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Teurer Sprit trotz fallender Ölpreise: Wer profitiert eigentlich?


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Teurer Sprit
Verdienen sich die Ölkonzerne eine goldene Nase?


Aktualisiert am 16.03.2022Lesedauer: 5 Min.
Preistafel an einer Tankstelle in Bayern (Symbolbild): Die Spritpreise sind trotz fallender Ölpreise aktuell besonders hoch.Vergrößern des Bildes
Preistafel an einer Tankstelle in Bayern (Symbolbild): Die Spritpreise sind trotz fallender Ölpreise aktuell besonders hoch. (Quelle: Sven Simon/imago-images-bilder)
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Nachdem die Ölpreise im Zuge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine zunächst explodiert waren, fallen sie nun wieder. An der Tankstelle zeigt sich das aber noch nicht. Warum?

Die Ölpreise fallen, doch Sprit bleibt weiter teuer: Was viele Deutsche nicht verstehen, will Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) nun vom Bundeskartellamt überprüfen lassen. Auf t-online-Anfrage bestätigte das Ministerium einen entsprechenden Bericht des "Spiegel".

"Es darf nicht sein, dass Unternehmen aus der jetzigen Situation unangemessene Gewinne schlagen", sagte Habeck t-online. "Wenn es dafür Hinweise geben sollte, etwa auch beim Vergleich mit den Preisbewegungen in anderen EU-Ländern, werden wir gesetzgeberische Maßnahmen vorbereiten, um dem Bundeskartellamt eine bessere Marktüberwachung bei den Kraftstoffen zu ermöglichen."

Der indirekte Vorwurf lautet also: Geheime Preisabsprachen zwischen den Mineralölkonzernen, die weiter für horrende Benzin- und Dieselpreise sorgen, obwohl Rohöl nach den jüngsten Rekordwerten wieder billiger wird.

Habeck greift damit eine Kritik auf, die unlängst immer lauter wurde: Bereichern sich die Öl- und Spritfirmen am Krieg in der Ukraine, verdienen sie sich eine goldene Nase, indem sie Sprit teurer an die Tankstellen verkaufen als sie müssten?

So viel kassiert der Staat beim Sprit

Um das zu verstehen, lohnt zunächst ein Blick auf die genaue Zusammensetzung der Spritpreise. In Deutschland machen Steuern und Abgaben zwei Drittel davon aus. Da gibt es zum einen den festen Abgabenanteil pro Liter Treibstoff, der an den Staat fließt. Bei Benzin fallen 65,45 Cent Mineralölsteuer an, auch Energieabgabe genannt, bei Diesel sind es 47,04 Cent.

Hinzu kommt die prozentual gerechnete Mehrwertsteuer, die tatsächlich von der Höhe des Netto-Liter-Preises abhängt: 19 Prozent. Hinzu kommt seit dem 1. Januar 2021 die CO2-Abgabe. Diese macht bei Benzin rund 7 Cent aus, beim Diesel sind es 8 Cent.

Außerdem müssen Mineralölunternehmen einen Beitrag an den deutschen Erdölbevorratungsverband (EBV) zahlen. Bei einem Liter Benzin liegt dieser Beitrag allerdings unter einem Cent. Die meisten Abgaben haben also eine feste Höhe und ändern nichts an den Einnahmen für den Staat – auch wenn der Preis insgesamt steigt. Der Staat profitiert bei gleichbleibenden Abnahmemengen zu höheren Preisen also lediglich über die Mehreinnahmen bei der Mehrwertsteuer.

"Kraftstoffpreis ist vom Rohölmarkt entkoppelt"

Das verbleibende Drittel des Benzinpreises nach Steuern und Abgaben hängt demnach vom Ölpreis ab, von den Kosten für die Öl-Verarbeitung sowie von der Gewinnmarge der Tankstellen.

Und genau hier wird es spannend. Denn normalerweise schlagen sich Veränderungen beim Ölpreis relativ schnell auf die Preise an der Tankstelle durch. Momentan aber ist das anders.

Wo bleibt der Differenzbetrag zwischen Rohöleinkauf und Spritpreisen dann hängen? An den Tankstellen selbst wohl kaum. Die meisten Tankwarte sind Pächter und erhalten eine feste Marge von wenigen Cent pro verkauftem Liter Sprit. Einen Großteil ihrer Einnahmen generieren sie in den Tankstellenshops und mit zusätzlichen Dienstleistungen wie Autowäsche.

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"Wir sehen, dass der explosionsartige Anstieg der Kraftstoffpreise mittlerweile quasi entkoppelt ist vom Rohölpreis", heißt es vom ADAC auf Anfrage von t-online. Das lässt sich auch leicht aus den Zahlen der Markttransparenzstelle für Kraftstoffe ablesen: Im Januar und Februar lag der Überschuss der Anbieter nach Abzug vom Rohölpreis und Steuern zwischen 23 und 31 Cent pro Liter Benzin und zwischen 36 und 38 Cent je Liter Diesel.

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In der ersten Märzwoche erfolgte dann ein deutlicher Anstieg der Rohölpreise, zunächst gab es aber keine großen Veränderungen bei den Überschüssen. Am 13. März hingegen war der Überschuss bei E10 auf 43 Cent gestiegen, bei Super auf knapp 48 Cent und bei Diesel auf knapp 70 Cent. Mittlerweile sind diese sogar noch höher.

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Diesel ist besonders teuer

Die Einschätzung der entkoppelten Preise teilt auch Energieexperte Thomas Puls vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW). Für die hohen Spritpreise gebe es mehrere Faktoren. "Es herrscht immer noch Panikmodus, das treibt die Preise für verarbeitete Ölprodukte in die Höhe", sagt Puls t-online. Denn aus Rohöl muss erst Benzin werden, dabei gebe es aktuell einige Einschränkungen, da die Lieferungen aus Russland eingeschränkt seien.

"In Europa gibt es verhältnismäßig viele Pkw mit Dieselmotor. Dabei sind wir auch auf Lieferungen aus Russland angewiesen. Die direkten Dieselimporte aus Russland entsprechen in etwa 14 Prozent des Verbrauchs im Straßenverkehr", und das sei noch nicht alles, so Puls.

"Noch mehr russischer Diesel dürfte über die Niederlande zu uns kommen, da Rotterdam eine wichtige Drehscheibe für die Versorgung Europas mit Erdölprodukten ist." Verstärkt werde das Problem durch eine erhöhte "saisonale Nachfrage nach Heizöl". Denn Heizöl ist Diesel sehr ähnlich, beanspruche also ähnliche Produktionskapazitäten, erläutert Puls. So erkläre sich auch, dass der Dieselpreis noch deutlich stärker angestiegen sei als die Benzinpreise.

Kritik an Mineralölkonzernen

"Trotz aller kriegsbedingter Sondereffekte und Erklärungen für die hohen Spritpreise – irgendwo zwischen Ölförderung und Tankstelle bleibt das zusätzliche Autofahrergeld hängen", sagt Jürgen Albrecht, Kraftstoffmarkt-Experte beim ADAC. "Die Mineralölkonzerne verdienen im Raffineriegeschäft derzeit richtig gutes Geld."

Noch harscher ist die Kritik vom baden-württembergischen Finanzminister Danyal Bayaz (Grüne). Auf Twitter schrieb er: "Mein Eindruck ist, dass ein paar Ölmultis gerade den großen Reibach machen." Auch sein Parteikollege Sven-Christian Kindler, haushaltspolitischer Sprecher der Bundestagsfraktionen, findet am Mittwochmorgen deutliche Worte. Dem "Deutschlandfunk" schildert er seinen Verdacht, dass Mineralölkonzerne "Milliardengewinne auf Kosten der Autofahrer" machten und forderte deshalb eine kartellrechtliche Überprüfung.

Auch Marcel Fratzscher, Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, sieht die Unternehmen als Profiteure der Krise. Auf Twitter schreibt er: "Der wichtigste Grund für den starken Anstieg der Spritpreise sind die viel höheren Gewinnmargen der Mineralölkonzerne." Er verweist dabei auf die Daten zu den Überschüssen.

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Ökonomen: Subventionen sind der falsche Weg

Etwas vorsichtiger formuliert es Ökonom Gabriel Felbermayr, Leiter des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung. Mit Bezug auf die gleichen Daten schreibt er: "Der 'Überschuss' überschätzt mit Sicherheit die Margen der Erdölindustrie." Doch Subventionen seien der falsche Weg, zunächst "muss geklärt werden, was hier Sache ist". Mit den Subventionen bezieht er sich auf die verschiedenen politischen Vorschläge zur Entlastung der Autofahrer, darunter auch den Tankrabatt von Bundesfinanzminister Christian Lindner (t-online berichtete).

Die wenigsten Konzerne lassen sich bei ihrer Preisgestaltung gerne in die Karten schauen. Eine Ausnahme bildet dabei der finnische Konzern Neste. Das Unternehmen weist auf seiner Internetseite die tagesaktuellen Raffinerie-Margen in US-Dollar pro Barrel (159 Liter) aus. Zwischen Mitte Februar (ca. 8 Dollar) und Anfang März (Höchstwert bei 42 Dollar) hat sich der Wert verfünffacht. Aktuell sinkt die Marge wieder, aber liegt immer noch bei 26 Dollar.

Dass die Konzerne derzeit durchaus wieder gut verdienen, teilte sogar der Branchenverband En2x mit. Ein Sprecher sagte der "Tageszeitung" (taz): "Die Raffinerien verdienen derzeit deutlich mehr Geld als vorher."

Rohölfirmen sprechen von "Knappheit"

Auf Anfrage von t-online bestätigte der Verband die Aussage grundsätzlich, wies aber darauf hin, dass die Unternehmen sehr unterschiedlich von der aktuellen Situation betroffen seien und zuvor in der Corona-Krise große Einbußen verzeichnet hätten.

Tatsächlich verzeichneten große Konzerne nach Jahren der deutlichen Gewinne im Jahr 2020 teils Verluste. BP etwa machte bei einem Umsatz von 180 Milliarden US-Dollar (163 Milliarden Euro) einen Verlust von 20 Milliarden Dollar (18 Milliarden Euro). Bei Shell hingegen reichte es auch 2020 noch für schwarze Zahlen, der Konzern machte 4,8 Milliarden Dollar (4,36 Milliarden Euro) Gewinn. Mit dem Aufschwung der Wirtschaft im vergangenen Jahr ging es für die Konzerne dann deutlich aufwärts.

Zu den aktuellen Preisdiskrepanzen sagte der Verbandssprecher, dass eine erhöhte Nachfrage bestehe. "Gleichzeitig ist das Produktangebot zurückgegangen, weil die Unternehmen bewusst den Import von Diesel und auch Rohöl aus Russland reduzieren." Anders als Rohöl gebe es bei verarbeitetem Öl aktuell eine "Produktknappheit", was zu höheren Preisen führte.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Anfrage an das Bundeswirtschaftsministerium
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