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Euro-Krise: Warum Deutschland von der Krise profitiert


Konjunktur
Europas Krise, Deutschlands Segen

spiegel-online, Spiegel Online

Aktualisiert am 10.01.2012Lesedauer: 3 Min.
Die deutsche Wirtschaft hält sich gut in der KriseVergrößern des Bildes
Die deutsche Wirtschaft hält sich gut in der Krise (Quelle: dapd)

Die Eurozone driftet immer stärker auseinander. Italien und Spanien zahlen für ihre Anleihen hohe Zinsen, der Bundesregierung dagegen schenken Investoren sogar Geld, damit sie bei ihnen Schulden macht. Auch bei Export und Arbeitsmarkt gilt: Viele EU-Länder leiden, Deutschland profitiert.

Kredit zu Traumkonditionen

Es ist der Traum eines jeden Schuldners: Man geht zu einer Bank und fragt nach einem Kredit. Die Antwort lautet: "Selbstverständlich, lieber Herr! Bitte, hier, greifen Sie doch zu. Und, wissen Sie was? Damit Sie unser Geld auch ja nehmen, zahlen wir Ihnen noch was dafür." Klingt nach Schlaraffenland? Als würde jemand die Gesetze der Marktwirtschaft ignorieren? Mag sein. Ist aber am Montag genau so passiert.

Der Schuldner war in diesem Fall die Bundesregierung. Die lieh sich Geld für die kommenden sechs Monate, 3,9 Milliarden Euro insgesamt, zum Traumzins von minus 0,01 Prozent. Selbst die Finanzagentur der Bundesrepublik zeigte sich erstaunt. "Das hat es bislang noch nie gegeben", sagte ein Sprecher.

Regierung spart

Das Finanzministerium darf sich freuen. In den vergangenen vier Jahren musste es für derartige Anleihen im Schnitt rund 1,8 Prozent Zinsen berappen. Auch die Zinsen für deutsche Anleihen mit längeren Laufzeiten sind zuletzt deutlich gesunken. Insgesamt kommt einiges an Geld zusammen, das sich die Regierung spart.

Hauptgrund für den Geldsegen: Deutschland gilt in der Euro-Krise als einer der letzten Schuldner, bei dem so gut wie sicher ist, dass man sein Geld auch wiederbekommt. Viele Anleger geben der Bundesrepublik lieber Geld zu Dumping-Zinsen - als Verluste zu riskieren.

EU-Nachbarn müssen Rekordzinsen aufbringen

Andere Länder können von solchen Geschenken nur träumen. Italien etwa muss derzeit Rekordzinsen von rund sieben Prozent für zehnjährige Staatsanleihen zahlen, weil Anleger der Regierung misstrauen. Schafft es Premier Mario Monti wirklich, den 1,9-Billionen-Euro-Schuldenberg abzutragen - und das, ohne die Konjunktur abzuwürgen? Auch in Ländern wie Spanien oder Irland sind die Zinsen zuletzt stark gestiegen.

Viele EU-Staaten leiden, Deutschland profitiert - so lautet derzeit eine Regel der Euro-Krise. Es klingt zynisch, doch es ist wahr: Zwar bremst die Krise auch hierzulande das Wirtschaftswachstum, doch es gibt auch eine Reihe von Krisenmechanismen, bei denen Deutschland auf Kosten anderer Staaten etwas dazugewinnt. So lange es in der Eurozone nicht zum großen Crash kommt, mildert das die Folgen des Abschwungs in der Bundesrepublik deutlich ab.

Deutsche Wirtschaft wächst weiter

In Frankreich, Spanien, Italien, Belgien, Griechenland, Portugal und Zypern wird laut einer aktuellen Prognose des Ifo-Instituts die Wirtschaft 2012 schrumpfen; Deutschland steckt zwar ebenfalls in einer Wachstumsdelle, insgesamt aber soll die Wirtschaft im laufenden Jahr um 0,4 Prozent wachsen.

Deutlich zeigt sich das Ungleichgewicht zwischen Deutschland und vielen anderen EU-Ländern auch am Jobmarkt. Die Arbeitslosigkeit liegt in der Eurozone bei mittlerweile 10,3 Prozent; in Deutschland sank die Quote 2011 im Jahresdurchschnitt auf 7,1 Prozent. Im vergangenen Jahr waren in der Bundesrepublik mit ihren rund 82 Millionen Einwohnern im Schnitt 2,98 Millionen Arbeitslose registriert. In Spanien waren es zuletzt 4,42 Millionen - dabei hat das Land nur rund 45 Millionen Einwohner.

Fachkräfte aus Südeuropa flüchten nach Deutschland

Während es in Spanien wegen hoher Jugendarbeitslosigkeit zu Massenprotesten kommt, darf sich Deutschland sogar über neue Fachkräfte freuen. Immer mehr Arbeitslose aus südeuropäischen Ländern streben dem Fluchtpunkt Deutschland entgegen. Die Zahl der griechischen Einwanderer etwa ist im ersten Halbjahr 2011 um 84 Prozent gestiegen, auf insgesamt 4100 Personen, berichtet das Statistische Bundesamt. Insgesamt kamen in den ersten sechs Monaten des Jahres etwa 435.000 Menschen nach Deutschland, 19 Prozent mehr als im Vergleichszeitraum.

Und das ist nicht alles. Indirekt profitiert die Bundesrepublik selbst vom Krisen-Symptom schlechthin: von der Schwäche des Euro. Derzeit dümpelt die Gemeinschaftswährung auf dem tiefsten Stand seit September 2010 - bei rund 1,27 Dollar.

Schwacher Euro kurbelt Exporte an

Für deutsche Unternehmen ist der sinkende Euro eine Art Krisenpuffer. Einerseits sinkt durch die Krise in der Eurozone die Nachfrage, was für deutsche Firmen schlecht ist: Immerhin gehen rund 40 Prozent ihrer Exporte in die Eurozone. Außerhalb des gemeinsamen Währungsraums aber werden deutsche Produkte durch die Euro-Schwäche immer günstiger - und gewinnen so an Wettbewerbsfähigkeit.

Und tatsächlich: Im November nahmen die Ausfuhren deutscher Waren im Vergleich zum Vormonat um 2,5 Prozent zu und erreichten eine Höhe von 94,9 Milliarden Euro; im Vergleich zum Vorjahr stiegen sie sogar um 8,3 Prozent. Insgesamt haben Ausfuhren aus der Bundesrepublik 2011 die Eine-Billion-Euro-Marke durchbrochen - Krise hin oder her.

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