Kampf gegen Inflation Türkische Zentralbank hebt Zinsen drastisch an
Die Inflation in der Türkei ist extrem hoch. Jetzt reagiert die Zentralbank – und schwenkt auf den Kurs westlicher Notenbanken ein.
Kurswechsel in Ankara: Statt den Leitzins weiter zu senken, hebt die türkische Zentralbank ihn unter ihrer neuen Führung drastisch an: von zuletzt 8,5 Prozent auf nunmehr 15 Prozent.
Angesichts der bisherigen Geldpolitik entspricht dieser Schritt einer Kehrtwende. In den vergangenen Monaten hatte die Zentralbank die Zinsen trotz hoher Inflationsraten immer weiter abgesenkt – obwohl dies die Teuerung in der Theorie sogar noch beschleunigt.
Von einst 19 Prozent im Jahr 2021 hatte die Notenbank die Zinsen schrittweise immer weiter gedrückt. Derweil kletterte die Inflationsrate immer weiter nach oben. Im vergangenen Oktober erreichte sie ihren bisherigen Höchststand bei 85,5 Prozent. Im Mai lag sie bei 39 Prozent im Vergleich zum entsprechenden Vorjahresmonat.
Erdoğan will an "niedrigen Zinsen" festhalten
Präsident Recep Tayyip Erdoğan hatte nach seiner Wiederwahl vor wenigen Wochen eine Wende seiner umstrittenen Geld- und Finanzpolitik signalisiert. Sein neu ernannter Finanzminister Mehmet Simsek werde mit der Zentralbank zügig Schritte unternehmen, sagte Erdoğan kürzlich. "Nach den Überlegungen unseres Finanzministers haben wir akzeptiert, dass er in Absprache mit der Zentralbank schnell Maßnahmen ergreifen wird."
Erdoğan hat sich selbst als "Zinsfeind" bezeichnet. Nach seiner Wiederwahl hat er aber mit Simsek und der neuen, in den USA ausgebildeten, Zentralbankchefin Erkan den Übergang zu einer strengeren Zinspolitik eingeläutet.
Erdoğan sagte, er sei entschlossen, die Inflation von aktuell rund 40 Prozent in den einstelligen Bereich zu drücken. Er werde aber an seiner Politik der "niedrigen Inflation und niedrigen Zinsen" festhalten.
Höhere Zinsen drücken die Inflation
Die bisherige Zinspolitik hat eine Währungskrise ausgelöst. Die Landeswährung Lira verlor 2021 um 44 Prozent an Wert, 2022 nochmals 30 Prozent. Das verschärft das Inflationsproblem, weil das rohstoffarme Land viele Waren aus dem Ausland bezieht und diese in Devisen bezahlen muss. Die Behörden haben daher die Reserven der Zentralbank angezapft, um die Währung zu stabilisieren. Dennoch ist die Lira in diesem Jahr bereits um etwa 20 Prozent gefallen.
Höhere Zinsen führen in der Regel dazu, dass die Inflation zurückgeht. Der Grund: Wo Kredite teurer werden und sparen sich mehr lohnt, geben Verbraucher weniger Geld aus – was zur Folge hat, dass die Nachfrage nach Waren und Dienstleistungen sinkt.
Das wiederum bedeutet, dass Händler und Produzenten weniger leicht die Preise erhöhen können. Auch die Europäische Zentralbank (EZB) sowie die US-Notenbank Fed verfolgen deshalb zurzeit eine Geldpolitik steigender Zinsen.
- Mit Material der Nachrichtenagentur Reuters