Pilotenstreik Lufthansa streicht 800 Flüge am Freitag
Im Tarifstreit zwischen der Vereinigung Cockpit und der Lufthansa verhärten sich die Fronten. Die Gewerkschaft hat für Freitag zum Streik aufgerufen.
Passagiere der Lufthansa müssen sich am Freitag auf lange Wartezeiten und Chaos an den Flughäfen München und Frankfurt einstellen. Die Gewerkschaft "Vereinigung Cockpit", die die Piloten der Lufthansa vertritt, verkündete am späten Mittwochabend einen ganztägigen Arbeitskampf für diesen Freitag, den 2. September. Das hat der Vorstand nach intensiven Verhandlungen mit dem Unternehmen und auf Antrag der Tarifkommission beschlossen, wie ein Sprecher mitteilte. Betroffen sein werden 130.000 Reisende.
Der ganztägige Streik führe zu starken Auswirkungen auf den Flugbetrieb in der Hauptrückreisezeit zum Ende der Schulferien in mehreren Bundesländern. Auch am Donnerstag sowie am Samstag und Sonntag könne es zu Flugausfällen kommen.
Gehaltssteigerungen und Inflationsausgleich gefordert
Die Gesellschaften Eurowings und Eurowings Discover sind von dem Streikaufruf zunächst nicht betroffen und sollen planmäßig fliegen. Auch Lufthansa-Flüge von nicht-deutschen Startpunkten finden statt, sofern Flugzeuge und Crews bereits im Ausland sind.
Offizieller Anlass für den Streik sind die aus Sicht der Gewerkschaft gescheiterten Verhandlungen über einen neuen Gehaltstarifvertrag. Auch eine nachfolgende Sondierungsrunde hinter verschlossenen Türen und ein verbessertes Angebot des Unternehmens aus der vergangenen Woche brachten kein Ergebnis.
Zuletzt blieb an diesem Mittwoch ein letzter Verhandlungsversuch ergebnislos. Die "Vereinigung Cockpit" (VC) verlangt nach eigenen Angaben Gehaltssteigerungen von 5,5 Prozent im laufenden Jahr und einen automatisierten Inflationsausgleich ab dem kommenden Jahr.
Streit um neue Tarifbedingungen
Im Hintergrund schwelt zudem ein Konflikt über die künftige Konzernstrategie. Die VC hatte sich in der Vergangenheit die exakte Zahl von 325 Flugzeugen garantieren lassen, die ausschließlich von den rund 5.000 Kapitänen und Ersten Offizieren geflogen werden durften, die dem Konzerntarifvertrag unterlagen.
Die Lufthansa hatte unter dem Eindruck der Corona-Krise die entsprechende Vereinbarung aufgekündigt und begonnen, unter dem Kranich-Logo einen neuen Flugbetrieb (AOC) mit niedrigeren Tarifbedingungen aufzubauen. Die neue Airline mit der internen Bezeichnung "Cityline 2" soll im Europa-Verkehr zahlreiche Flüge der bisherigen Kerngesellschaft übernehmen.
Laut VC haben bei der Urabstimmung in der Lufthansa-Passage 97,6 Prozent für den Arbeitskampf gestimmt, bei der kleineren Lufthansa Cargo waren es sogar 99,3 Prozent. Die Beteiligung lag laut Gewerkschaft in beiden Flugbetrieben über 93 Prozent. Erforderlich war eine Zustimmung von mehr als 70 Prozent aller Stimmberechtigten.
Die Vereinigung Cockpit habe neben 5,5 Prozent mehr Geld in diesem Jahr einen automatisierten Ausgleich oberhalb der Inflation ab 2023 verlangt. Dazu kämen eine neue Gehaltstabelle sowie mehr Geld für Krankheitstage, Urlaub und Trainings. Alles zusammen würde die Personalkosten im Cockpit laut Lufthansa um 40 Prozent erhöhen. Auf eine Laufzeit von zwei Jahren würde das eine Mehrbelastung von 900 Millionen Euro bedeuten.
Kritik von der Arbeitgeberseite
Die Piloten-Gewerkschaft hat sich auch bei der größten Lufthansa-Tochter Eurowings mit ihren rund 100 Flugzeugen streikbereit gemacht. Laut der am Mittwoch ausgezählten Urabstimmung haben dort 97,9 Prozent für einen möglichen Arbeitskampf gestimmt. Allerdings steht dort in der kommenden Woche noch ein Verhandlungstermin aus, sodass für Eurowings zunächst kein konkreter Streiktermin genannt wurde.
Die Lufthansa kritisierte den Streikaufruf. "Die Arbeitgeberseite hat ein sehr gutes und sozial ausgewogenes Angebot gemacht – trotz der nachwirkenden Lasten der Corona-Krise und unsicheren Aussichten für die Weltwirtschaft", sagte Personalvorstand und Arbeitsdirektor Michael Niggemann laut Mitteilung. Diese Eskalation gehe zulasten Tausender Kundinnen und Kunden.
- Nachrichtenagentur dpa