600.000 Urlauber betroffen Thomas Cook ist pleite – Condor darf Kunden nicht befördern
Der britische Reiseanbieter Thomas Cook
Die Bemühungen um eine Rettung des angeschlagenen britischen Touristikkonzerns Thomas Cook sind gescheitert. Ein entsprechender Insolvenzantrag vor Gericht sei bereits gestellt worden, teilte der Konzern am Montagmorgen auf seiner Website mit. Konzernchef Peter Frankhauser bedauerte das Scheitern der Gespräche und sprach in der Erklärung von einem "tieftraurigen Tag" für den Konzern. Noch bis Sonntagabend war mit Investoren über eine zusätzliche Finanzierung in Höhe von 200 Millionen Pfund verhandelt worden.
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Die britische Regierung hat nach Angaben des britischen Premierministers Boris Johnson eine Finanzierungsbitte des britischen Reisekonzerns Thomas Cook über 150 Millionen Pfund (knapp 170 Millionen Euro) abgelehnt. "Das ist natürlich eine Menge Steuergeld und stellt, wie die Menschen anerkennen werden, eine moralische Gefahr für den Fall dar, dass Unternehmen künftig mit solchen wirtschaftlichen Schwierigkeiten konfrontiert werden."
Condor fliegt weiter – Cook-Töchter stellen Verkauf von Tickets ein
Der Ferienflieger Condor versicherte kurz nach Bekanntwerden der Insolvenzpläne, dass der Flugbetrieb weitergehe. "Condor-Flüge werden weiterhin durchgeführt, obwohl die Muttergesellschaft Thomas Cook Group plc Insolvenz eingereicht hat", hieß es in einer Mitteilung vom frühen Montagmorgen. "Um Liquiditätsengpässe bei Condor zu verhindern, wurde ein staatlich verbürgter Überbrückungskredit beantragt. Dieser wird derzeit von der Bundesregierung geprüft", hieß es.
Condor darf jedoch aus rechtlichen Gründen Urlauber, die mit Thomas-Cook-Veranstaltern gebucht haben, nicht mehr an ihr Reiseziel bringen, teilte die Airline am Montag mit. Die deutsche Thomas Cook hatte nach der Insolvenz der britischen Mutter mitgeteilt, man könne nicht gewährleisten, dass gebuchte Reisen mit Abreisedatum 23. und 24. September stattfinden.
Gleichzeitig haben die deutschen Cook-Töchter, zu denen Marken wie Neckermann Reisen, Bucher Last Minute, Öger Tours, Air Marin und Thomas Cook Signature gehören, den Verkauf von Reisen nach eigenen Angaben komplett gestoppt. "Das Unternehmen lotet derzeit letzte Optionen aus", hieß es weiter. Sollten diese Optionen scheitern, sehe sich die Geschäftsführung gezwungen, auch für die Thomas Cook GmbH und weitere Gesellschaften Insolvenz zu beantragen.
"Größte zivile Rückholaktion überhaupt"
Der britische Außenminister Dominic Raab hatte bereits am Sonntag besorgten Urlaubern die Unterstützung der Regierung in London zugesagt. Die Regierung sei bereit, Urlauber nach Hause zu holen.
Nach Angaben des Senders BBC hatte die zivile Luftfahrtbehörde CAA für den Notfall bereits am Sonntag zahlreiche Flugzeuge bereitgestellt. Damit laufe die "größte zivile Rückholaktion überhaupt" an, um rund 150.000 Urlauber aus verschiedenen Ländern nach Hause zu holen. Die Rückholaktion trägt nach BBC-Angaben den Codenamen "Matterhorn". In der Nacht seien bereits die ersten Flugzeuge zu verschiedenen Zielen gestartet, um britische Urlauber nach Hause zu holen.
Auch deutsche Touristen in Cook-Hotel auf Sizilien gestrandet
In einem Hotel von Thomas Cook in Italien sind zahlreiche Touristen gestrandet. Rund 200 Briten, Deutsche und Franzosen warteten in der Unterkunft auf weitere Informationen, sagte eine Mitarbeiterin des Hotels "Sentido Acacia Marina" in dem sizilianischen Ort Marina di Ragusa. "Wir haben die Nachricht aus den Medien erfahren."
Die Touristen seien "nicht wütend, aber sie warten wie wir auf Informationen", sagte die Frau, die ihren Namen nicht öffentlich machen wollte. Die meisten der Gäste kommen aus Großbritannien und Deutschland. Unklar sei, ob sie ihren Urlaub fortsetzen könnten.
Immer wieder finanzielle Probleme
Thomas Cook war in den vergangenen Jahren immer wieder in Schieflage geraten. Bereits 2012 retteten mehrere Banken den Konzern nach immensen Abschreibungen auf das britische Geschäft und IT-Systeme mit frischem Geld vor dem Untergang. Auch dadurch sitzt Thomas Cook auf einem Schuldenberg in Milliardenhöhe und ächzt unter der hohen Zinslast.
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Der jüngste Preiskampf im Reise- und Fluggeschäft kam erschwerend hinzu, ebenso wie die anhaltende Unsicherheit um den Brexit, die die Urlaubsfreude der britischen Kundschaft dämpft.
- Nachrichtenagenturen afp und dpa