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Zwei Jahre Pandemie: So verändert Corona die Arbeiswelt


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Wer darf, wer nicht?
So stark spaltet das Homeoffice Deutschland


Aktualisiert am 30.11.2021Lesedauer: 4 Min.
Arbeit vom Küchentisch: Wenn die Kinder nicht betreut waren, empfanden viele Befragte das Homeoffice als Belastung.Vergrößern des Bildes
Arbeit vom Küchentisch: Wenn die Kinder nicht betreut waren, empfanden viele Befragte das Homeoffice als Belastung. (Quelle: Michaela Bergsteiger/imago-images-bilder)

Besonders Akademiker dürfen in der Pandemie von zu Hause arbeiten, andere müssen für weniger Lohn am Arbeitsplatz Stellung halten. Eine DGB-Studie zeigt: Eine höhere Belastung aber spüren alle.

Die Corona-Fälle steigen in Deutschland stark an – längst leuchten weite Teile der Deutschlandkarte angesichts hoher Inzidenzen nicht mehr Alarmrot, sondern bereits Lila oder Schwarz. Für viele Arbeitnehmer heißt es daher auch in diesem Winter: Raus aus dem Büro, rein in die eigenen vier Wände.

Doch nicht jeder kann spontan den Arbeitsort wechseln und sich so auch vor einer womöglich gefährlichen Corona-Infektion schützen. Eine aktuelle Studie des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), die t-online vorab vorliegt, zeigt: Die Chancen auf sichere Heimarbeit sind sehr ungleich verteilt.

Für die neueste Ausgabe des Index "Gute Arbeit" hat der DGB rund 400 Beschäftige im ersten Halbjahr 2021 befragt. Ein Ergebnis: ein gespaltenes Deutschland – denn im Arbeitsalltag können sich nur bestimmte Gruppen dem Virus im Homeoffice entziehen.

Jeder Vierte fühlt sich auf der Arbeit unsicher

Arbeitnehmer etwa, die hochkomplexe Aufgaben in ihren Jobs verrichten und dafür oft einen höheren Universitätsabschluss brauchen, können am ehesten im Homeoffice arbeiten. Laut dem Index sind 71 Prozent von ihnen sehr oft oder oft im Homeoffice.

Bei Arbeitnehmern mit einer abgeschlossenen Ausbildung hat dagegen nur jeder fünfte die Möglichkeit, im Homeoffice zu arbeiten. Ungelernte Hilfsarbeiter können dagegen so gut wie nie auf die Heimarbeit ausweichen. Es zeigt: Die besser bezahlten Arbeitnehmer müssen sich in vielen Branchen auch weniger in Gefahr bringen.

Es verwundert daher nicht, dass viele Arbeitnehmer sich in der Konsequenz nicht sicher an ihrem Arbeitsplatz fühlen. Knapp ein Viertel der Befragten habe nicht das Gefühl, dass ihr Arbeitgeber sie ausreichend vor einer Infektion schützen würde.

Genau das soll das neue Infektionsschutzgesetz, das in der vergangenen Woche in Kraft trat, eigentlich verhindern. Es steckt klare Regeln ab: 3G am Arbeitsplatz und Homeoffice-Pflicht, wo immer es möglich ist. DGB-Chef Reiner Hoffmann mahnt deshalb: "Nun kommt es darauf an, dass diese Regeln auch umgesetzt werden, sonst drohen zurecht Sanktionen. Die Gesundheit der Beschäftigten muss auch in der vierten Pandemiewelle höchste Priorität haben."

"Das sollte uns beunruhigen"

Besonders im pädagogischen Bereich fühlen sich viele Arbeitnehmer unsicher. Fast 60 Prozent der befragten Erzieher und Erzieherinnen gaben an, gar nicht oder kaum vor einer Erkrankung geschützt zu werden. Auch fast jeder zweite Lehrer fühlt sich in seinem Job unsicher.

Hoffmann sieht diese Zahlen als Alarmsignal. "Dass ausgerechnet die Menschen, die uns in den systemrelevanten Berufen seit fast zwei Jahren durch die Pandemie bringen, überdurchschnittlich stark unter den Defiziten im betrieblichen Infektionsschutz leiden, sollte uns alle beunruhigen", so der DGB-Chef. Im Pflegebereich haben viele Arbeitnehmer bereits die Konsequenzen gezogen – und gekündigt.

Dabei waren es gerade die Angehörigen pädagogischer Berufe, die den Beschäftigen anderer Branchen im Corona-Homeoffice den Rücken frei hielten. Mehr als jeder Dritte nahm die Arbeit zu Hause als eine Belastung wahr, wenn die Kinder ebenfalls daheim betreut werden mussten. Als Kindertagesstätten und Schulen im vergangenen Jahr in den Notbetrieb wechselten, stellte das viele Eltern vor große Herausforderungen.

Homeoffice hat auch Schattenseiten

Was die DGB-Umfrage in diesem Zuge auch zeigt: Nicht für alle Arbeitnehmer ist das Homeoffice ein Grund zur Freude. Wie die Befragten das Homeoffice bewerteten, kam vor allem auch auf die Umstände bei ihnen zu Hause an. Während etwas mehr als die Hälfte der Befragten ein eigenes Arbeitszimmer in der Wohnung haben, arbeiten 43 Prozent vom Küchentisch oder Schlafzimmer aus.

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Das kann keine Dauerlösung sein, finden die Gewerkschaften. "Der Gesetzgeber muss einen Rechtsrahmen für mobiles Arbeiten einführen und dafür sorgen, dass Homeoffice nicht zur arbeitsschutzfreien Zone wird", sagt Hans-Jürgen Urban, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall.

Dabei gehe es nicht nur um ergonomische Stühle und vernünftige Bildschirme. Auch Überstunden oder ständige Erreichbarkeit seien ein Thema. Zwar hielten viele Manager ihre Mitarbeiter im Homeoffice für deutlich weniger fleißig. Die Angaben der befragten Arbeitnehmer jedoch stellen diesen Eindruck mindestens infrage.

Arbeitnehmer zahlen Kosten für das Homeoffice selbst

Fast jeder dritte Arbeitnehmer machte laut Befragung im Homeoffice unbezahlte Überstunden. Noch mehr Mitarbeiter sind auch nach Feierabend für ihren Chef erreichbar – das Homeoffice lässt die Grenzen zwischen Arbeit und Zuhause verschwimmen.

Auf den Kosten bleiben dabei fast alle Arbeitnehmer sitzen. 90 Prozent bekommen keinen Zuschuss für Strom, Internet oder das heimische Arbeitszimmer, zeigt der Index. Fast jeder zweite muss sogar seine private Geräte, etwa seinen eigenen Computer oder sein eigenes Handy, für die Arbeit zu Hause hergeben.

Auch diese Ausgaben übernehmen viele Arbeitgeber nicht. Gleichzeitig möchte aber mehr als jedes dritte Unternehmen Büroflächen in Zukunft durch Heimarbeit einsparen.

Pandemie dürfte die Arbeitswelt nachhaltig verändern

Das dürfte nicht bei allen Arbeitnehmer gut ankommen. Nach mehr als einem Jahr Homeoffice haben 30 Prozent der Befragten der Heimarbeit schlechte Noten gegeben. Ihre Belastung sei zu Hause gestiegen – 15 Prozent finden die Arbeit am heimischen Schreibtisch dagegen entspannter. Der Großteil der Befragten sieht keinen Unterschied.

So oder so, viele Aspekte wie Videokonferenzen oder das mobile Arbeiten werden bleiben, glaubt auch Hoffmann. "Umso mehr kommt es darauf an, die richtigen Schlüsse aus der Pandemiezeit zu ziehen", sagt er. "Es ist nicht damit getan, nur neue Technologien bereitzustellen." Die gute Nachricht bei alldem: Trotz vieler Baustellen scheint die Arbeitswelt insgesamt auf dem richtigen Weg zu sein – der Gesamtindex liegt auch im zweiten Jahr der Pandemie mit 65 von 100 Punkten höher als noch vor Corona.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Index Gute Arbeit 2021 des DGB
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