t-online - Nachrichten für Deutschland
t-online - Nachrichten für Deutschland
Such IconE-Mail IconMenü Icon



HomeWirtschaft & FinanzenAktuellesWirtschaft

US-Zölle: Nur die Börse kann Donald Trump nur noch aufhalten


Trumps Zollhammer
Das schafft kein Staatschef der Welt


Aktualisiert am 15.04.2025 - 07:41 UhrLesedauer: 5 Min.
imago images 0811376673Vergrößern des Bildes
Donald Trump: Der US-Präsident schwankt bei den Zöllen. (Quelle: IMAGO/Shawn Thew - Pool via CNP/imago)
News folgen

US-Präsident Donald Trump verfolgt bei seiner Zollpolitik keine klare Linie. Deutsche Ökonomen warnen vor dramatischen Folgen. Allein ein Punkt gibt Anlass zur Hoffnung.

Zölle rauf, doch wieder runter, dann werden sie ausgesetzt: US-Präsident Donald Trump verunsichert mit seiner Zollpolitik internationale Konzerne, Finanzschauplätze und Regierungen. Manch einer stellt sich die Frage: Weiß der Mann überhaupt, was er tut? Sicher beantworten kann diese Frage unterdessen wohl kaum jemand – zu erratisch wirkt seine Handelspolitik.

Die Änderungen und Anpassungen aus Washington kommen in hoher Schlagzahl: Nachdem Trump in der vergangenen Woche die Zölle auf chinesische Importe auf 145 Prozent geschraubt und China wiederum mit Gegenzöllen von 125 Prozent reagiert hatte, wurde am Freitag eine Ausnahme bekannt. Elektronische Produkte wie Smartphones oder Laptops sollen zunächst nicht unter die Zollregelungen fallen. An den Börsen verschaffte das Tech-Konzernen Auftrieb.

Die US-Regierung hat allerdings betont, die Ausnahme für elektronische Produkte sei nur "vorübergehend". Trump kündigte zudem am Sonntag an, er werde "im Laufe der Woche" neue Sonderzölle für Halbleiter-Importe ankündigen. Auch Arzneimittel sollen dann betroffen sein. Die Zölle würden "in nicht allzu ferner Zukunft" in Kraft treten. Trump will damit strategisch wichtige Produktionen in die USA verlagern.

Auch auf diese Ankündigungen reagierte China prompt und setzte am Montag laut der "New York Times" den Export von Seltenen Erden aus – nicht nur in die USA, sondern weltweit. Damit stehe die Produktion von Elektromotoren, Mikrochips und Hightech-Komponenten für Autos und Flugzeuge vielerorts auf der Kippe. Das könnte auch deutsche Industriezweige empfindlich treffen.

Ein Ende des Zollstreits zwischen China und den USA ist nicht in Sicht, Experten sehen trotzdem noch eine Möglichkeit, Trump umzustimmen.

Ökonom Fuest: "Eine große Gefahr."

Clemens Fuest, der Chef des Münchner Ifo-Instituts, warnt mit Blick auf den Handelskonflikt vor einer neuen Weltwirtschaftskrise. "Das ist leider nicht auszuschließen", sagte Fuest der "Süddeutschen Zeitung". Die Amerikaner allein würden die Weltwirtschaft zwar nicht in die Krise stürzen. "Aber wenn sich der Protektionismus immer schneller ausbreitet, in China und in Europa, dann ist das eine große Gefahr. Wenn alle in die falsche Richtung gehen, kann es zu einer großen Krise kommen", sagte Fuest.

Jürgen Matthes, Ökonom am Institut der deutschen Wirtschaft (IW), geht davon aus, dass eine wichtige Veränderung bereits angestoßen wurde. "Die massiven, gegenseitigen Zölle zwischen den USA und China werden mittelfristig zu einer Entkopplung im Warenhandel führen", sagte er t-online. "Die Frage ist, ob beide Seiten angesichts der gravierenden gegenseitigen Auswirkungen noch zurückrudern werden."

Von der Leyen: "Große Bandbreite von Gegenmaßnahmen"

Die Europäische Union hält sich unterdessen zurück. Neben den Ausnahmen für Technik haben die USA am vergangenen Mittwoch auch eine 90-tägige Absenkung der Zölle für eine Reihe von Ländern auf zehn Prozent verkündet. Für die EU bedeutet das eine Halbierung des zuvor angekündigten Zollsatzes, aber dennoch einen höheren Aufschlag auf Exporte in die USA als zuvor. Die EU setzte daraufhin Gegenzölle auf mehrere Produkte aus den USA ebenfalls für 90 Tage aus, auch wenn Trumps Zölle auf Stahl- und Aluminiumprodukte in Höhe von 25 Prozent weiterhin Bestand haben – und diese waren der eigentliche Grund für die Gegenmaßnahmen der EU.

Die EU wolle mit Washington verhandeln, hieß es mehrfach. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen verwies auf "eine große Bandbreite von Gegenmaßnahmen", sollten die Gespräche scheitern. "Man könnte zum Beispiel eine Abgabe auf die Werbeeinnahmen digitaler Dienste erheben", sagte sie der "Financial Times". Dafür könnte ein Instrument zur Bekämpfung von Zwangsmaßnahmen zum Einsatz kommen, das bislang noch nie genutzt wurde. Brüssel könnte so Dienstleistungen ins Visier nehmen und den Zugang von US-Unternehmen zu öffentlichen Aufträgen einschränken. Was das bedeuten würde, lesen Sie hier.

Auftrieb für europäische Tech-Unternehmen

Nichts zu tun wird auf Dauer keine Option sein, denn schon jetzt haben die Zölle unerwartete Folgen. So suchen internationale Kunden inmitten des Zoll-Chaos nach Alternativen zu Technologien aus den Vereinigten Staaten. Der "Spiegel" berichtet, dass der deutsche Unternehmer Peer Heinlein, der mit OpenCloud eine Cloudlösung und Mailbox.org E-Mailpostfächer anbietet, seit Jahresbeginn 62 Prozent mehr Nutzer verzeichnet habe. Frank Karlitschek, Gründer der deutschen Softwarefirma Nextcloud, macht ähnliche Erfahrungen. "Aktuell gibt es dreimal so viele Anfragen wie sonst", sagte er.

Diese Fälle stellen allerdings Ausnahmen dar. Insgesamt schauen auch deutsche Konzerne mit Sorge nach Washington. Immerhin ist die Abhängigkeit deutscher Exporteure vom US-Geschäft derzeit so groß wie seit mehr als zwanzig Jahren nicht mehr. Die Ausfuhren in die weltgrößte Volkswirtschaft summierten sich im vergangenen Jahr auf gut 161,3 Milliarden Euro, wie das Statistische Bundesamt am Montag mitteilte. Das entspricht 10,4 Prozent aller deutschen Exporte und ist damit der höchste Anteil seit 2002. "Zölle auf deutsche Exporte in die USA treffen Branchen wie die Pharmaindustrie und Medizintechnik, den Fahrzeug- sowie den Maschinenbau besonders schwer", betonten die Statistiker. "Für viele Exportgüter aus diesen Branchen sind die Vereinigten Staaten der bedeutendste Absatzmarkt."

Die amtierende Bundesregierung fürchtet, dass die US-Zölle die deutsche Wirtschaft in einer besonders empfindlichen Phase zusätzlich schwächen. Nach zwei Jahren der Rezession gingen die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute zuletzt von einem Mini-Wachstum von 0,1 Prozent für das laufende Jahr aus. Doch darin waren Trumps Querelen nicht eingepreist. "Die Phase wirtschaftlicher Stagnation der vergangenen Jahre ist noch nicht überwunden", heißt es in dem am Montag veröffentlichten Monatsbericht des Wirtschaftsministeriums. Im Klartext: Trump könnte für ein drittes Rezessionsjahr sorgen.

Die US-amerikanische Zollpolitik schwächt nicht nur die Exporte. Auch bei den Importen dürfte es Auswirkungen geben. Ein Fünftel der deutschen Importe kommt aus den USA und würde durch Gegenzölle teurer. Gleichzeitig dürfte China unter den hohen Zöllen seine Exporte in die USA einschränken und die Produkte dann günstig auf den europäischen Markt bringen. Das wiederum wäre eine Belastung für europäische Hersteller.

Börsen stiften Hoffnung

Aber auch ohne weitere Zölle hat Trumps Hin und Her die Anleger nervös gemacht. Das daraus aktuell resultierende Chaos an den Märkten macht auf den ersten Blick wenig Hoffnung, aber Ifo-Chef Fuest sieht hierin die Chance, dass Trump doch noch seine Meinung zu den Zöllen ändert. Der massive Verfall bei US-Staatsanleihen habe Trump bereits zur 90-Tage-Verzögerung der Zölle gebracht. "Was jetzt passiert, ist ein Alarmsignal für die Amerikaner und für die Finanzarchitektur der gesamten Welt." In den USA bündeln sich zwei Drittel des weltweiten Aktienvolumens. "Wenn das alles kippt, hätte das unkalkulierbare Folgen", so Fuest.

Loading...
Loading...

Ähnlich argumentiert der deutsche Fondsmanager Thomas Schüssler von der Deutsche-Bank-Tochter DWS. "Der Kapitalmarkt kann schaffen, was kein Staatschef der Welt schaffen kann: Trump zum Einlenken zu bewegen", sagte er dem "Spiegel".

Der Grund ist ganz einfach: In den USA haben viel mehr Menschen als in Deutschland ihr Vermögen und ihre Altersvorsorge in Aktien angelegt. Verlieren sie nun ihre Rücklagen, könnte die Stimmung gegen Trump schnell kippen. Und anders als bei Bundesbehörden oder internationalen Bündnissen kann der Präsident nicht einfach Kündigungen aussprechen oder sich herausziehen, dem Einfluss der Finanzmärkte kann selbst er nicht entkommen. "Trump kann die Wall Street nicht abschaffen, feuern oder einschüchtern", so Schüssler.

Verwendete Quellen
  • Anfrage Jürgen Matthes (IW)
  • Pressemitteilung ifo-Institut
  • Vorabmeldungen "Der Spiegel"
  • Mit Material der Nachrichtenagenturen dpa, AFP und Reuters

Quellen anzeigenSymbolbild nach unten

Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...

ShoppingAnzeigen

Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...



Telekom