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Rezession befürchtet: Experten warnen vor Embargo für russisches Gas


Rezession befürchtet
Experten warnen vor Gasembargo gegen Russland

Von dpa, arg

Aktualisiert am 09.04.2022Lesedauer: 3 Min.
Ein Tanler transportiert Butangas auf dem Rhein: Manche Experten warnen vor einem Gas-Embargo gegenüber Russland.Vergrößern des BildesEin Tanker transportiert Butangas auf dem Rhein: Manche Experten warnen vor einem Gas-Embargo gegen Russland. (Quelle: imago-images-bilder)

Experten gehen davon aus, dass ein sofortiges Embargo für russisches Gas in Europa eine schwere Rezession auslösen und Deutschlands Wettbewerbsfähigkeit gefährden würde. Es gibt jedoch auch andere Szenarien.

Energie-Experten haben vor schweren wirtschaftlichen Folgen eines Lieferstopps für russisches Gas in Reaktion auf den Krieg in der Ukraine gewarnt.

"Ein volles Embargo würde eine sofortige Rezession in Europa auslösen, die Inflation würde weiter steigen und die Innenpolitik noch schwieriger werden", sagte der Ökonom Simone Tagliapietra von der Brüsseler Denkfabrik Bruegel der Deutschen Presse-Agentur. Er schlägt stattdessen vor, Zölle auf russische Energie einzuführen, um weiter Druck auf Russland auszuüben.

Raphael Hanoteaux von der Organisation E3G sagte mit Blick auf ein Gasembargo: "Die deutsche Industrie zum Beispiel würde ihre Wettbewerbsfähigkeit verlieren." Grund dafür seien Schließungen in der Industrie und noch höhere Preise.

Öl-Lieferstopp gefährdet den Weltmarkt

Ab Anfang August gilt ein Embargo gegen russische Kohle, auf das sich die EU-Länder diese Woche geeinigt haben. Schätzungen von Tagliapietra zufolge gibt die EU derzeit täglich 15 Millionen Euro für Kohle aus Russland aus, aber noch viel mehr für russisches Gas – etwa 400 Millionen Euro pro Tag – sowie 450 Millionen Euro für Öl aus dem Land. Daher fordern etwa Polen und die baltischen Länder weitreichendere Maßnahmen.

Ein Öl-Lieferstopp hätte nach Ansicht der Experten Konsequenzen für den Weltmarkt. "Das hätte einen Effekt auf den weltweiten Preis, da ein großer Teil des Volumens einfach nicht mehr verfügbar wäre, die Nachfrage aber nicht sinkt", so Hanoteaux.

Etwa die Hälfte des Öls, das von Russland nach Europa geliefert wird, kommt ihm zufolge durch Pipelines oder über Schiffe über die Nordsee, die schwierig umzuleiten wären. Ein höherer Ölpreis durch das niedrigere Angebot würde sich nicht nur auf Europa auswirken, sondern auch auf Entwicklungsländer, die schon jetzt Schwierigkeiten hätten, sagte Tagliapietra.

Importzölle statt Embargos

"Statt diesen Embargos wäre das Beste, sofort einen Zoll auf diese ganzen Importe von Öl und Gas zu legen", schlägt er vor. Das würde seiner Ansicht nach die Einkünfte Russlands verringern und gleichzeitig die Effekte für die europäische Wirtschaft eindämmen.

Da Russland sein Öl und Gas teils nur nach Europa verkaufen kann, wären Firmen wie Gazprom dazu gezwungen, einen solchen Zoll zu zahlen.

Das Geld könnte genutzt werden, um die hohen Energiepreise für Verbraucher abzufedern oder den Wiederaufbau der Ukraine zu finanzieren, so Tagliapietra.

"Ein Vorteil der Zölle ist, dass wir Druck auf die Russen ausüben können: Wenn sie so weitermachen wie bisher, kann man die Zölle mit der Zeit erhöhen." Seinen Angaben zufolge untersuchen die EU-Kommission und die EU-Länder, wie man solche Zölle gestalten könnte.

Winter ohne russisches Erdgas möglich

Nach Darstellung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) könnte Deutschland den Winter jedoch sehr wohl ohne russisches Erdgas schaffen. Dafür müsste aber in der Industrie wie auch in Privathaushalten sehr viel Energie eingespart werden. Ebenfalls müssten Gaslieferungen aus anderen Ländern so weit wie möglich ausgeweitet werden.

Das DIW hat in verschiedenen Szenarien mögliche Auswege aus der Krise skizziert. So könnte mehr Flüssiggas aus Norwegen und den Niederlanden sowie über Terminals von Nachbarländern bezogen werden. Schwimmende Terminals für Flüssiggas (LNG) könnten an der deutschen Küste genutzt und Deutschland über virtuellen Handel auch mit Terminals aus Südeuropa verbunden werden.

Einen Bau fester Terminals sieht das Institut kritisch: Dieser würde zu lange dauern, zudem sinke der Erdgasbedarf in den nächsten Jahren und würde den Nutzen solcher Terminals verringern.

Um jedoch ohne russisches Gas über den Winter zu kommen, seien große Einsparungen notwendig. Laut Berechnungen könnte etwa 18 bis 26 Prozent am Erdgasverbrauch gespart werden, wenn zum Beispiel Privathaushalte weniger stark heizen und weniger Warmwasser verbrauchen würden. Bei der Industrie liegt das Einsparpotenzial den Experten zufolge bei rund einem Drittel. Einhergehen würde dies aber mit einem deutlichen Produktionseinsturz.

Der Anteil russischer Lieferungen beim Gas ist indes bereits gesunken. Lag dieser Wert jüngst noch bei etwa 55 Prozent, sind es nach aktuellen Angaben der Bundesregierung jetzt nur noch 40 Prozent.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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