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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Nach Gerichtsurteil Schuhläden dürfen in Bayern wieder öffnen
Kunden können in Bayern nun wieder in den Läden Schuhe anprobieren. Das sei unverzichtbar für den täglichen Bedarf, urteilte ein Gericht. Die Entscheidung könnte auch für andere Bundesländer Folgen haben.
Die Pandemie nimmt in Deutschland und ganz Europa wieder Fahrt auf. Die Intensivmediziner warnen vor vollen Intensivstationen in vier Wochen, fordern einen harten Lockdown – und in Bayern machen die Schuhläden wieder auf. Während Bayerns Ministerpräsident Markus Söder sich selbst zum "Team Vorsicht" zählt und sich immer wieder prominent gegen Lockerungen platziert, muss er nun vor der eigenen Haustür eine Niederlage einstecken.
Hintergrund ist ein Urteil des Bayrischen Verwaltungsgerichtshofes vom 31. März, das t-online vorliegt. Das Gericht erklärte in dem Urteil Schuhläden zu den unverzichtbaren Geschäften – und damit dürfen diese wieder öffnen. Geklagt hatte ein Schuhhändler aus Schweinfurt. Er wollte, dass die Lockdown-Regelungen für Schuhgeschäfte ausgesetzt werden. Das Gericht lehnte das ab – machte den Weg aber auf eine andere Art frei.
Denn im Urteil stuft es Schuhläden als "sonstiges für die tägliche Versorgung unverzichtbares Ladengeschäft" ein – und damit dürfen nun alle Schuhläden in Bayern öffnen. Als Begründung schloss sich das Gericht den Argumenten des Schuhhändlers an. Denn gerade für Kinder und Jugendliche seien passende Schuhe wichtig für die Fußgesundheit. Da sie sehr schnell wachsen, könnte dieser Bedarf tatsächlich täglich eintreten, unterstreicht das Gericht.
Onlinehandel reicht nicht als Ersatz
Zudem verweist das Gericht auf die Öffnungen von Garten- und Baumärkten, Versicherungsbüros oder Buchläden, die ebenfalls als unverzichtbar gelten, obwohl diese Läden kaum ein Kunde jeden Tag nutzen würde. "Der täglichen Versorgung dienen Ladengeschäfte nicht erst dann, wenn sie der Deckung eines im eigentlichen Wortsinn täglich auftretenden Bedarfs jedes einzelnen dienen", heißt es in dem Urteil. Vielmehr wäre ausschlaggebend, dass ein individueller Bedarf gedeckt werde, der täglich auftreten könnte – etwa neue Schuhe bei Wachstumsschüben der Kinder.
Die Leistungen der Onlinehändler oder Click-und-Collect-Angebote, wie sie der Einzelhandel im Lockdown häufiger anbietet, seien kein Argument für weitere Schließungen. Das Gericht verweist darauf, dass Kunden durch diese Angebote etliche Nachteile entstünden.
Die Regelung zählt allerdings nur für Bayern – sie könnte aber Auswirkungen auf die anderen Bundesländer haben. Schuhhändler aus ganz Deutschland könnten nun versuchen, mit Eilanträgen ähnliche Beschlüsse an den Gerichten ihres Bundeslandes einzubringen.
Immer mehr Bundesländer weichen von den Beschlüssen der Ministerpräsidentenkonferenz ab. Das bayrische Urteil dürfte daher nur dazu beitragen, dass es für Bürgerinnen und Bürger immer unübersichtlicher wird, was nun in welchem Bundesland noch erlaubt ist.
- Urteil des Bayrischen Verwaltungsgerichtshofs