlagen, wollte nur noch Ruhe, konnte aber keine finden."

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Bekenntnis zu umstrittenem Ritalin

In ihrem Bericht gibt die 30-Jährige auch zu, das vielgeschmähte Medikament Ritalin zu nehmen: "Nach sehr qualvollen Monaten und einigen nicht sehr schönen Versuchen, mir selber Linderung zu verschaffen, habe ich mich schließlich endlich doch testen lassen. Und zwar auf ADHS (...). Ich erfahre nun nach und nach, warum all diese Dinge so sind, wie sie sind. Warum ADHS bei Frauen so spät erkannt wird, warum es unbehandelt zu Depressionen, Suchterkrankungen und allerlei anderem führt. Wie ein Leben damit funktionieren kann. Und aber auch ganz langsam, nach und nach, wie mein Leben damit funktionieren kann. (...) Ich war jetzt die Hälfte meines Lebens auf der Suche nach der Erklärung für die Gründe, warum ich mich fühle, wie ich mich fühle. Warum mein Verstand funktioniert, wie er es nun einmal tut. Ich bin nun angekommen und ja, ich nehme Ritalin. Und es ermöglicht mir zum ersten Mal, so etwas wie Ruhe zu empfinden. Ich kann plötzlich schlafen. Und stundenlang lesen. Ich habe wieder Momente, in denen sich mein Leben wie eines anfühlt."

Strenge Regeln – klare Strukturen

Klare Regeln, System und Ordnung helfen Menschen mit ADHS sehr oft, ihr Leben in den Griff zu bekommen.

Manche Betroffene sehen es als Segen an, vieles gleichzeitig tun und wahrnehmen zu können. Alles durcheinander, nichts beenden – das sehen Eltern von ADHS-Kindern als Fluch der Krankheit.

Vielleicht sind Betroffene in der Musik- und Filmbranche besonders gut aufgehoben. Vielleicht können sie in bestimmten Nischen ihre Veranlagung in kreative Energie umwandeln.

Solange Knowles, Beyoncés Schwester, sagte dem Musikmagazin "Bang": "Bei mir wurde zweimal ADS festgestellt. Ich habe dem ersten Arzt nicht geglaubt und vertrat die Theorie, dass ADS einfach etwas war, was sie erfunden haben, um für Medikamente abzukassieren. Aber der zweite Arzt sagte ebenfalls, dass ich es habe. Ich denke, ich wollte es nicht wahrhaben. Jetzt verstehe ich aber genau was es ist. Die Symptome können auf jeden in der Filmindustrie zutreffen – Gedächtnisverlust und etwas anfangen und nicht zu Ende bringen."

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
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