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Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Millionen-Bonus für Bahnvorstand Und es wird noch ungerechter
Die DB-Züge kommen oft nicht, die Boni für den Vorstand hingegen schon. Der Frust der Kundschaft scheint dem Konzern egal zu sein. Es braucht dringend eine Reform des Bonussystems.
Sind Sie in letzter Zeit mit der Deutschen Bahn gefahren? An einem ganz normalen Tag, ohne Streik, Schnee oder Fußballderby? Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass es dennoch nicht nach Plan lief.
Immerhin war der November der Monat mit den meisten Verspätungen im Fernverkehr seit acht Jahren. Gerade einmal die Hälfte der Züge kam pünktlich ans Ziel. Und kleinere Verspätungen tauchen in der Statistik ohnehin nicht auf, auch wenn dadurch ein Anschluss verpasst wird. Pendlern, Urlaubern und Geschäftsreisenden treiben sie dennoch Sorgenfalten ins Gesicht.
Nur Bahnchef Richard Lutz und seine Vorstandskollegen können sich entspannt zurücklehnen und sich kurz vor Weihnachten über die Aussicht auf eine satte Bonuszahlung freuen. Wie aus Recherchen von NDR, WDR und der "Süddeutschen Zeitung" (SZ) hervorgeht, erhalten die Vorstandsmitglieder im kommenden Jahr einen Bonus von zusammengerechnet fast fünf Millionen Euro. Angesichts Hunderttausender frustrierter Kunden ist das eine Frechheit.
Bahn legt dünne Argumenation vor
In jedem privatwirtschaftlichen Unternehmen werden Boni an Leistung gemessen. Auch bei der Bahn wurden laut "SZ" mehrere Kriterien angelegt. Dass der Vorstand in den Kategorien Pünktlichkeit und Kundenzufriedenheit allerdings durchfiel – geschenkt. Immerhin sei die Stimmung in der Belegschaft gut und das Unternehmen stehe finanziell gut dar. Eine dünne Argumentation für ein Dienstleistungsunternehmen, das in diesem Jahr gleich mehrfach bestreikt wurde und seit Jahren unter massivem Investitionsstau leidet.
Doch der große Aufschrei bleibt aus. Während jeder Streik zu breiter Berichterstattung, Kommentaren und hitzigen Diskussionen am Bahngleis führt, werden die immer höheren Gehälter und stetig fließenden Boni des Bahnvorstandes oft nur mit einem Achselzucken hingenommen. Und selbst wenn es, wie bereits im März dieses Jahres, deutliche Kritik an den hohen Bonuszahlungen gibt, hat bisher keine Einsicht für die Reformbedürftigkeit dieses Systems eingesetzt. Dabei ist es mehr als dreist, mit welcher Gleichgültigkeit das Herunterwirtschaften eines Kernbestandteils deutscher Infrastruktur noch belohnt wird.
Aufsichtsrat muss mutiger werden
Die aktuellen Boni sind nicht mehr aufzuhalten, denn es handelt sich um eine Nachzahlung für das Jahr 2022. In Zukunft soll es anders laufen, heißt es in dem Bericht. Doch statt die Boni stärker an die Kundenzufriedenheit und Pünktlichkeit zu binden, soll künftig das Fixgehalt der Vorstände steigen und der Anteil der Boni sinken. Im Klartext: Damit sind die hohen Gehälter noch weniger leistungsabhängig als bislang.
Über das Bonussystem entscheidet der Aufsichtsrat, in dem immerhin Vertreter der Bundesregierung und der Gewerkschaften sitzen. Diese sollten mutiger sein und die Zusatzzahlungen endlich dafür nutzen, wofür sie eigentlich gedacht sind: als Erfolgsprämie.
- Eigene Recherche