ADHS-Film "Kopfüber" ADHS-Medikament raubt Sascha das Lachen
Der Kinofilm "Kopfüber", der am 7. November gestartet ist, macht ADHS zum Thema. Es entstand ein filmisches Porträt eines Jungen mit der Aufmerksamkeits- und Hyperaktivitätsstörung. Vieles in dem Film wirkt nicht nur echt: Der Junge, der im Film den zehnjährigen Sascha spielt, kennt genug "Problemkinder", Regisseur Bernd Sahling hat ihn in der Berliner Kindereinrichtung Arche gefunden.
Sascha (10) ist eigenwillig, impulsiv und ständig in Bewegung. Allenfalls Dinge, die ihn wirklich interessieren, können seine Aufmerksamkeit länger fesseln. Schule gehört definitiv nicht dazu, dafür das Herumbasteln an Fahrrädern - im geheimen Schuppen auf dem Dach des Hochhauses, in dem er mit seiner überforderten Mutter und den beiden großen Geschwistern in schlichten Verhältnissen lebt. Sascha hat es nicht leicht im Leben. Und er hat die Aufmerksamkeits- und Hyperaktivitätsstörung ADHS. "Kopfüber" beschreibt Saschas Alltag - mit viel Beobachtungsgabe und wenig Illusionen.
Regisseur war selbst Erziehungshelfer
Seinen jungen Hauptdarsteller Marcel Hoffmann fand Regisseur Bernd Sahling in der Berliner Freizeiteinrichtung "Arche". Die Geschichte um den Jungen entstand nicht zuletzt aus Sahlings eigenen Erfahrungen heraus: Er selbst arbeitete in den 90er Jahren als Erziehungshelfer.
Ein solcher Erziehungsbeistand ist in "Kopfüber" Frank (Claudius von Stolzmann), der für Sascha zur wichtigen Bezugsperson wird. Denn in dessen Familie ist wenig Raum für besondere Bedürfnisse: Die Mutter alleinerziehend und überarbeitet (Inka Friedrich), der Bruder bereits auf kriminelle Abwege geraten, die Schwester kaugummikauend genervt und desinteressiert. Sascha nutzt dies für eigene Winkelzüge.
Pro und Contra ADHS-Medikamente
Einzig die gleichaltrige, versponnene Elli (Frieda-Anna Lehmann) mag und nimmt Sascha genau so, wie er ist. Gemeinsam stromern sie per Rad durch die Gegend, immer auf der Suche nach Geräuschen, die sie aufnehmen können. Erziehungsbeistand Frank ist es, der den ADHS-Verdacht aufbringt und einen Arztbesuch anregt. Als die Diagnose bestätigt wird, bekommt Sascha Therapiesitzungen, vor allem aber Medikamente. Endlich kann er in der Schule konzentriert arbeiten, bekommt erstmals gute Noten, Lob und Bestätigung. Aber er wird auch müde, traurig und antriebslos.
Eli fragt ihn: "Weißt du eigentlich, dass du nicht mehr lachen kannst" Sascha antwortet ihr traurig: "Lachen brauch ich nicht mehr." Als die Freundschaft zu Elli daran zu zerbrechen droht, setzt er die Medikamente wieder ab. Und nun?
Offenes Ende spiegelt Ratlosigkeit wider
Der Film entlässt den Zuschauer mit vielen Fragen. Das offene Ende ist Regisseur Sahling nach eigenen Aussagen auch schon bei der Finanzierung des Films zum Problem geworden. Zehn Jahre hat er an den Drehbuchversionen geschrieben. Nach dem MDR winkte später auch der Bayrische Rundfunk ab. "Wenn der Junge das Medikament nimmt, hat er ein Problem und wenn er es nicht nimmt, hat er auch eines. Es entsteht eine gewisse Ratlosigkeit", bekennt Sahling.
Trotzdem hat er an der Idee festgehalten. Denn das Thema beschäftigte ihn seit der Zeit als Erziehungsbeistand, als er das schwierige Ringen um die Balance zwischen Nähe und professioneller Distanz kennenlernte. Die auch unter Betroffenen viel diskutierte Frage, ob, wann und in welchem Ausmaß Kinder mit ADHS Medikamente bekommen sollten, kann und will der Film nicht beantworten. Und die Zielgruppe? Kinder oder Erwachsene? Beide miteinander wohl am ehesten. Sahling: "Es ist das Thema des Films, dass Erwachsene mit Kindern nicht klarkommen und Kinder nicht mit den Erwachsenen und dass wir uns wieder annähern, verstehen und respektieren müssen."
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.