"Gefährlich nahe" Ökonom Sinn warnt vor Pleite der USA

Der Wissenschaftler rechnet mit Donald Trump und Friedrich Merz ab. Im Zoll-Streit hat er einen bemerkenswerten Rat an die EU.
Hans-Werner Sinn ist für meinungsstarke Analysen bekannt. Und er liebt Untergangsszenarien. In der Euro-Krise hatte der Ökonom das Anleihe-Programm der Europäischen Zentralbanken (EZB) scharf kritisiert. Jetzt analysierte der frühere Präsident des ifo-Instituts die Risiken der USA im Zollstreit und warnt bei einer Veranstaltung an der Universität Luzern: "Die USA kommen einem Default, einer Insolvenz, gefährlich nahe. Dieses Thema ist jetzt auf dem Tisch, und nicht in erster Linie die Zölle", sagte Sinn der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (FAZ).
Der Grund für seine düstere Prognose: Längst geht es laut Sinn im Handelsstreit zwischen China und den USA um mehr als um Zölle. In dem von US-Präsident Donald Trump entfesselten Konflikt gehe es um Geopolitik und Machtverteilung. So reagierte China nicht nur mit Gegenzöllen. Schließlich ist China mit US-Schuldpapieren in Höhen von rund 800 Milliarden Euro der größte Gläubiger der USA. Im Handelskonflikt hat China auch US-Anleihen in großem Stil verkauft. Das lässt die Zinsen für US-Papiere steigen.
"Hat mich vom Hocker gehauen"
"Die Gedankenspiele der Präsidentenberater besagen, dass die institutionellen Inhaber der US-Staatspapiere zu Umschuldungen gezwungen sind und dann auch noch besteuert werden sollen. Das hat mich vom Hocker gehauen", sagte Sinn weiter. Das Fazit des Ökonomen: "Den USA scheint das Geld auszugehen. Die Gläubiger fliehen."
Sinn fürchtet zudem ein Ende des Dollar als Leitwährung des Welthandels. "China ist mit seinem durch die Blockchain fundierten internationalen Zahlungssystem dabei, mit einem effizienteren System in die Bresche zu springen", so der Ökonom. Er hoffe, "dass sich aus dem Handelskrieg kein echter Krieg entwickelt".
"Keynesianischen Schuldendampf"
In dem Interview kritisiert Sinn auch den CDU-Chef Friedrich Merz. Einen "keynesianischen Schuldendampf" nennt der Ökonom das 500 Milliarden Euro schwere Sondervermögen für Verteidigung und Infrastruktur. Auch vermisse er Impulse für die Forschung in dem Koalitionspapier.
Sinn ist für seine meinungsstarken Ansagen bekannt und gefürchtet. Er war zunächst Befürworter des Euro und dann einer seiner schärfsten Kritiker. Der Wirtschaftswissenschaftler rät der EU zur Geschlossenheit, um gegen die US-Zölle bestehen zu können: "Eine politische Union lässt sich viel schneller verwirklichen als die Harmonisierung unserer vielen Waffensysteme." Deutschland habe die D-Mark zugunsten des Euro aufgegeben, nun müsse Frankreich seine Nuklearmacht europäisieren. "Nur mit einer nuklearen Abschreckung in der Hinterhand kann man konventionelle Kriege bestehen und deshalb wirksam vermeiden."
- faz.net: "Den USA scheint das Geld auszugehen – die Gläubiger fliehen." (kostenpflichtig)