Studie zum Automarkt PwC-Experten sagen Massensterben von Autohäusern voraus
Der deutsche Automarkt gerät immer mehr unter Druck. Zu spüren bekommen das auch tausende Autohändler. Die sinkende Zahl potenzieller Käufer, alternative Konzepte wie Car-Sharing und die wachsende Konkurrenz durch Internet- und Direktanbieter dürften die Zahl der klassischen Autohäuser in den kommenden Jahren deutlich reduzieren, berichtete die Beratungsgesellschaft PwC bei der Vorlage der Studie "Automotive Retail - Die Zukunft beginnt jetzt!".
Den Ergebnissen der Studie zufolge könnten von den aktuell 7800 Händlern in Deutschland bis 2020 nur noch 4500 übrigbleiben. Ein Grund dafür sei die notwendige Unternehmensgröße bei den künftig erforderlichen Investitionen in die Autohäuser. Das klassische Geschäftsmodell gerät demnach von vielen Seiten unter Druck.
Neue Trends gefährden Geschäft
Das Internet beispielsweise ist im Neuwagengeschäft bislang vor allem Informationsmedium, dürfte aber auch für den Vertrieb an Bedeutung gewinnen. Zum Beispiel als virtueller Verkaufsraum. Deshalb sollten Händler diese Entwicklung sehr genau beobachten und ihren realen Showroom gegebenenfalls durch einen digitalen ergänzen.
Bis 2020 dürften sich nach der Studie neben dem klassischen Autohandel und dem bereits gängigen Flottenvertrieb an Großkunden auch der Internet- und Direktvertrieb und das Car-Sharing etablieren. Bei letzterem steht nicht der Fahrzeugverkauf im Vordergrund, sondern die Bereitstellung passender Verkehrsmittel. "Händler werden sich entscheiden müssen, in welchen Geschäftsmodellen sie ihre Kernkompetenzen sehen", sagte PwC-Experte Felix Kuhnert.
Weniger Autokäufer durch sinkende Bevölkerung
Der demografische Wandel sorge dafür, dass es 2020 mit 60,7 Millionen rund 1,5 Millionen potenzielle Autokäufer weniger geben werde als 2010 - und das bei einem um zehn Jahre steigenden Altersdurchschnitt der Kundengruppe. Zudem werden zum Beginn des kommenden Jahrzehnts 86 Prozent der Autokäufer in Städten oder Ballungszentren leben - 1995 waren es 82 Prozent. Außerdem werde der Anteil an Single-Haushalten weiter von knapp unter 40 Prozent im Jahr 2010 auf 42,5 Prozent im Jahr 2020 steigen. "Wer in der Stadt lebt und alleine wohnt, braucht seltener ein Auto - und kaum einmal ein großes", sagt Kuhnert.
Handel auf dem Land immer schwieriger
Die Urbanisierung lasse allerdings die Nachfrage nach Kleinwagen und alternativen Mobilitätskonzepten steigen. Im dünner besiedelten ländlichen Raum werden prognostiziert in allen Segmenten weniger Fahrzeuge gekauft und auch weniger Mobilitätsdienstleistungen nachgefragt. Insbesondere auf dem Land werde es daher immer schwieriger, im Autohandel profitabel zu bleiben, erklärt Dr. Rainer Mehl, Leiter NTT DATA Automotive.
Händler müssen sich umstellen
Händler in ländlichen Regionen sollten sich deshalb verstärkt auf Kooperationen und eine Multimarkenstrategie setzen, "um Service- und Verkaufsstützpunkte rentabel zu betreiben". In der Stadt nehme dagegen die Kundenforderung nach flexibleren Öffnungszeiten und individueller Beratung zu. Dies gelte vor allem im Premiumbereich. Überhaupt müssten sich Händler entscheiden, in welchen Geschäftsmodellen sie ihre Kernkompetenzen sehen. "Erfolgreich ist, wer bereits heute anfängt, sich auf die stärker differenzierten Kundenbedürfnisse auszurichten", kommentiert Kuhnert.
Stationäre Autohandel behält großen Stellenwert
Der Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe sieht die Veränderungen nicht ganz so dramatisch. Er schließt negative Auswirkungen durch die schrumpfende Bevölkerung zwar nicht aus. Der Handel reagiere aber genauso darauf wie auf neue Trends beim Mobilitätsverhalten gerade in Ballungsgebieten: "Trotz dieser Veränderungen werden der stationäre Autohandel und die Werkstätten ihren unverändert hohen Stellenwert zur Aufrechterhaltung der individuellen Mobilität auch in Zukunft behalten", sagte ein Sprecher.