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Bürgergeld: Arbeit ist mehr als nur Geld | Kommentar


Meinung
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Bürgergeld
Arbeit ist mehr als nur Geld

  • Florian Schmidt
MeinungVon Florian Schmidt

19.01.2024Lesedauer: 3 Min.
Hubertus HeilVergrößern des Bildes
Arbeitsminister Hubertus Heil: Er will "Totalverweigerer" unter den Bürgergeldempfängern hart sanktionieren. (Quelle: Bernd von Jutrczenka/dpa/dpa)

Eine Studie zeigt: Wer arbeitet, steht im Vergleich zu Bürgergeldbeziehern finanziell immer besser da. Doch reicht der Lohnabstand wirklich aus? Überlegungen zum Sinn der Arbeit und zu den Sanktionen, die die Ampel jetzt plant.

Wer arbeitet, ist – gemessen in Euro und Cent – immer besser dran als jemand, der Bürgergeld bezieht. Dieser für manche überraschende Befund ist das Ergebnis einer Studie des Ifo-Instituts, über die t-online in dieser Woche groß berichtete.

Gegenüber dem Bezug von Bürgergeld macht die Aufnahme eines Vollzeitjobs zum Mindestlohn nach Abzug von Miet- und Heizkosten monatlich zwischen 457 Euro (bei einem Single) und 936 Euro (bei einem alleinerziehenden Vater mit zwei Kindern) aus. Zumindest dann, wenn die entsprechende Person auch alle zusätzlichen staatlichen Leistungen wie Wohngeld und Kinderzuschlag beantragt.

Doch reicht ein solcher Lohnabstand wirklich aus? Lohnt sich Arbeit deshalb wirklich mehr als Nichtstun?

Ökonomische Theorie und echtes Leben

Die Antwort auf diese Fragen ist freilich sehr subjektiv. Sie hängt stark vom persönlichen Empfinden ab, von den eigenen Präferenzen. Vom, wie Ökonomen es ausdrücken, "individuellen Nutzen", den die Arbeit gegenüber dem Bezug von Bürgergeld stiftet.

Die neoklassische, häufig als neoliberal verschriene Lehre besagt: Dieser Nutzen, das ist vor allem Geld, das wiederum Konsum ermöglicht. In der Theorie ist die Sache deshalb klar: 457 Euro mehr in der Tasche sollten mehr als Lohnabstand sein – zumal im Vergleich zum Monats-Regelsatz beim Bürgergeld von 563 Euro.

In der Praxis aber sieht es vielerorts wohl anders aus. Zu Recht dürften sich viele Bürgergeldempfänger fragen: Jeden Morgen früh aufstehen, acht Stunden arbeiten und am Freitag völlig fertig von der harten Woche ins Bett fallen? Das lohnt sich für mich nicht. Zumal viele von dem zusätzlich verdienten Geld auch noch Rechnungen bezahlen müssen, die ohne Job gar nicht anfielen, das Pendeln zur Arbeitsstelle etwa oder den Babysitter, der am Nachmittag nach den Kindern schaut.

Was Arbeit jenseits des Lohns bedeutet

In einem Gastbeitrag für t-online beklagt eine Unternehmerin, die hauptsächlich Arbeitnehmer im Mindestlohnsegment beschäftigt: "Wir bekommen alle kein Personal. Vor allem seit Corona wollen die Leute nicht mehr arbeiten. Wir müssen dankbar sein, wenn überhaupt jemand kommt." Das erweckt den Anschein, als kämen viele Bürgergeld-Empfänger zu dem Schluss, dass sich Arbeit in der oben aufgemachten Rechnung tatsächlich kaum lohnt. Zumal dann, wenn es die Möglichkeit der Schwarzarbeit gibt, als Putzhilfe oder auf dem Bau.

Was die meisten Menschen, womöglich auch die Empfänger von Bürgergeld, bei all dem jedoch vergessen: Ein regulärer Job, und sei er noch so schlecht bezahlt und hart, ist mehr als nur die reine Arbeit. Die berufliche Tätigkeit in aller Regel nicht bloß reiner Broterwerb.

Arbeit ist nicht nur Geld. Arbeit ist auch: eine Struktur im Alltag, die Gesellschaft von Kollegen, das Gefühl anzupacken, etwas zu leisten. Bestenfalls sogar ein Sinn fürs Leben.

Darum sind die Sanktionen richtig

Sicher, das mögen nicht alle so sehen, nicht jeden überzeugen solche Gedanken. Umso wichtiger ist es dann jedoch aus einer gesellschaftlichen Überlegung heraus, jenen Uneinsichtigen die Bezüge zu streichen, wie es jetzt die Bundesregierung plant. Wer mehrere Jobangebote vom Arbeitsamt ablehnt, wer als "Totalverweigerer" versucht, das System der sozialen Marktwirtschaft auszunutzen, muss zu Recht spüren, dass die Allgemeinheit ein solches Verhalten nicht duldet (und angesichts des Arbeitskräftemangels auch nicht dulden kann).

Wer dann 0 Euro gegenüber 563 Euro Bürgergeld bekommt, dem dürfte nicht nur in der Theorie, sondern auch in der Praxis klar sein: Arbeiten lohnt sich eben doch.

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