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Gender-Pay-Gap: So wird die Lohnlücke zwischen Männern und Frauen berechnet


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Für diesen Beitrag haben wir alle relevanten Fakten sorgfältig recherchiert. Eine Beeinflussung durch Dritte findet nicht statt.

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Gender-Pay-Gap
18 oder 6 Prozent – welche Lohnlücke stimmt denn nun?


Aktualisiert am 06.03.2024Lesedauer: 6 Min.
Zwischen dem Gehalt von Frauen und Männern klafft noch immer eine Lücke – auch bei gleicher Arbeit.Vergrößern des Bildes
Zwischen dem Gehalt von Frauen und Männern klafft noch immer eine Lücke – auch bei gleicher Arbeit. (Quelle: gorodenkoff/getty-images-bilder)
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Frauen verdienen in Deutschland deutlich weniger als Männer. Allerdings fällt die Lohnlücke unterschiedlich groß aus – je nach Berechnung.

Wer der Frage nachgeht, warum Frauen am Ende ihres Erwerbslebens oft ärmer dastehen als erwartet, kommt sich vor, als öffne er eine Matrjoschka. In jeder Antwort steckt eine neue Frage.

Das wird bereits bei Erklärung Nummer eins deutlich: Frauen verdienen weniger als Männer – also haben sie von vornherein schlechtere Chancen, über ihr gesamtes Leben gleich viel Vermögen aufzubauen. Das ist nicht falsch, erklärt aber für sich genommen fast nichts.

Stattdessen wirft diese Antwort viele weitere Fragen auf: Warum verdienen Frauen weniger? Ist das System strukturell ungerecht? Oder haben Frauen die Wahl, entscheiden sich aber unbewusst zu ihren Ungunsten? Ein Erklärungsversuch zum Equal Pay Day.

Am Wochenende sprechen wir im "Tagesanbruch"-Podcast mit Familienministerin Lisa Paus anlässlich des Equal Pay Days über die Lohnlücke zwischen Männern und Frauen und wie diese kleiner werden kann. Die Folge finden Sie am Samstagmorgen hier auf t-online oder auf allen Podcastplattformen wie Spotify oder Apple Podcasts.

Was ist der Gender-Pay-Gap überhaupt?

Der Gender-Pay-Gap ist die Differenz zwischen dem durchschnittlichen Bruttostundenlohn von Frauen und Männern. Der Gap (Englisch für "Lücke") wird als prozentualer Anteil des Bruttostundenverdienstes der Männer angegeben.

Das heißt: Bei einem Gender-Pay-Gap von 10 Prozent würde der Bruttostundenlohn von Frauen 10 Prozent unter dem von Männern liegen. Dabei wird zwischen dem unbereinigten und dem bereinigtem Gender-Pay-Gap unterschieden (mehr dazu unten).

Wie groß ist der Gender-Pay-Gap in Deutschland?

Laut Statistischem Bundesamt erhielten Frauen 2023 durchschnittlich 18 Prozent weniger Bruttolohn pro Stunde als Männer. Sie verdienten demnach mit durchschnittlich 20,84 Euro brutto pro Stunde 4,46 Euro weniger als Männer (25,30 Euro). In den östlichen Bundesländern ist der Unterschied mit einer Lücke von 7 Prozent nach wie vor weitaus geringer als im Westen mit 19 Prozent.

Im langfristigen Vergleich hat sich die unbereinigte Lohnlücke etwas geschlossen: So verdienten Frauen zu Beginn der Messung im Jahr 2006 bundesweit durchschnittlich noch 23 Prozent weniger als Männer.

Auf lange Sicht bedeutet der Gender-Pay-Gap, dass Frauen oft mit weniger Rente auskommen müssen – oder finanziell von ihrem Partner abhängig sind. Das Beispiel einer Betroffenen lesen Sie hier. Der Gender-Pay-Gap ist bei älteren Frauen höher als bei jüngeren.

Achtung

Das Statistische Bundesamt weist darauf hin, dass die Ergebnisse ab 2022 nur eingeschränkt mit denen der Vorjahre vergleichbar seien. Grund dafür ist, dass die Behörde Datenquelle und Erhebungsmethode geändert hat.

Was unterscheidet den unbereinigten vom bereinigten Gap?

Der unbereinigte Gender-Pay-Gap basiert auf dem Durchschnittsverdienst aller Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen. Er umfasst also auch den Teil des Verdienstunterschieds, der beispielsweise dadurch verursacht wird, dass Frauen häufiger in schlecht entlohnten Berufen tätig sind und seltener Führungspositionen einnehmen.

Der bereinigte Gender-Pay-Gap hingegen misst Einkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen mit vergleichbaren Qualifikationen, Tätigkeiten und Erwerbsbiografien. Strukturbedingte Faktoren sind also weitgehend herausgerechnet.

Bereinigt ist die Lücke dabei deutlich niedriger, von 2014 bis 2018 verharrte sie bei 6 Prozent. 2022 verdienten Frauen mit vergleichbaren Qualifikationen, Tätigkeiten und Erwerbsbiografien wie Männer im Schnitt 7 Prozent weniger pro Stunde. Der bereinigte Gender-Pay-Gap wird nur alle vier Jahre neu berechnet.

Das Statistische Bundesamt weist auch hier darauf hin, dass die Vergleichbarkeit der aktuellen Ergebnisse mit den Vorjahresergebnissen erschwert sei (siehe Infobox). Zudem handele es sich bei dem Wert um eine Obergrenze, weil weitere lohnrelevante Informationen insbesondere zu Erwerbsunterbrechungen wegen Schwangerschaft, Geburt von Kindern oder Pflege von Angehörigen fehlten. Lesen Sie hier, was Teilzeit mit Ihrer Rente macht.

Was ist Diskriminierung – und was nicht?

Ob nun der unbereinigte oder der bereinigte Gender-Pay-Gap besser als Indiz für mangelnde Gleichbehandlung taugt, ist umstritten – und wohl eine Frage der Perspektive, was unter Diskriminierung zu verstehen ist.

Während Kritiker des bereinigten Gap bemängeln, dass er strukturelle Ungleichheiten nicht berücksichtige, wird am unbereinigten Gap kritisiert, dass er Äpfel mit Birnen vergleiche. Denn, so die Kritiker, die einbezogenen Unterschiede in den Erwerbsbiografien seien keine strukturelle Diskriminierung, sondern beruhten auf freien Entscheidungen der Frauen.

Das Argument ist hier also: Was selbst gewählt ist, kann keine Diskriminierung sein. Stellt sich allerdings die Frage, ob diese angeblich freie Wahl nicht doch zumindest teilweise aus strukturellen Ungleichheiten erwächst (mehr dazu im folgenden Abschnitt).

Welche Ursachen hat der Gender-Pay-Gap?

Wissenschaftliche Untersuchungen kommen im Wesentlichen auf drei Ursachenkomplexe für die Lohnlücke zwischen Frauen und Männern. Und um das Ganze noch komplizierter zu machen, bedingen die sich zum Teil gegenseitig:

  • Segregation des Arbeitsmarktes
  • Berufswahl und Karriereverhalten
  • Erwerbsunterbrechungen

Unter Segregation des Arbeitsmarktes versteht man, dass Männer und Frauen in Betrieben, Berufen, Branchen und Hierarchiestufen ungleich vertreten sind. Frauen arbeiten seltener in Führungspositionen und wählen überdurchschnittlich oft Berufe und Branchen, in denen die Löhne und Gehälter niedriger sind – etwa in der Bildung, dem Gesundheitswesen, der Pflege oder im Einzelhandel.

Während es bei den Hierarchieebenen sofort einleuchtet, dass Unterschiede dort automatisch zu Unterschieden in den Einkommen führen müssen, entstehen die niedrigeren Löhne in den sogenannten klassischen Frauenberufen nicht nur, weil es ökonomisch nachvollziehbare Gründe dafür gibt, wie etwa geringere Produktivität oder Effizienz. Stattdessen zeigen Studien, dass Berufe, in denen Frauen dominieren, gerade deshalb unterbewertet werden, weil sie von Frauen dominiert werden. Mehr zur unterschiedlichen Bezahlung von Berufen lesen Sie hier.

Gender-Pay-Gap in den Köpfen

In einem umfragebasierten Experiment fanden die Wissenschaftler Jule Adriaans, Carsten Sauer und Katharina Wrohlich heraus, dass sowohl Frauen als auch Männer es als gerecht bewerten, wenn Frauen sogar für dieselbe Arbeit ein geringeres Gehalt bekommen als Männer. Demnach erachten beide Geschlechter ein im Schnitt um drei Prozent geringeres Gehalt für Frauen bei sonst gleichen Merkmalen, wie dem Beruf und der Arbeitsleistung, als angemessen.

Interessant ist auch: Je älter die befragten und die bewerteten fiktiven Personen sind, desto größer fällt der als gerecht empfundene Gender-Pay-Gap aus. Das decke sich mit der tatsächlichen Lohnlücke, die mit dem Alter stark steigt.

Den Forschern zufolge deuten die Resultate darauf hin, dass Frauen und Männer ihre Erwartungen und Urteile über als gerecht empfundene Löhne auf Basis dessen bilden, was sie an tatsächlichen Ungleichheiten im Arbeitsleben beobachten. "Im Berufsleben erfahrene Ungleichheiten scheinen sich also in stereotypen Einstellungen widerzuspiegeln. Das kann den Gender-Pay-Gap letztlich zementieren", schreiben die Autoren.

Frauen arbeiten öfter in Teilzeit und Minijobs

Unbewusste Stereotype spielen auch bei der Berufswahl und beim Karriereverhalten von Frauen eine Rolle, was wiederum die ungleiche Verteilung am Arbeitsmarkt festigt. Mehr dazu lesen Sie in diesem Artikel. So ist der Frauenanteil in Niedriglohnbranchen wie dem Einzelhandel oder dem Pflegebereich besonders hoch.

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Es verwundert daher nicht, dass 2023 19 Prozent der Frauen zu Niedriglöhnen arbeiteten, während Männer das nur zu 13 Prozent taten. Die Niedriglohngrenze liegt derzeit bei einem Bruttoverdienst von 13,04 Euro pro Stunde. Allerdings zeigt sich eine positive Entwicklung: Der Anteil an Beschäftigungsverhältnissen im Niedriglohnsektor sank bei den Frauen mit einem Rückgang um vier Prozentpunkte im Zeitraum April 2022 bis April 2023 etwas stärker als bei den Männern. Hier ging er um drei Prozentpunkte zurück.

Hauptursache für die weiter bestehende Lücke ist nicht nur, dass Frauen oft in gering bezahlten Berufen und Branchen arbeiten, sondern auch, dass sie sehr viel häufiger Teilzeit- oder geringfügig Beschäftigte sind. Frauen arbeiten zudem häufiger als Männer in Minijobs. Ein Grund für diese Verteilung ist die noch immer schwierige Vereinbarkeit von Beruf und Familie, etwa weil Betreuungszeiten in Kitas nicht die komplette Arbeitszeit abdecken oder Angehörige zu Hause gepflegt werden. Hinzu kommen steuerliche Fehlanreize (mehr dazu hier).

War 2022 fast die Hälfte der abhängig erwerbstätigen Frauen (49 Prozent) in Teilzeit beschäftigt, waren es bei den Männern nur 13 Prozent. Nach Angaben des Statistischen Bundesamts hat die Teilzeitbeschäftigung sowohl bei Frauen als auch bei Männern seit 2010 leicht zugenommen. Nach Zahlen der Minijobzentrale waren im dritten Quartal 2023 in Deutschland 57 Prozent der rund 6,7 Millionen gewerblichen Minijobber weiblich.

Stereotype beeinflussen wichtige Entscheidungen

Noch immer spielt hier offenbar das Stereotyp eine Rolle, dass vor allem Frauen dafür verantwortlich seien, sich um die Kinder zu kümmern. Entsprechend wählen sie Berufe aus, bei denen sich Job und Familie angeblich besser vereinbaren lassen.

Eine Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) zeigt, dass sich diese Art zu denken schon früh in den Köpfen festsetzt. Demnach beeinflussen gesellschaftliche und geschlechterspezifische Stereotype die Bildungs- und Berufswahl von Mädchen und Jungen stärker als ihre tatsächlichen Kompetenzen.

Positive Signale bei Führungspositionen

Nicht zuletzt nehmen Frauen seltener Führungspositionen ein – auch wenn sich in den vergangenen Jahren etwas getan hat. Nach einer Auswertung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) haben Vollzeit arbeitende Frauen inzwischen die gleichen Chancen auf eine Führungsposition wie Vollzeit arbeitende Männer.

Im Jahr 2000 hatten noch rund fünf Prozent der Vollzeit arbeitenden Frauen eine Führungsposition inne, im Jahr 2020 waren es rund 7 Prozent. Gleichzeitig ist der Anteil an Führungskräften unter Vollzeit arbeitenden Männern von 9 auf 7 Prozent geschrumpft.

Aufgaben in der Partnerschaft ungleich verteilt

Ein Problem ist allerdings unverändert: Noch immer übernehmen hauptsächlich Frauen die Betreuung der Kinder, was sich auch in der Elterngeldstatistik widerspiegelt. Im 3. Quartal 2023 waren mehr als drei Viertel der Elterngeldbezieher in Deutschland Frauen. Allerdings steigt der Männeranteil seit 2015 jedes Jahr an: 2022 hat sich der Anteil der Männer mit Elterngeld um 2,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr erhöht.

Auch in der Dauer des Elterngeldes unterscheiden sich Frauen und Männer deutlich: Während Frauen im Schnitt für 14,6 Monate Elterngeld beantragen, wollen es Männer durchschnittlich nur für 3,6 Monate beziehen. Am höchsten ist der Elterngeldbezug bei Vätern in Berlin: Sie erhielten die Leistung durchschnittlich fünf Monate lang.

Auszeiten vom Job bedeuten für die Frauen oft einen Knick beim Gehalt oder der Karriere generell. Nach dem Motto: Wer nicht da ist, steigt auch nicht auf. Die Männer kümmern sich in der Folge stärker darum, beruflich voranzukommen – auch um den Wegfall des Gehalts der Frau zu kompensieren.

Verwendete Quellen
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