Skandal in der Schweiz Ex-Raiffeisenchef ließ Bank für Stripclub-Besuche bezahlen
Der ehemalige Lieblingsbänker der Schweiz, Pierin Vincenz, soll betrogen und sich Millionen erschlichen haben. Selbst für seine teuren Exzesse in Stripclubs hat er seine Bank bezahlen lassen. Eine Chronik des Absturzes.
In wenigen Tagen, am 25. Januar, beginnt der Prozess gegen den ehemaligen Chef der Schweizer Raiffeisenbank, Pierin Vincenz. Mit der veröffentlichen Anklageschrift kommen auch immer mehr – teils pikante – Details zu Tage, was sich der heute 65-Jährige in seiner Zeit erlaubt haben soll.
Auf 364 Seiten hat die Staatsanwaltschaft die Fehltritte des ehemaligen Stars der Bankenszene und seines langjährigen Geschäftspartners Beat Stocker in der Anklageschrift zusammengefasst.
Die Vorwürfe beruhen auf 550 Ordnern voller Beweismaterial, das die auf Wirtschaftskriminalität spezialisierte Staatsanwaltschaft im Kanton Zürich während der dreijährigen Ermittlungen zusammengetragen hat. Ihre Forderung ist deutlich: Sie fordert bis zu sechs Jahre Haft für den Bänker.
Wilde Nächte in Luxushotels
Es ist der größte Wirtschaftsprozess in der Schweizer Geschichte seit der Swissair-Pleite. Am meisten Aufsehen erregen dabei die Eskapaden mit jungen Frauen. Dazu kommt aber noch eine Vielzahl an schwerwiegenderen Delikten, etwa die Vorwürfe wegen gewerbsmäßigen Betrugs- und Untreue sowie Urkundenfälschung und passiver Bestechung.
In der Öffentlichkeit erringen vor allem die pikanten Exzesse des Ex-Bankenchefs große Aufmerksamkeit, darunter etwa Besuche im Rotlicht-Milieu auf Spesenkosten der Bank oder wilde Nächte mit jungen Frauen in Luxus-Hotelzimmern. Insgesamt soll Vincenz sich Auslagen in Höhe von 561.000 Franken unrechtmäßig von der Bank erstattet haben lassen.
Sei es die häufige Nutzung des Helikopters zu Terminen oder die Urlaubsreise nach New York, Australien oder Mallorca mit dem Firmenjet – der ehemalige Bänker zückte allzu häufig die Firmenkreditkarte. Allein für Besuche in Striplokalen sollen sich Kosten in Höhe von 200.000 Franken angesammelt haben. Die Schweizer Zeitung der Blick hat diese Zahlungen in einer Grafik aufgeschlüsselt, die auf dem Sozialen Netzwerk Twitter mit gewisser Häme verteilt wird.
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25 Millionen Franken durch versteckte Beteiligungen
Der Verwaltungsrat der Schweizer Bank ließ ihn gewähren. Und so installierte der ehemalige Raiffeisen-Chef sogar seine damalige Ehefrau, Nadja Ceregato, als Leiterin der Rechtsabteilung und nutzte ihre Position durchaus aus. 2018 soll sie ihm nach Informationen der "NZZ" ein geheimes Strategiepapier weitergereicht haben, als er bereits nicht mehr CEO der Bank war. Dafür verurteilte die Züricher Staatsanwaltschaft seine heutige Ex-Frau im vergangenen Jahr zu einer Geldstrafe.
Das zweite Laster des Ex-Bänkers war offensichtlich auch die Gier nach Geld. Neben wilden Spekulationen an der Börse sollen sich Vincenz und sein Geschäftspartner verdeckt an Unternehmen beteiligt haben, an denen sich auch die Raiffeisenbank beteiligte – allerdings zu deutlich höheren Preisen als die beiden Manager.
Allein mit diesen Geschäften sollen sie 25 Millionen Franken Gewinn gemacht haben. Im Falle eine Verurteilung müssten beide diese Summe zurückbezahlen.
Vincenz bestreitet alle Vorwürfe
Es ist ein tiefer Fall für Pierin Vincenz, sein einst so guter Ruf hat bereits jetzt einen schweren Knacks erlitten. Als Vorzeigemanager hat er einst die Schweizer Raiffeisenbank reformiert. Mit einem Fokus auf das Immobiliengeschäft machte er die Genossenschaftsbank wieder zu einen der fünf systemrelevanten Banken der Schweiz.
Ob die Bank ihm in Gegenzug deutlich mehr Spielraum gewährt hat als rechtlich erlaubt oder die internen Kontrollmechanismen versagten, bleibt ungewiss. Vincenz ist sich zumindest keiner Schuld bewusst. Er bestreitet seit Jahren die Vorwürfe, auch sein Geschäftspartner Stocker dementiert die Anschuldigungen.
Für die vielen Besuche im Rotlichtmilieus hat Stocker eine vermeintlich sachliche Erklärung: "Natürlich war ich auch einmal in Bars oder in Striplokalen, oftmals sind das die einzigen Orte, wo man spätabends noch Abendessen oder einen Drink nehmen kann nach einer Sitzung“, sagte er etwa im Interview mit der NZZ.