Sehschwächen Braucht mein Kind eine Brille?
"Muss das wirklich sein?" Eine augenärztliche Brillenverordnung stößt bei Eltern kleiner Kinder oft auf Skepsis. Dietlind Friedrich vom Berufsverband der Augenärzte Deutschlands (BVA) hält dem allerdings entgegen: "Ja, oft muss es sein. Damit sich das Sehvermögen der Kinder gut entwickeln kann, sind Sehhilfen mitunter dringend nötig."
Jeder Sehfehler muss ausgeglichen werden
Wenn ein Kind fehlsichtig ist, verwenden Augenärzte besondere Sorgfalt auf die Bestimmung der Sehhilfe. "Das ist absolut notwendig“, betont Dr. Friedrich, die Leiterin des Arbeitskreises Strabologie (das ist die Lehre von den Schielerkrankungen) im BVA. Denn jeder Sehfehler - ganz gleich ob es sich um eine Kurz-, Weit- oder Stabsichtigkeit handelt - muss korrekt ausgeglichen werden, damit sich die Sehkraft gut und altersgemäß entwickeln kann, und damit das Gehirn lernt, die Bildinformationen beider Augen zu verarbeiten.
Eltern schätzen Sehvermögen ihrer Kinder oft falsch ein
Augenärzte hören oft von Eltern "Mein Kind sieht ohne Brille genauso gut." Doch dieser Eindruck täuscht. Medizinische Laien können die Wertigkeit des Sehens in der Regel nicht richtig einschätzen, denn subjektive Eindrücke sind hier nicht ausschlaggebend. Das Sehen mit beiden Augen verdeckt möglicherweise einen Sehfehler, der schon länger unbemerkt auf einem Auge besteht.
Das sind Anzeichen für eine Sehschwäche
Trotzdem gibt es erkennbare Anzeichen, die auf eine Sehschwäche beim Kind hindeuten und auf die Eltern achten sollten: "Zu den Alarmzeichen, auf die die Eltern sofort mit einem Besuch beim Augenexperten reagieren sollten, gehören Lidveränderungen, Trübungen der Hornhaut, grauweiße Pupillen, Augenzittern und abnormal große oder lichtscheue Augen“, warnt Dr. Georg Gerten, Leiter der Augenklinik am Neumarkt in Köln.
Bei älteren Kindern macht sich hingegen eine Augenerkrankung häufig im Verhalten bemerkbar. Leseunlust, plötzliche Verschlechterung der Schulnoten oder häufiges Stolpern sind oft Anzeichen dafür, dass das Sehverhalten nicht optimal ist. In diesem Alter kann eine Fehlsichtigkeit aber meist schon nur noch unvollständig zurückgebildet werden.
Schon manche Babys brauchen eine Brille
Mit einer Brillenverordnung für Kinder soll in den meisten Fällen eine Sehschwäche vermieden werden. Sie droht, wenn die Bildinformationen der beiden Augen aufgrund von Sehfehlern oder Schielen zu stark voneinander abweichen. Dann wird der Seheindruck des schwächeren Auges im Gehirn unterdrückt. In der frühen Kindheit bis etwa zum Alter von vier Jahren, in der sich das Zusammenspiel zwischen Augen und Gehirn entwickelt, lässt sich diese Asymmetrie noch rückgängig machen. "Dieses Zeitfenster muss unbedingt genutzt werden", macht Friedrich klar. Deshalb können schon Babys auf eine Brille angewiesen sein.
Die passende Brille finden
Ein gewisser Aufwand kann schon damit verbunden sein, wenn ein Kind eine Brille bekommt: "Bei größeren Kindern müssen die Gläser manchmal in ihrer Stärke langsam aufgebaut werden", erläutert Friedrich. "Damit das Kind sich an die Korrektion gewöhnen kann, müssen die Gläser in seltenen Fällen zwei bis drei Mal im Abstand von einigen Wochen gewechselt werden.“ Die Brille ist für Kinder immer die Sehhilfe der ersten Wahl. Bei größeren Kindern können auch Kontaktlinsen eine Option sein. Dann ist es allerdings wichtig, dass die Kinder die für Kontaktlinsen unerlässlichen Hygieneregeln sorgfältig beachten.
Der richtige Durchblick in der Schule
Ein Sehfehler wie eine geringfügige Weitsichtigkeit, die im Alltag gar nicht auffällt, kann in der Schule, bei den Hausaufgaben und anderen Naharbeiten zu so genannten asthenopischen Beschwerden führen. Sie machen sich als Kopfschmerzen und Leseunlust bemerkbar und können auch zu Konzentrationsschwierigkeiten führen. In diesen Fällen kann die Sehhilfe den Kindern den Spaß am Lernen zurückgeben und so den Erfolg in der Schule sichern.
Oft hält die vertrauensvolle Zusammenarbeit von Eltern, Kindern und der Augenarztpraxis über mehrere Jahre an. Das Ziel ist volle Sehschärfe auf beiden Augen und ein möglichst gutes beidäugiges, also dreidimensionales Sehen. Eine einseitige Sehschwäche, die später einmal die Berufswahl einschränken könnte, soll verhindert werden - und das sollte die Mühe in jungen Jahren wert sein.
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.