Aktuelles BGH-Urteil Darf eine Inflationsausgleichsprämie gepfändet werden?
Um Mitarbeitende bei stark gestiegenen Preisen zu entlasten, können Arbeitgeber ihnen eine Inflationsprämie zahlen. Darf die Prämie bei Überschuldung gepfändet werden?
Eine vom Arbeitgeber zusätzlich zum regelmäßigen Einkommen gezahlte Inflationsausgleichsprämie gilt nach Einschätzung des Bundesgerichtshofs (BGH) als Arbeitseinkommen und ist als solches pfändbar. Das geht aus einem Beschluss hervor, den das höchste deutsche Zivilgericht am Donnerstag veröffentlicht hat. "Die Prämie ist Teil des wiederkehrend zahlbaren Arbeitseinkommens", heißt es darin weiter.
Inflationsausgleichsprämie zählt zum Einkommen
Im konkreten Fall hatte ein Krankenpfleger, der bei einer Einrichtung der Caritas im Raum Bielefeld arbeitet, beim Insolvenzgericht beantragt, die Unpfändbarkeit der ihm gezahlten Inflationsprämie feststellen zu lassen und diese freizugeben (Az. IX ZB 55/23).
Zu der Pfändung kam es, weil er wegen Überschuldung ein Verfahren der Privatinsolvenz beantragt hatte. Während der sogenannten Wohlverhaltensphase von drei Jahren muss er sämtliches pfändbares Einkommen an seine Gläubiger abgeben.
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Der Antrag des Schuldners beim Insolvenzgericht hatte jedoch in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Die Entscheidung wurde vom Landgericht Bielefeld damit begründet, dass die Inflationsausgleichsprämie zum Arbeitseinkommen zähle und nach § 850c der Zivilprozessordnung (ZPO) auch pfändbar sei.
Zudem sei die zusätzliche Zahlung des Arbeitgebers eine freiwillige Leistung, nicht zweckgebunden und keine Erschwerniszulage. Anders als etwa bei den staatlichen Corona-Hilfen: Hier handelte es sich um eine Zweckbindung, die einer Pfändung entgegenstand.
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Durch die Pfändung der Inflationsausgleichsprämie entstünden dem Arbeitnehmer nach Ansicht des Landgerichts keine Nachteile (unbillige Härte), die nicht oder nur schwer wiedergutgemacht werden könnten.
Der BGH in Karlsruhe erklärte nun, dass die Entscheidung einer rechtlichen Überprüfung standhalte. Zum Arbeitseinkommen zähle auch die Inflations- oder Inflationsausgleichsprämie. Diese sei in dem Fall an die Beschäftigung bei der Caritas geknüpft.
Nicht ausdrücklich geregelt
Arbeitgeber können ihren Angestellten zur Abfederung der gestiegenen Lebenshaltungskosten eine sogenannte Inflationsausgleichsprämie gewähren. Diese Sonderzahlung ist eine freiwillige Leistung und kann zusätzlich zum Gehalt ausgezahlt werden – entweder einmalig oder in mehreren Teilen.
Der Gesetzgeber hat diese Maßnahme zeitlich begrenzt. Noch bis Ende des Jahres 2024 dürfen Unternehmen ihren Arbeitnehmern bis zu 3.000 Euro steuer- und sozialversicherungsfrei auszahlen. Allerdings gibt es im Einkommenssteuergesetz keine spezielle Regelung zur Frage der Pfändbarkeit solcher Prämien.
- bundesgerichtshof.de
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa