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Konjunktur
Hyperinflation: Als alle Deutschen Milliardäre waren

t-online.de - Bernhard Vetter

Aktualisiert am 03.10.2012Lesedauer: 3 Min.
Hyperinflation 1923: Abwiegen von GeldscheinenVergrößern des Bildes
Hyperinflation 1923: Abwiegen von Geldscheinen (Quelle: dpa-bilder)
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Die Taschen voller Geld - und trotzdem kein Spaß dabei. So ging es den Deutschen 1923, dem Jahr der Hyperinflation. Das Geld entwertete sich schneller als es nachgedruckt werden konnte. Zwar kann sich praktisch niemand mehr persönlich an diese Zeit erinnern, doch die Geschehnisse haben sich in das kollektive Gedächtnis der Deutschen eingebrannt. Bei vielen Menschen kommen deshalb Inflationsängste auf, wenn sie an die Schuldenkrise und die Euro-Geldschwemme der Europäischen Zentralbank denken. Wir blicken zurück in das Jahr, als alle Deutschen Millionäre oder sogar Milliardäre waren - und sich darüber gar nicht freuen konnten.

Ursache für die Hyperinflation in Deutschland war der Erste Weltkrieg. Er war so teuer, dass die Reichsmark alleine zwischen 1914 und 1918 offiziell die Hälfte ihres Wertes einbüßte - inoffiziell war der Kaufkraftverlust sogar noch stärker. Da Deutschland den Krieg verlor, musste es anschließend außerdem Reparationen zahlen. Sie waren in Goldmark, Devisen und Sachgütern fällig, die von Inflation nicht betroffen waren. Also versuchte Deutschland, durch eine massive Ausweitung der Geldmenge seine Schulden loszuwerden.

4,2 Billionen Mark für einen US-Dollar

Die Geldentwertung beschleunigte sich zunehmend. Bereits 1920 hatte die Mark gegenüber dem US-Dollar nur noch 25 Prozent des Wertes von 1914. Weitere drei Jahre später benötigte man in der Spitze 4,2 Billionen Mark für einen US-Dollar. Die Inflation hatte sich auf 32.400 Prozent Jahresrate beschleunigt, die Preise vervierfachten sich damit jede Woche.

Immer neue Geldscheine mit immer höheren Beträgen mussten gedruckt werden. Doch die frisch gebackenen Millionäre und Milliardäre hatten keine Freude an ihrem scheinbaren Reichtum. Zu groß waren die Probleme im täglichen Leben. Die Geldbündel mussten taschenweise durch die Gegend geschleppt und möglichst schnell ausgegeben werden, bevor sie an Wert einbüßten.

Milliardenbeträge für den täglichen Einkauf

Für Güter des täglichen Bedarfs mussten im Oktober 1923 irrwitzige Beträge gezahlt werden: 2,4 Milliarden Mark für ein Pfund Mehl, das 1921 noch vier Mark gekostet hatte. Ein Kilo Fleisch verteuerte sich im gleichen Zeitraum von 26 Mark auf drei Milliarden Mark - und ein Pfund Butter sogar von 18 Mark auf 5,8 Milliarden Mark.

Das Geld wurde häufig der Einfachheit halber bündelweise gewogen, denn Zählen hätte zu lange gedauert. Fotos aus jener Zeit zeigen Menschen, die die Geldscheine zuhause an die Wand kleben, denn sie waren billiger als Tapeten. Da das Inflationsgeld meist nur einseitig bedruckt war, wurde die Rückseite auch oft als Schmierzettel benutzt.

Neue Rentenmark baute wieder Vertrauen auf

Im November 1923 hatte der Inflationswahnsinn dann ein Ende. Die Rentenmark und ab 1924 parallel auch die Reichsmark lösten die sogenannte Papiermark zum Wechselkurs 1:1 Billion ab - zwölf Nullen der Währung wurden also gestrichen. Das neue Geld gewann schnell das Vertrauen der Bevölkerung, was die rasante Geldentwertung stoppte. Es folgten die legendären Goldenen Zwanziger Jahre, in denen sich die Menschen wieder etwas leisten konnten, obwohl sie nun keine Milliardäre mehr waren.

Das Glück währte jedoch nur kurz. Denn 1929 brach die Weltwirtschaftskrise über Deutschland herein und katapultierte die Deutschen wirtschaftlich wieder zurück auf den Stand von 1923, wobei dieses Mal eher die Deflation das Problem war. Die wirtschaftlichen Schwierigkeiten bescherten politischen Extremisten Zulauf, darunter auch der NSDAP mit ihrem Parteivorsitzenden Adolf Hitler. Und damit begann das wahrhaft schwärzeste Kapitel der deutschen Geschichte.

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