"Profit über das Leben gestellt" Johnson & Johnson steht in USA wegen Opioid-Krise vor Gericht
Sie sollen Risiken verharmlost haben, um mehr Umsatz zu machen: Nun droht vier Pharmaunternehmen in den USA Schadenersatz in Milliardenhöhe. Unter den Angeklagten ist auch der Impfstoff-Hersteller Johnson & Johnson.
Der US-Konzern Johnson & Johnson und drei weitere Pharmaunternehmen stehen wegen Mitverantwortung an der Opioid-Krise in den USA vor Gericht. Drei kalifornische Bezirke und die Stadt Oakland forderten in ihrer am Montag (Ortszeit) verlesenen Klage einen Schadensersatz in Milliardenhöhe von Johnson & Johnson, Teva, Endo und Allergan. Den Unternehmen wird vorgeworfen, die Risiken starker Opioid-Schmerzmittel aus Profitgier verharmlost zu haben.
"Die Angeklagten haben den Profit über das Leben gestellt und die Öffentlichkeit über die wirklichen Gefahren von Opioiden getäuscht", sagte der Rechtsvertreter des Bezirks Santa Clara County, James Williams. Die Pharmafirmen hätten die Gefahren einer Langzeiteinnahme von Opioiden bewusst heruntergespielt.
Schmerzmittel Fentanyl 50 Mal stärker als Heroin
Die Kläger – die kalifornischen Bezirke Santa Clara, Los Angeles und Orange sowie die Stadt Oakland – fordern von den Unternehmen, ihr Marketing für die Schmerzmittel in Zukunft einzustellen. Der Staat Kalifornien habe enormen Schaden erlitten, während die angeklagten Unternehmen beispielsweise 2014 "Blockbuster-Gewinne" von elf Milliarden Dollar (9,11 Milliarden Euro) durch die Opioide erzielt hätten. Die angeklagten Unternehmen äußerten sich zunächst nicht zu den Vorwürfen.
Zu den Opioiden zählt das Schmerzmittel Fentanyl, das 50 Mal stärker ist als die illegale Opioid-Droge Heroin. Tausende Klagen im Zusammenhang mit der Opioid-Krise wurden bereits bei US-Gerichten eingereicht. Allein im Jahr 2019 starben 50.000 Menschen in den USA an der übermäßigen Einnahme von Opioiden. Binnen zwei Jahrzehnten waren es nach Angaben der US-Gesundheitsbehörde CDC fast eine halbe Million Todesopfer.
Klage kommt für Johnson & Johnson zur Unzeit
Johnson & Johnson war 2019 im Zusammenhang mit der Opioid-Krise bereits zu einer Strafzahlung in Höhe von 465 Millionen Dollar verurteilt worden, weil das Unternehmen nach Auffassung des Gerichts in Oklahoma die Risiken heruntergespielt hatte. J&J ging in Berufung, eine Entscheidung steht noch aus.
Das nun eingeleitete Gerichtsverfahren kommt für J&J zur Unzeit, da das US-Unternehmen bereits in einen Skandal um Babypuder verwickelt ist. Auch mit seinem Corona-Impfstoff gibt es Probleme. Sein Einsatz in den USA wurde nach Berichten über gefährliche Blutgerinnsel bei sechs damit geimpften Frauen ausgesetzt. Außerdem wurde die Herstellung des Vakzins in einem Werk in Baltimore gestoppt, nachdem dort eine Produktionspanne zahlreiche Impfdosen unbrauchbar gemacht hatte.
- Nachrichtenagentur AFP