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Trotz Corona-Krise: Sollte ich mir jetzt unbedingt Technologie-Aktien kaufen?


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Enorme Kurszuwächse
Die Börsen gehen durch die Decke – das sind die Gründe dafür


Aktualisiert am 07.07.2020Lesedauer: 6 Min.
Technologieunternehmen: Facebook, Amazon, Apple, Netflix und Google firmieren schon unter der Abkürzung FAANG – Spotify gewinnt ebenfalls an Bedeutung.Vergrößern des Bildes
Technologieunternehmen: Facebook, Amazon, Apple, Netflix und Google firmieren schon unter der Abkürzung FAANG – Spotify gewinnt ebenfalls an Bedeutung. (Quelle: getty-images-bilder)

Der Technologie-Aktienindex Nasdaq hat einen Punkterekord erreicht: Trotz Corona sind Internetfirmen so wertvoll wie nie. Für Anleger birgt diese Entwicklung große Chancen.

Wer dieser Tage auf die Börsen schaut, reibt sich die Augen. Während die Wirtschaft weiter stark unter den Auswirkungen der Corona-Krise leidet, die Infiziertenzahlen vielerorts ansteigen, neue Lockdowns drohen, scheinen die Kurse von Aktien und Aktienindizes wie dem Dax derzeit nur eine Richtung zu kennen: nach oben.

Ein wichtiger Treiber dieser weltweiten Entwicklung sind vor allem die großen Technologieunternehmen. Ihr Anteil an der Wirtschaftsleistung war schon vor Corona groß, während der Krise aber hat sich ihre Bedeutung noch einmal verstärkt. Denn viele von ihnen stehen nicht trotz, sondern wegen der Krise blendend da: Onlinehändler wie Amazon, aber auch Streamingdienste wie Spotify oder Netflix haben von den Lockdowns profitiert, weil viele Menschen in der Zeit zu Hause ihre Angebote noch stärker genutzt haben.

Technologie-Aktien so wertvoll wie nie zuvor

Deutlich macht das ein Blick auf den amerikanischen Aktienindex Nasdaq Composite, der mehr als 3.000 Unternehmen vor allem aus dem Internet- und Technologiesektor bündelt. Seit Jahresbeginn ist sein Wert um 15 Prozent gestiegen – am Montag erreichte der Index ein neues Allzeithoch. Das heißt: Den heftigen Kurseinbruch vom März hat er längst wieder wettgemacht, die Tech-Unternehmen sind inzwischen weit mehr wert als vor der Corona-Krise.

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Zum Vergleich: Der Wert des Aktienindex S&P 500, in dem die 500 größten börsennotierten US-Konzerne enthalten sind, liegt noch rund vier Prozent unterhalb des Niveaus vom Anfang des Jahres. Und auch der Dax mit den 30 größten deutschen Aktiengesellschaften hat mit einem Punktestand von rund 12.600 noch nicht das Vor-Krisen-Niveau von rund 13.300 Punkten erreicht.

Amazon-Aktie erlebt riesigen Kursgewinn

Besonders im Fokus stehen bei den Tech-Titeln die Aktien der weltweit bekannten Unternehmen Facebook, Amazon, Apple, Netflix und Google – kurz "FAANG"-Titel genannt. Sie alle haben seit dem 1. Januar – teils mehr, teils weniger – stark zugelegt (Stand: 6. Juli 2020, Schlusskurse):

  • Facebook: + 12,5 Prozent, von 187,80 Euro auf 211,30 Euro
  • Apple: + 22,8 Prozent, von 269,00 Euro auf 330,50 Euro
  • Amazon: + 57 Prozent, von 1.693,80 Euro auf 2.664,00 Euro
  • Netflix: + 46,6 Prozent, von 295,35 Euro auf 433,20 Euro
  • Google: + 8,5 Prozent, von 1.223,80 Euro auf 1.327,80 Euro

Und auch andere Titel, wie zum Beispiel die Aktie des E-Auto-Herstellers Tesla, legten zuletzt stark zu. Jüngst erreichte das Unternehmen unter Gründer Elon Musk eine Rekordbewertung von fast 200 Milliarden Euro.

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Viele Kleinanleger fragen sich deshalb, ob auch sie jetzt sogenannte Tech-Aktien kaufen sollten – oder ob es sich nur um einen kurzfristigen Hype handelt, um eine Blase, die bald zerplatzt. t-online.de hat darüber mit Anlageexperten gesprochen und gibt Antworten auf die drei wichtigsten Fragen rund um die Tech-Rally am Aktienmarkt.

Was ist der Grund für den starken Kurszuwachs der Tech-Aktien?

Der wichtigste Grund für den starken Kursanstieg ist das viele Geld, das Staaten und Zentralbanken zur Bekämpfung der Krise in den Umlauf bringen – und der Mangel an Alternativen zu Aktien im Allgemeinen und Anteilen von Technologiefirmen im Besonderen. Zu diesem Schluss jedenfalls kommt Matthias Bausch, der als Senior Analyst bei der Commerzbank arbeitet.

"Wegen der Corona-Krise haben die Zentralbanken weltweit, vor allem aber die amerikanische Notenbank Fed, im großen Stil Geld in die Märkte gepumpt", sagt er. "Dieses Geld muss irgendwo hin. Sowohl private Kleinanleger als auch große Fonds suchen händeringend nach Investitionsmöglichkeiten."

Auch Jon Guinness, Fondsmanager beim Vermögensverwalter Fidelity, sieht es so und ergänzt: "Dadurch, dass die Zinsen so niedrig sind, wissen viele Menschen nicht, wo sie ihr Geld investieren können – und legen es deshalb in Aktien an, dabei vor allem Tech-Papiere."

Anleger haben Angst, etwas zu verpassen

Ein Grund für die Beliebtheit von Facebook, Google und Co.: Die Tech-Unternehmen leiden weniger stark unter der Krise als Firmen anderer Branchen, Guinness spricht von "starken Fundamentaldaten". "Anders als etwa die Autoindustrie ist der Umsatz bei vielen Internetkonzernen in der Corona-Krise nicht eingebrochen, sondern im Gegenteil gestiegen", so der Experte. "Viele der großen Unternehmen wie Amazon verdienen weiter ordentlich Geld, bei Netflix etwa ist die Zahl der Abonnements zuletzt stark angestiegen."

Hinzu kommt ein Gefühl, das im Englischen unter der Abkürzung "FoMO" bekannt ist. Das Kürzel steht für "Fear of missing out", zu Deutsch: die Angst, etwas zu verpassen. "Viele Privatinvestoren sehen gerade, dass Firmen wie Amazon, Microsoft, aber auch Zoom als Krisengewinner von Corona profitieren", erklärt Bausch. "Bei diesen Gewinnen wollen sie dabei sein. Deshalb schlagen sie zu, was wiederum die Kurse nach oben treibt."

Eine weitere Ursache für die starken Kursanstiege: Der Aktienkauf ist heutzutage so einfach und so günstig wie nie. Sogenannte Neo-Broker wie Trade Republic in Deutschland oder Robinhood in den USA bieten ihren Kunden den Aktienhandel per Smartphone an – und verlangen anders als herkömmliche Banken nur sehr geringe Gebühren pro Kauf oder Verkauf.

Geht die Rally noch weiter – oder entsteht eine Blase?

Das lässt sich nur schwer sagen, denn exakte Vorhersagen sind an der Börse nie möglich. Auch möglicherweise platzende Blasen zeichnen sich dadurch aus, dass die Mehrheit der Investoren sie nicht haben kommen sehen.

Fidelity-Experte Guinness und Commerzbank-Analyst Bausch glauben beide nicht, dass es sich um eine Blase handelt, zumindest nicht auf lange Sicht. "Im Großen und Ganzen ist es sicherlich kein Hype, denn Technologieunternehmen werden langfristig eine immer wichtigere Rolle spielen", so Guinness.

Bausch sieht es ähnlich. "Die Angebote von Technologieunternehmen werden im Alltag vieler Menschen immer wichtiger", sagt er. "Das heißt, dass Unternehmen, die etwa im Technologie-Aktienindex Nasdaq gelistet sind, auch dauerhaft mit Wertzuwächsen rechnen können. Eine Blase halten wir für unwahrscheinlich."

Kommt die zweite Corona-Welle?

Kurz- und mittelfristig aber hängt vieles von der weiteren Entwicklung der Corona-Pandemie und ihren Folgen für die Wirtschaft ab: Bleibt eine zweite Welle aus, gibt es keine weiteren Lockdowns, dürften Aktien klassischer Unternehmen, die statt Algorithmen echte Werte produzieren, wieder gewinnen. Zum Beispiel: die Autoindustrie.

"Geschieht das, könnten Tech-Aktien relativ gesehen an Attraktivität verlieren, sodass der Aufwärtstrend zumindest kurzfristig wieder etwas abflacht", sagt Bausch. Guinness hält das ebenfalls für wahrscheinlich. "Meiner Meinung nach werden wir in den nächsten sechs bis zwölf Monaten eine Wiederkehr der sogenannten Werteaktien erleben", erläutert er. "In einem Jahr dann wiederum werden die Tech-Titel eine wachsende Rolle spielen."

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Sollte ich jetzt Technologie-Aktien kaufen – und welche wären das?

Diese Entscheidung müssen Sie für sich selbst treffen. Zwar zeigt die jüngste Historie, dass beim Handel mit Tech-Aktien große – und auch schnelle – Gewinne möglich sind. Gleichzeitig ist klar: Vergangene Kursentwicklungen sind niemals ein Garant für künftige.

Und obwohl wahrscheinlich ist, dass Firmen wie Amazon und Google in absehbarer Zukunft weiter eine große, gar wachsende Rolle spielen werden, ist es nicht ausgemacht, dass gerade jetzt der beste Kaufzeitpunkt ist. "Als langfristiges Investment versprechen Technologie-Aktien durchaus wachsende Erträge", sagt Commerzbank-Experte Bausch. "Andererseits sind sie bei den aktuellen Rekordwerten auch sehr teuer. Wer unsicher ist, kann deshalb auch ruhig noch ein wenig warten."

Der Grund: Viele der wichtigsten Tech-Unternehmen stammen aus den USA, wo dieses Jahr noch die Präsidentschaftswahl ansteht. "Neben der Corona-Krise ist das ein großer Unsicherheitsfaktor", so Bausch. "Sollte bei der Wahl der aktuelle US-Präsident Donald Trump verlieren und sein Herausforderer Joe Biden gewinnen, dürften die US-Firmen höhere Steuern erwarten. Unabhängig davon, ob es wirklich so kommt – die Börse wird diese Möglichkeit früher oder später einpreisen, sodass niedrigere Kurse und damit günstigere Einstiegsmöglichkeiten für Tech-Aktien nicht ausgeschlossen sind."

Halbleiter-Technik gewinnt an Bedeutung

Jon Guinness von Fidelity sagt hingegen: "Wer sich mit dem Markt beschäftigt, kann jetzt durchaus noch mit einzelnen Aktien, aber auch entsprechenden Fonds einsteigen." Dabei aber sollten Anleger ihm zufolge nicht einfach wahllos irgendwelche Technologie-Aktien kaufen. "Die jüngst stark gehandelten Bleib-zuhause-Aktien wie Zoom oder Shopify würde ich erst einmal beobachten, weil sie stark im Preis gestiegen sind", sagt er.

"Firmen, die mit langfristigen Wirtschaftstrends ihr Geld verdienen, versprechen auch künftig noch wachsende Erträge", so der Experte weiter. "Das sind zum Beispiel die sozialen Netzwerke, vor allem auch Unternehmen, die an der Entwicklung von E-Autos oder an der Entwicklung des neuen 5G-Mobilfunkstandards mitwirken."

In welchem Punkt sich beide Experte einig sind: Spannend seien neben den erwähnten reinen Technologieunternehmen, die vor allem Computeralgorithmen entwickeln, auch Hersteller von Halbleitern wie zum Beispiel Infineon. Der Grund: Sie sind Zulieferer für Produzenten von Computerchips, aber auch für E-Auto-Hersteller wie Tesla.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Gespräche mit Commerzbank-Analyst Matthias Bausch und Fidelity-Fondsmanager Jon Guiness
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