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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Teil-Wegfall des Soli So viel Geld haben Sie ab Januar mehr in der Tasche
Millionen von Bürgern können sich ab 2021 freuen: Der Soli auf die Einkommenssteuer fällt für die meisten Menschen weg. Doch wer profitiert besonders davon? Eine Berechnung gibt Aufschluss darüber.
In Deutschland gelten neue Steuerregeln: Der Solidaritätszuschlag, kurz Soli, fällt künftig für die meisten Menschen weg. 90 Prozent aller Einkommenssteuerpflichtigen werden die 1991 erstmals eingeführte Zusatzabgabe ab Januar nicht mehr zahlen. Für weitere 6,5 Prozent der Zahler gilt: Der Soli wird in Stufen von bislang 5,5 Prozent auf 3,5 Prozent gesenkt.
Neben dem Wegfall des Solidaritätszuschlags erhöhen sich die steuerlichen Grundfreibeträge. Alleinstehende zahlen 2021 erst auf ein jährliches Einkommen von mehr als 9.744 Euro Steuern – 2020 lag die Grenze bei 9.408 Euro. Für gemeinsam veranlagte Ehepartner gilt der doppelte Betrag von 18.816 Euro.
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Für Millionen Menschen in Deutschland bedeuten diese Änderungen automatisch ein höheres Nettoeinkommen. Wer das Geld anlegt, kann damit sogar auf ein Vermögen von 50.000 Euro kommen – ohne dass er dafür auf einen einzigen Cent verzichten muss, wie eine Berechnung des digitalen Vermögensverwalters Growney für t-online zeigt.
Doch wie kann das gelingen? Und wer profitiert besonders von der Teil-Abschaffung des Soli? Anhand von drei Beispielen kann man die Auswirkungen deutlich sehen.
Alleinstehender Arbeitnehmer
Ledige Arbeitnehmer mit einem monatlichen Bruttoverdienst von 4.000 Euro haben 2021 51,96 Euro mehr Nettolohn in der Tasche.
Diese Summe ergibt sich wie folgt: Der Soli beträgt bislang 37,21 Euro – 5,5 Prozent der monatlichen Lohnsteuer von 676,58 Euro. Ab Januar fällt er weg. Zudem steigt der steuerliche Grundfreibetrag. Daraus ergibt sich 2021 eine monatliche Lohnsteuer von 661,83 Euro.
Die Differenz zwischen der Steuerlast 2021 und der Steuerzahlung 2020 beträgt also: 676,58 Euro - 661,83 Euro = 14,75 Euro. Zusammen mit dem Wegfall des Solidaritätszuschlags in Höhe von 37,21 Euro ergibt sich ein Nettoplus von 51,96 Euro.
Noch deutlicher wird die Ersparnis bei einem höheren Bruttolohn, wie folgende Tabelle zeigt:
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Das Unternehmen Growney, das als Vermögensverwalter ein Interesse an mehr Anlegern hat, rechnet vor: Wer bei einem Bruttolohn von 4.000 Euro den monatlich gesparten Soli in Höhe von 51,96 Euro anlegt, kann so langfristig auf ein kleines Vermögen aufbauen.
Rund 50.000 Euro sind drin, wenn man das Geld 27 Jahre und acht Monate bei einem angenommenen jährlichen Ertrag, genannt Rendite, von 6,7 Prozent anlegt. Eine realistische Annahme, wie Thimm Blickensdorf von Growney erklärt: "Historische Daten zeigen, dass sich mit einem weltweiten Portfolio eine sehr attraktive Rendite erreichen lässt." Möglich ist das etwa mit einem breiten Investment in sogenannte Indexfonds oder auch ETFs, die einen ganzen Aktienindex wie den Dax nachbilden und als relativ risikoarm gelten.
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Familie mit zwei Kindern
Ein Paar mit zwei Kindern und einem gemeinsamen Monatsverdienst von 8.000 Euro brutto hat nächstes Jahr 80,5 Euro mehr Nettolohn in der Tasche.
Das ergibt sich so: Die Eltern zahlten 2020 jeden Monat eine Lohnsteuer von 1.353,16 Euro. 2021 verringert sich dieser Betrag auf 1.323,66 Euro, die Lohnsteuerdifferenz zwischen 2020 und 2021 liegt also bei 29,5 Euro. Aus dem Wegfall des Solidaritätszuschlags von 51 Euro im Monat und der geringeren Lohnsteuer ergibt sich das monatliche Nettoplus von 80,5 Euro.
Achtung: Bei dieser Rechnung ist das steigende Kindergeld nicht berücksichtigt. Mit der Erhöhung des Kindergeldes ab 2021 ergibt sich ein Nettoplus von 110,5 Euro.
Noch höher wird die Ersparnis, wenn das Einkommen höher liegt. Das zeigt folgende Tabelle:
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Legen die Eltern mit einem Monatsbruttolohn von 8.000 Euro das gesparte Geld nun an, können sie nach 22 Jahren und 5 Monaten ein Vermögen von 50.000 Euro erzielen. Voraussetzung ist hierfür erneut eine jährliche Rendite von 6,7 Prozent (siehe oben).
Rentner-Ehepaar
Ein Rentner-Ehepaar, das 2020 mit 65 Jahren in Rente gegangen ist und monatlich ein Einkommen von 3.500 Euro brutto erzielt, hat ab 2021 im Monat 17,68 Euro mehr in der Tasche.
Das ergibt sich so: Das Ehepaar zahlt 2020 insgesamt 248,67 Euro an Einkommenssteuer, 2021 liegt die Steuerlast bei 244,67 Euro. Die Differenz daraus beträgt demnach 4 Euro. Der Wegfall des Soli bringt dem Paar eine Ersparnis von 13,68 Euro im Monat. So kommt man auf das Gesamt-Nettoplus von 17,68 Euro.
Auch hier gilt: Je höher das monatliche Einkommen ist, desto eher profitieren Rentner vom Wegfall des Solidaritätszuschlags.
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Wer profitiert vom Soli-Wegfall – und wer nicht?
Wie die Berechnungen zeigen, profitieren Menschen mit einem höherem Einkommen mehr vom Wegfall des Soli und den steigenden Grundfreibeträgen als Menschen, die weniger verdienen. Von dieser Regel aber gibt es zwei Ausnahmen.
Erstens: Geringverdiener. Sie profitieren gar nicht vom Soli-Wegfall. Denn sie zahlen bislang ohnehin gar keinen Solidaritätszuschlag, haben also nichts von den Änderungen. Das gilt etwa für Singles mit einem Monatsgehalt bis etwa 1.600 Euro brutto oder für Alleinerziehende (1 Kind) bis etwa 2.400 Euro. Für Ehepaare liegt die Grenze bei einem gemeinsamen Monatsbrutto von 3.200 Euro (kinderlos) oder 4.800 Euro (2 Kinder).
Zweitens: Top-Verdiener. Wer als Single mehr als rund 9.300 Euro monatlichen Bruttoverdienst hat, muss auch künftig den vollen Solidaritätszuschlag von 5,5 Prozent bezahlen. Für Paare liegt die Grenze bei einem gemeinsamen Bruttogehalt von 18.250 Euro pro Monat.
Außerdem gilt: Der Soli entfällt nicht für Kapitalerträge oberhalb des Sparerpauschbetrags von 801 Euro. Auch Unternehmen, die die sogenannte Körperschaftssteuer von 15 Prozent zahlen, müssen weiterhin hierauf den vollen Soli zahlen.
Zur Methodik: Bei den angeführten Beispielen handelt es sich lediglich um Modellrechnungen – die tatsächliche Steuerlast und Ersparnis kann dementsprechend anders ausfallen. Für die Berechnung der Einkommensteuer hat Growney analog zu einer Lohnabrechnung Werbungskosten, eventuelle Sonderausgaben oder Vorsorgebeiträge nicht einbezogen. Growney hat außerdem keine Sonderzahlungen, Prämien oder das Weihnachtsgeld berücksichtigt. In den Beispielen werden lediglich Freibeträge von Kindern oder bei Rentnern die automatisch vom Finanzamt angesetzten pauschalen Freibeträge einkalkuliert.