Kunststoffmüll EU will Flut von Plastiktüten verringern
Die EU-Kommission will den Verbrauch von Plastiktüten eindämmen - notfalls mit nationalen Verboten. Umweltkommissar Janez Potocnik präsentiert am Montag (4. November) Vorschläge, wie die Plastikflut verringert werden könnte. Demnach dürften die EU-Staaten die Tüten künftig sogar verbieten, wie aus einem Entwurf hervorgeht, der der Deutschen Presse-Agentur vorlag. Derzeit lässt das EU-Recht dies nicht zu.
Das Problem ist nach Darstellung der EU-Kommission gewaltig: Jeder Europäer verbraucht nach Angaben der EU-Kommission 198 Plastikbeutel pro Jahr, etwa 90 Prozent davon aus leichtem Material. In Deutschland sind es 71 Tüten. Allerdings gibt es hierzulande ein gut funktionierendes Abfall- und Recyclingsystem, so dass die Umweltbelastungen durch Plastiktüten verringert werden.
Plastik gelangt in die Nahrungskette
Insbesondere die leichten Einwegbeutel wehen in Flüsse oder Meere und schaden der Umwelt, argumentiert die Kommission. Bis sie sich zersetzen, könne es Hunderte Jahre dauern. Bis dahin zerfallen sie in kleinste Teilchen und werden von Fischen oder anderen Meerestieren aufgenommen - und gelangen so in menschliche Nahrungsketten.
Bisher dürfen die EU-Staaten Tüten nicht untersagen. Das legt die "Richtlinie 94/62/EG über Verpackungen und Verpackungsabfälle" fest: "Die Mitgliedstaaten dürfen in ihrem Hoheitsgebiet das Inverkehrbringen von Verpackungen, die dieser Richtlinie entsprechen, nicht verbieten."
Diesen Artikel 18 will Potocnik nun kassieren. Zudem werden Sondersteuern und Abgaben ins Spiel gebracht. Allerdings braucht der Umweltkommissar für die geplanten Änderungen noch die Zustimmung der EU-Staaten und des Europaparlaments.
Plastiktüten-Verbrauch stark unterschiedlich
Wie viele Tüten die Europäer verbrauchen, hängt vom Land ab: In Dänemark und Finnland benutzt jeder Bürger im Schnitt pro Jahr nur vier leichte Plastiktüten für den Einmalgebrauch. In anderen EU-Staaten sind es "weit mehr als 400", wie die Kommission im Gesetzgebungsvorschlag schreibt. Spitzenreiter sind vor allem osteuropäische Staaten sowie Portugal.
Experten gehen davon aus, dass eine Plastiktüte eine Lebensdauer von bis zu 450 Jahren hat. Tiere fressen kleinere und größere Plastikteilchen und verhungern dann mit vollem Magen, weil die Stücke nicht verdaut und ausgeschieden werden können.
Mehr Bezahltüten - weniger Abfall
Während es in deutschen Supermärkten seit den 70er Jahren üblich ist, dass Plastiktüten bezahlt werden müssen, gibt es sie beim Einkaufen in anderen Geschäften immer noch gratis.
Dass diese umfassende Bezahlpflicht zu einer Verringerung des Tütenabfalls führen würde, zeigt das Beispiel Irland. Dort kosten Plastiktüten 22 Cent. Laut irischem Umweltministerium ist so der Verbrauch von 328 auf 21 Tüten pro Kopf im Jahr zurückgegangen. Auch das Umweltbundesamt (UBA) hat herausgefunden, dass kostenlose Tüten häufiger weggeworfen werden als kostenpflichtige.