Pflanzenschutzmittel-Affäre Monsanto soll Glyphosat-Studien mitfinanziert haben
Hat Monsanto auch in Deutschland unethische Lobbyarbeit betrieben und Einfluss auf politische Entscheidungen genommen? Laut einem neuen Bericht soll der Konzern zwei Studien über Glyphosat finanziert haben.
Monatlich klagen mehr Menschen wegen möglicher Glyphosat-Folgen gegen die Bayer-Tochter Monsanto. Der Streit um Glyphosat weitet sich immer mehr aus. Jetzt berichtet die "Süddeutsche Zeitung" über Dokumente, die beweisen sollen, dass der US-Konzern auch in Deutschland heimlich zwei Glyphosat-Studien in Auftrag gegeben und mitfinanziert haben soll.
Bayer bestätigt Finanzierung der Glyphosat-Studien
Der Bayer-Konzern, der Monsanto inzwischen übernommen hat, räumt Finanzierung und Auftrag auf Anfrage ein. Die Unterstützung durch Monsanto ist auf den finalen Publikationen nicht gekennzeichnet. Damit steht der Verdacht im Raum, dass der Konzern mit dubiosen Mitteln politische Entscheidungsprozesse beeinflusst haben könnte.
Die beiden Studien wurden in einem privaten Institut des mittlerweile emeritierten Professors Michael Schmitz von der Universität Gießen erarbeitet. Die Ergebnisse sollen unter anderem zeigen, dass das Verbot von Pflanzenschutzmitteln Nachteile für Verbraucher, Landwirte und sogar die Umwelt bringen könnte. Damit zieht die Studie ein Fazit, das dem der allgemeinen Meinung deutlich entgegensteht.
Schmitz sagt über sich selbst, er gelte "uneingeschränkt als unabhängiger und anerkannter Wissenschaftler". Er habe laut "SZ" allerdings 20 Jahre lang das Bundeslandwirtschaftsministerium beraten und auch auf EU-Ebene als beratender Experte fungiert. Gleichzeitig sei er offenbar nicht unabhängig von Monsanto gewesen. Dabei gerieten seine Glyphosat-Studien bereits unter Lobbyverdacht, er erklärte jedoch, sie seien ohne "Förderung durch Dritte" entstanden.
Glyphosat ist eines der meistverkauften Herbizide
Monsanto war beim Thema Glyphosat politisch und in der Öffentlichkeit in die Defensive geraten. Umweltschützer fordern seit langem ein Verbot des Pflanzenschutzmittels, weil dieses die Artenvielfalt bedrohe und im Verdacht stehe, Krebs auszulösen. Doch Monsanto hält seit Jahren dagegen.
Bis heute ist Glyphosat eines der meistverkauften Herbizide der Welt. Auch weil die Bundesregierung 2017 in Brüssel nach monatelangem Streit einer weiteren Zulassung für fünf Jahre überraschend zustimmte. Inzwischen plant Berlin ein Verbot des Stoffes ab 2024.
"Wirtschaftliche Interessen hinter Studien werden verschleiert"
Der Politikwissenschaftler Ulrich Müller von Lobbycontrol übt harte Kritik am Vorgehen des Konzerns. "Monsanto und die Glyphosat-Hersteller wollten über diese Studien Politik und Öffentlichkeit beeinflussen, ohne dass ihre Beteiligung daran publik wurde", sagt er und spricht von "unsauberer Lobbytaktik. Die wirtschaftlichen Interessen hinter den Studien werden verschleiert, um mehr Glaubwürdigkeit zu gewinnen." Das erschwere einen kritischen öffentlichen Diskurs über das Thema Glyphosat, der aber für die Demokratie wichtig sei.
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"Die von Ihnen genannten Studien sind uns bekannt", erklärte ein Bayer-Sprecher gegenüber der Süddeutschen Zeitung. "Sie wurden von Monsanto in Auftrag gegeben und mitfinanziert. Die Unterstützung durch Monsanto ist auf den finalen Publikationen nicht gekennzeichnet." Der Auftraggeber sage aber nichts über die Qualität der Studie aus – oder die Glaubwürdigkeit, heißt es aus dem Konzern. "Gleichwohl entspricht der fehlende Hinweis auf die Unterstützung durch Monsanto nicht den Grundsätzen von Bayer." Vor diesem Hintergrund werde man den Hinweis zur betreffenden Studie auf der eigenen Website entsprechend anpassen.
- Süddeutsche Zeitung: "Monsanto-Affäre um Glyphosat weitet sich auch in Deutschland aus"
- Süddeutsche Zeitung: "Monsanto finanzierte heimlich Glyphosat-Studien"