Chinas Börsen Evergrande will Zinsen bezahlen – Märkte vorerst beruhigt
Der Sturm an den chinesischen Börsen bleibt aus – vorerst. Der schwankende Immobilienkonzern Evergrande beruhigt mit einer Zahlungsankündigung in Millionenhöhe die Märkte. Doch das Drama ist noch nicht vorbei.
Der hochverschuldete chinesische Immobilienkonzern Evergrande hat eine pünktliche Zinszahlung in Millionenhöhe versprochen und setzt damit auf eine Beruhigung der Finanzmärkte. In einer Mitteilung an die Börse in Shenzhen erklärte das Unternehmen am Mittwoch, einen Plan zur Zahlung von Zinsen für eine bis 2025 laufende inländische Anleihe vereinbart zu haben. Laut der Nachrichtenagentur Bloomberg haben die Zahlungen einen Umfang von 232 Millionen Yuan (30,5 Millionen Euro).
Die am Donnerstag fällige Zahlung könnte die unmittelbar drohende Pleite von Evergrande zunächst verhindern, das Unternehmen äußerte sich aber nicht zu weiteren Verbindlichkeiten, die am Donnerstag fällig werden. Hier muss das Unternehmen knapp 130 Millionen Dollar Zinsen in den kommenden Tagen zahlen. Insgesamt ächzt das Unternehmen unter einem Schuldenberg von umgerechnet 260 Milliarden Euro und hat Finanzmärkte damit in Aufruhr versetzt.
Evergrande-Verwaltungsratschef Hui Ka Yuan hatte sich bereits am Dienstag zuversichtlich gezeigt. "Ich bin fest davon überzeugt, dass Evergrande mit Ihrem Einsatz und Ihrer harten Arbeit aus seinem dunkelsten Moment herauskommen wird und so schnell wie möglich die Bauarbeiten in vollem Umfang wieder aufnehmen wird", schrieb Hui in einem Brief an die Mitarbeiter. Evergrande werde seine Verpflichtungen gegenüber den Immobilienbesitzern, Investoren, Partnerfirmen und Banken erfüllen.
Experten befürchten Ansteckung der Finanzmärkte
Die guten Nachrichten sorgten für etwas Erleichterung für die nervösen Märkte, die befürchten, dass ein Zahlungsausfall von Chinas zweitgrößtem Bauunternehmen das globale Finanzsystem in Mitleidenschaft ziehen könnte.
Evergrande ist so stark mit der chinesischen Wirtschaft im Allgemeinen verflochten, dass die Angst vor einer Ansteckung die Finanzmärkte in Atem gehalten hat. Das Unternehmen hat einen mehr als 300 Milliarden Dollar schweren Schuldenberg aufgetürmt und ist in Zahlungsverzug gegenüber seinen Gläubigern geraten. Analysten der Citigroup warnten vor Risiken für das ganze Finanzsystem in China, sehen aber keinen "chinesischen Lehman-Moment" voraus.
Viele Experten sind daher vorsichtig zuversichtlich, dass aus den Schwierigkeiten des chinesischen Immobilienkonzerns keine schwerwiegenden globalen Folgen zu erwarten wären. "Wir wissen, dass Liquidität in China eine politische Variable ist, die sich schnell verbessern kann. Wir wissen, dass die Regierung über ausreichende fiskalische Kapazitäten verfügt, um das Finanzsystem zu stützen", sagt Ed Al-Hussainy, Senior Analyst für Anleihen und Devisen bei Columbia Threadneedle Investments t-online.
Chinas Handeln bleibt die entscheidende Unbekannte
Zudem sei ein Großteil der Schulden in der Landeswährung Yuan aufgenommen und werde von inländischen Gläubigern gehalten. "Eine Ansteckung von China auf das globale Finanzsystem ist daher begrenzt", so Al-Hussainy.
Aber: Es bleibt die große Unbekannte China. "Das Problem ist, dass wir nichts von alldem wirklich wissen. Wir gehen in jedem Fall von starken Annahmen aus. China managt eine wachsende Zahl an Prioritäten, die sich teilweise widersprechen", erklärt der Analyst.
Zumindest in den USA und in Europa könnten die Märkte aus den Lehren der Finanzkrise 2009 profitieren. In dem vergangenen Jahrzehnt haben die Finanzinstitute verschiedene Stresstests überstehen müssen, um zu zeigen, dass sie mittlerweile besser auf Krisenreaktionen am Markt reagieren könnten. Das mache die Märkte laut Al-Hussainy widerstandsfähiger gegen Schocks. "Dadurch ist die Verschuldung in den USA im Vergleich zu der in China viel weniger anfällig“, ist der Analyst überzeugt.
- Eigene Recherche
- E-Mail-Austausch mit Ed Al-Hussainy
- Mit Material der Nachrichtenagentur AFP und Reuters