Immobilien Mieterbund sieht drastischen Anstieg der Mieten
Teure Materialien, Mangel an Bauland, gestiegene Zinsen - der Wohnungsbau steckt in der Krise. Das erschwert den Kampf gegen Wohnungsmangel. Bei den Mieten geht es weiter nach oben - auch da, wo es schon teuer ist.
Der Deutsche Mieterbund befürchtet wegen der Krise am Bau und Hunderttausender fehlender Wohnungen einen weiteren drastischen Anstieg der Mieten. Selbst in Hochpreisregionen wie München seien die Mieten auch bei bestehenden Verträgen in den vergangenen beiden Jahren so stark wie noch nie gestiegen, sagte Mieterbund-Präsident Lukas Siebenkotten der "Augsburger Allgemeinen". "Der aktuelle Mietspiegel für München wies durchschnittliche Mietsteigerungen von horrenden 21 Prozent im Vergleich zum vorherigen Mietspiegel auf, ein Schock für alle betroffenen Mieterinnen und Mieter."
Hoher Beratungsbedarf wegen Mieterhöhungen
Bundesweit zählten die Mietervereine immer mehr Beratungsanfragen wegen massiver Mieterhöhungen, berichtete Siebenkotten. "Die Mieterinnen und Mieter haben zunehmend Sorgen, wie sie ihre Miete und die ebenfalls immer weiter steigenden Energiekosten noch stemmen können." Die Bundesregierung müsse endlich handeln und die Schaffung bezahlbaren Wohnraums ganz oben auf ihre Prioritätenliste setzen, forderte der Mieterbund-Präsident. Nötig seien auch ein Mietenstopp im Bestand, eine scharfe Mietpreisbremse für Neuvermietungen, die Ahndung von Wuchermieten und das Verbot von Indexmieten.
Immobilienwirtschaft: Mieten steigen wegen steigender Kosten
Der Spitzenverband der deutschen Immobilienwirtschaft ZIA betonte, die Baukosten seien in Deutschland wegen staatlicher Vorgaben so hoch wie in keinem anderen europäischen Land. "Die Mieten müssen zwangsläufig steigen, weil die Kosten für die Bereitstellung von Wohnraum explodieren", sagte ZIA-Präsident Andreas Mattner der Zeitung. Derzeit fehlten in Deutschland über eine halbe Million Wohnungen, bis 2027 könnten es bis zu 830.000 sein. "Das wird ein immer ernsteres soziales Problem", sagte Mattner. Er forderte angesichts hoher Finanzierungskosten ein staatliches Förderprogramm mit einem Zinssatz von höchstens zwei Prozent.
Der Wohnungsbau in Deutschland stockt seit längerem. Das Münchner Ifo-Institut schätzt, dass 2024 lediglich 225.000 Wohnungen fertig gestellt werden nach geschätzt 270.000 im vergangenen Jahr. Bis 2025 könnte die Zahl der jährlichen Fertigstellungen noch weiter auf 200.000 Wohnungen fallen, glaubt die DZ Bank. Das wäre nur halb so viel, wie sich die Ampel-Koalition vorgenommen hatte. Bauministerin Klara Geywitz (SPD) gab sich zuletzt optimistisch. Der Wohnungsmarkt werde sich wohl Ende 2024, Anfang 2025 aufhellen, sagte sie.
Experten: Baukosten müssen runter
Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) hat kürzlich ein Bündel von Maßnahmen für Kostensenkungen im Wohnungsbau vorgeschlagen. Viele Einsparungen seien möglich, wenn es in Politik, Verwaltung und Wirtschaft einen Konsens über die Bedeutung des Wohnungsbaus gebe, hieß es in einem IW-Gutachten.
Konkret sieht das IW Chancen für Kosteneinsparungen bei der Ausstattung, zumal einfache Ausstattungen im Neubau die typischen Standards im Bestand oft übertreffen. Helfen könnte demnach auch der Verzicht auf Tiefgaragen oder auf Keller. Zudem könnten kleinere Wohnungen die Neubaukosten senken. Auch die öffentliche Hand könne etwas tun, etwa die günstigere Abgabe öffentlicher Flächen. Ein weiterer Hebel seien Steuererleichterungen. "Eine Aussetzung der Grunderwerbsteuer für Neubauten wäre mit EU-Recht vereinbar und angemessen, um den Wohnungsneubau zu stärken."
Anstieg bei Baukosten und Zinsen - Unsicherheit am Markt
Seit 2020 sind sowohl die eigentlichen Baukosten als auch die Kreditzinsen erheblich angestiegen. Hinzu kommen das Hin und Her der vergangenen Jahre um die Förderprogramme des Bundes und die aktuellen Haushaltskürzungen der Ampel-Koalition. Auch ausufernde Bürokratie und die stete Verschärfung der Bauvorschriften werden von Baufirmen und -fachleuten immer wieder genannt.
Vor allem in den Städten suchen viele Menschen händeringend Wohnungen. Die Immobilienpreise sind im vergangenen Jahr gesunken, doch die Mieten vielerorts weiter gestiegen. "Wir gehen davon aus, dass die Mieten mittel- und langfristig weiter steigen werden, da in den meisten Regionen Deutschlands die Nachfrage auch in den nächsten Jahren das schrumpfende Angebot an neuen Wohnungen deutlich übersteigen wird", sagte Roman Heidrich, Experte für Wohnimmobilienbewertungen beim Großmakler Jones Lang LaSalle (JLL), zum Jahreswechsel. Gerade am Mietmarkt werde sich der Nachfrageüberhang verschärfen.
- Nachrichtenagentur dpa