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Öl- und Benzinpreise: Wichtiger Indikator für den Finanzmarkt


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Tankstelle als Börsenwegweiser
Öl- und Benzinpreise bringen alles durcheinander

MeinungEin Gastbeitrag von Daniel Saurenz

Aktualisiert am 21.09.2023Lesedauer: 4 Min.
Aral-TankstelleVergrößern des Bildes
Tankstelle der Kette Aral (Symbolbild): Der Ölpreis auf dem Weltmarkt bestimmt den Benzinpreis. (Quelle: Oliver Berg/dpa/Archivbild/dpa)

Es hätte so schön sein können: Die Preise in Europa fallen und die Inflation geht zurück. Wäre da nicht ein Problem, das sich täglich an Ihrer Tankstelle abspielt.

Die Zeiten waren für Autofahrer ein Traum. Im Frühsommer 2020 lag die Nachfrage nach Rohöl am Boden und an den Zapfsäulen in Deutschland herrschten paradiesische Zustände. Diesel war zeitweise für 95 Cent zu haben, und auch Superbenzin wurde verschleudert. Könnte man Tiefstpreise doch bloß konservieren und im Keller ein kleines eigenes Lager anlegen, so mag mancher Autofahrer drei Jahre später denken. Denn wer sein Auto heute tankt, merkt, dass in Sachen Inflation und Preisstabilisierung ein Fehler im System entstanden ist.

Rohöl rennt und rennt

Superbenzin 1,98 Euro und Diesel bei 1,90 Euro – so recht macht tanken im September 2023 in Deutschland keinen Spaß und in vielen anderen Ländern sieht es nicht anders aus. "Dies liegt daran, dass die Sorte Brent am Ölmarkt in den vergangenen Monaten von 71 Dollar im Juni durchgezogen hat auf 94 Dollar im September", erklärt Franz-Georg Wenner vom Börsendienst Indexradar. An der Tankstelle kann man ein Dilemma ablesen, das sich um den Globus ziehen könnte – die Ölpreise sind zu hoch und zu weit geklettert.

Dabei sollten die Basiseffekte eigentlich dafür sorgen, dass die Inflation runterfahren kann. "Die Energiepreise machen vor allem EZB-Chefin Christine Lagarde einen Strich durch die Rechnung und sie ist nicht zu beneiden", findet Jürgen Molnar vom Broker RoboMarkets. Denn in der Tat ist es alles andere als Lehrbuch-Agieren, wenn die größte Volkswirtschaft der Eurozone, Deutschland, in der Rezession steckt, wie Goldman Sachs jüngst feststellte – und man gleichzeitig die Zinsen hoch lässt oder sogar weiter forciert.

Noch höhere Zinsen?

Denn auf der einen Seite drängen die Falken – also jene Mitglieder der EZB, die bei den Zinsen sehr streng agieren wollen – bei der Europäischen Zentralbank auf eine weiter straffe Geldpolitik, während zugleich die Wirtschaft immer stärker leidet. "Mit gut sechs Prozent ist die Inflation in Deutschland eindeutig zu hoch. Die EZB hat also ihr Ziel, die Teuerungsrate in den Bereich um zwei Prozent zu drücken, noch lange nicht erreicht", ordnet Stefan Riße vom Fondshaus Acatis das Dilemma ein.

Aber die Währungshüter sind bekanntlich nicht nur für Deutschland da, sondern auch für andere Länder wie zum Beispiel Spanien, wo die Inflation nur noch bei 2,6 Prozent liegt. In die Karten spielen sollte den Notenbankern vor allem im September und Oktober der starke Basiseffekt, der sich im Jahresvergleich nun bremsend auswirkt. Wer erinnert sich nicht an die hohen Energiepreise im Spätsommer 2022. Im Herbst dürfte daher die Euro-Inflationsrate zügig in Richtung drei Prozent plus x fallen.

Daniel Saurenz von Feingold Research begleitet Sie als Experte durch das Börsengeschehen.
Daniel Saurenz von Feingold Research begleitet Sie als Experte durch das Börsengeschehen. (Quelle: Goldlicht Fotografie)

Zur Person

Daniel Saurenz ist Finanzjournalist, Börsianer aus Leidenschaft und Gründer von Feingold Research. Mit seinem Team hat er insgesamt mehr als 150 Jahre Börsenerfahrung und bündelt Börsenpsychologie, technische Analyse, Produkt- und Marktexpertise. Bei t-online schreibt er über Investments und die Lage an den Märkten, immer unter dem Fokus des Chance-Risiko-Verhältnisses für Anleger. Sie erreichen ihn auf seinem Portal www.feingoldresearch.de.

Alle Gastbeiträge von Daniel Saurenz lesen Sie hier.

Die Tankstelle weist den Weg

Einen so kräftigen Preisanstieg beim schwarzen Gold hatte der Markt bislang kaum auf der Rechnung. Autofahrer spüren wieder schmerzhaft, was Inflation bedeutet. Energie- und Mehrwertsteuer sorgen allerdings dafür, dass der Steueranteil bei saftigen 50 Prozent liegt. Zwar verringert der stetig steigende Marktanteil von E-Autos die Nachfrage, aber dieser Effekt wirkt nur sehr langfristig.

"Weltweit ersetzen derzeit alle elektrischen Fahrzeuge rund 1,5 Mio. Barrel Öl pro Tag. Bei einer Ölförderung von etwa 100 Mio. Barrel am Tag ist dies noch ein Tropfen auf den heißen Stein", zeigt Analyst Molnar die Wichtigkeit von Öl auf. China dürfte aber als Blaupause für die Opec dienen, da hier der Anteil elektrischer Fahrzeuge besonders dynamisch steigt und somit auch die Nachfrage nach Öl aus dem Verkehrssektor früher sinken dürfte als in anderen Ländern.

Doch das ist noch Zukunftsmusik. Bleibt das schwarze Gold länger auf dem erreichten Preisniveau oder steigt sogar weiter in Richtung 100 Dollar je Barrel, droht die Inflation wieder nach oben zu drehen und die Notenbanker stärker auf den Plan zu rufen.

"Am Terminmarkt ist der meistgehandelte Oktober-Kontrakt deutlich teurer als zur Lieferung in drei Monaten. Die aktuelle Knappheit und Sorgen vor einer weiter angespannten Lage zeigen sich auch in der Positionierung. Nachgefragt wurden zuletzt vor allem Optionskontrakte auf Brent, die erst bei Preisen von 100 Dollar je Barrel in den Gewinn laufen", erklärt Salah-Eddine Bouhmidi vom Broker IG die Feinheiten.

USA fahren Reserven runter

Auf der Angebotsseite stützen die freiwilligen Produktions- und Exportkürzungen von Saudi-Arabien und Russland. Die USA dämpften den Effekt zwar, indem sie ihre Bestände an strategischen Reserven deutlich reduzierten. Inzwischen wurde dieser Trumpf aber ausgespielt und die Vorräte müssen irgendwann wieder aufgefüllt werden. "Schon jetzt übersteigt die weltweite Nachfrage das Angebot, weil der Bedarf kräftig anzieht. So waren Ölprodukte in den USA im Mai und Juni 2023 stärker gefragt als vor der Corona-Pandemie", so der IG-Analyst. Ähnliches gilt für China und somit den wichtigsten Nachfragetreiber am Ölmarkt. Auch wenn Volkswirte derzeit ihre Wachstumserwartungen nach unten revidieren, zeichnet sich ein anhaltend hoher Ölbedarf ab.

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Präzision gefragt

Gerade für Saudi-Arabien bleibt der Ölmarkt ein Spiel mit dem Feuer. Riad könnte jederzeit damit drohen, die Förderung noch weiter einzuschränken und so den Preis nach oben zu treiben. Allerdings würde man sich damit mittelfristig selbst schaden, da ein hoher Ölpreis wie eine Konsumsteuer für die Verbraucher wirkt.

Wer schon länger an der Börse aktiv ist, wird sich noch erinnern: Auch kurz bevor die Finanzkrise 2008 so richtig an Fahrt aufnahm, schnellte der Ölpreis in kurzer Zeit weit über 100 Dollar und ermutigte einen Analysten von Goldman Sachs damals sogar Preise jenseits der 200 Dollar auszurufen. Ein Jahr später lag Öl dann bei 40 Dollar. So viel zum Thema Prognosen.

Transparenzhinweis
  • Der Artikel stellt keine Kauf- oder Anlageberatung dar. Auf Finanzanalysen von Dritten hat die t-online-Redaktion keinen Einfluss.
Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
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